Taten unter einem selbstverschuldeten Alkoholrausch nicht milder bestrafen
Berlin: (hib/BOB) Eine Straftat, bei der der Täter unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gehandelt hat und er den Rausch selbst herbeigeführt hat, soll in Zukunft nicht milder geahndet werden können. Eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuches strebt der Bundesrat mit einem Gesetzentwurf ( 16/4021) an. Die Länderkammer führt aus, bisher könnten Täter wegen verminderter Schuldfähigkeit als Folge einer "krankhaften seelischen Störung" eine herabgesetzte Strafe erhalten. Diese Praxis ist nach Meinung des Bundesrates zu großzügig angewandt worden, unter anderem, um einer Aufhebung des Urteils in höheren Instanzen vorzubeugen. Eine pauschale Minderung der Schuld des Täters sei aber dann nicht hinnehmbar, wenn dieser den Rausch selbst verschuldet hat. Wer unter Alkohol-, Medikamenten- oder Drogeneinfluss zu unkontrollierten Handlungen neige, wisse dies in den Regel und müsse sein Konsum- oder Sozialverhalten entsprechen anpassen. Allein die Zahl der alkoholabhängigen, behandlungsbedürftigen Personen werde in Deutschland auf etwa 2,5 Millionen geschätzt, Insgesamt werde derzeit in etwa neun Prozent aller aufgeklärten Kriminalfälle (wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung) bei den Tatverdächtigen Alkoholeinfluss bei der Begehung der Tat festgestellt.
Die Bundesregierung begrüßt zwar grundsätzlich die Neuausrichtung. Der Bundesgerichtshof habe festgestellt, dass eine Strafmilderung in der Regel dann ausscheide, wenn der Täter diesen Zustand durch einen selbst verschuldeten Alkoholrausch herbeigeführt hat. Der Versuch der Länderkammer, diese neue Rechtsprechung "gesetzlich zu fixieren", sei aus Sicht der Regierung "mit Zurückhaltung zu begegnen". Grundsätzlich sollte der Gesetzgeber nämlich nur tätig werden, wenn er die geltende Rechtspraxis ändern wolle, so die Regierung. Der Entwurf des Bundesrates würde zudem Alkohol, Betäubungsmittel und Medikamente gleich behandeln. Genau dies habe der Bundesgerichtshof jedoch zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass bei diesen anderen Rauschmitteln die enthemmende und häufig aggressionsfördernde Wirkung gerade nicht allgemein bekannt sei, sondern deren Wirkungsweise "differenzierter und weniger konkret vorhersehbar" sind. Die Regierung sei insofern zurückhaltend gegenüber den vorgeschlagenen Änderungen. Sie werde die Entwicklung auf diesem Feld jedoch "sorgfältig beobachten".