Eine harte politische Auseinandersetzung lieferten sich am 30. September Regierungskoalition und Opposition im Bundestag um die Frage, ob die Eigenheimzulage abgeschafft und die freiwerdenden öffentlichen Gelder zu Gunsten einer General-offensive für mehr Bildung und Innovation eingesetzt werden sollen. Der Debatte lagen ein Gesetzentwurf der Regierung ( 15/3781, 15/3821) und ein Antrag der CDU/CSU ( 15/3714) zugrunde.
Finanzminister Hans Eichel (SPD) begründete den Regierungsantrag in der ersten Lesung damit, die von der EU als Lissabon-Strategie genannte Wachstums- und Bildungssteigerung mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Haushaltskonsolidierung zusammenzubringen: "Wachstum, zumal in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland, können wir nur dann erzielen, wenn wir in Bildung und Forschung investieren." Die PISA-Studien hätten die Notwendigkeit gezeigt; Steuersubventionen müßten abgebaut werden zu Gunsten von mehr Kinderbetreuung, Bildung, Ausbildung und Forschung wie Innovation. Der Vorschlag, die Eigenheimzulage abzuschaffen, finde breite Unterstützung, dieses Instrument habe sich überlebt. Die Wohnraumversorgung sei so gut wie nie zuvor, der Bedarf an Wohnraum werde langfristig als Konsequenz des demographischen Wandels sinken. Die Eigenheimzulage habe "große Mitnahmeeffekte" und wirke preistreibend. Wenn die Zulage in acht Jahren auslaufe, stünden Bund, Ländern und Kommunen jährlich sechs Milliarden Euro für die Bereiche Kinderbetreuung, Bildung und Forschung zur Verfügung.
Heinz Seifert von der Unionsfraktion nannte die Abschaffung der Eigenheimzulage ein "Musterbeispiel für die sprunghafte, unkalkulierbare Politik" der Regierung. Man schaffe nur Verunsicherung und zerstöre das Vertrauen in die Politik. So habe man einvernehmlich im Dezember 2003 im Vermittlungsausschuss den Förderbetrag auf 1.250 Euro pro Jahr und damit um 30 Prozent gekürzt. Außerdem sei völlig offen, "ob und in welchem Umfang die eingesparten Mittel tatsächlich für Bildungs- und Forschungszwecke eingesetzt werden". Es gehe Rot-Grün einzig und allein darum, die Rekordverschuldung etwas einzudämmen: "Eine solche Politik wird die Union im Bundestag und im Bundesrat ganz sicher nicht mitmachen."
Die Union behaupte immer, sie wolle Subventionen abbauen, aber wenn die Abschaffung anstehe, "hauen Sie sich in die Büsche", meinte für Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordnete Christine Scheel. Man fordere radikalen Abbau steuerlicher Subventionen und Vereinfachung des Steuerrechts - aber man sei nicht bereit, den Worten Taten folgen zu lassen: "Wir brauchen die Mittel der Eigenheimzulage für Zukunftsfelder." So gehe es nicht weiter, man müsse umsteuern, Prioritäten anders setzen und ein Signal geben für die Reformfähigkeit des Landes.
Carl-Ludwig Thiele (FDP) unterstrich, es müsse mehr für die Bildung getan werden. Aber die Bürger würden durch die Politik von Rot-Grün finanziell belastet, Stichworte: Steinkohle, Windenergie, Solarenergie und ökologischer Landbau. 60 Prozent, die Wohneigentum schaffen, seien Familien mit Kindern, außerdem wird gefordert, die Bürger sollten private Altersvorsorge treffen. Die Liberalen halten das selbstgenutzte Wohneigentum deshalb für einen wesentlichen Baustein der Altersvorsorge. Eigentum sei Voraussetzung für ein "gewisses Maß an Unabhängigkeit und individueller Entfaltungsmöglichkeit der Bürger". Es gehe nicht um die Wahl Bildung statt Eigentum, sondern um Bildung und Eigentum.
Ortwin Runde (SPD) bestätigte, die Eigenheimzulage habe in der Vergangenheit Positives bewirkt, aber er sehe keine Möglichkeit, "wie wir vor dem Hintergrund der notwendigen Investitionen in die Zukunft ohne die Abschaffung dieser größten Einzelsubvention auskommen können". Diese Umschichtung sei sinnvoll und erforderlich. Die Anträge wurden zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.