Experten warnen vor Aushöhlung des Berufsbeamtentums
Berlin: (hib/CHE) Die geplanten Änderungen des Beamtenrechts im Zuge der Föderalismusreform stoßen bei Experten überwiegend auf Kritik. Während der Anhörung von Bundestag und Bundesrat am Mittwochnachmittag äußerten die geladenen Sachverständigen Zweifel am Sinn der Neuregelung, die die Kompetenzen für das Dienstrecht, die Besoldung und die Versorgung der Landesbeamten und Richter vom Bund wieder auf die Länder übertragen soll. Die Ergänzung von Artikel 33 GG sei überflüssig, sagte der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin, Ulrich Battis: "Die Fortentwicklungsklausel schreibt fest, was ohnehin schon gilt." In den vergangenen Jahren sei das Beamtenrecht auf Grundlage von Artikel 33 GG bereits erheblich erweitert und aktuellen Anforderungen angepasst worden. Das gelte etwa für das Recht der Teilzeitbeschäftigung oder den Einstieg in die Leistungsbesoldung. Es sei zu befürchten, dass die Kompetenzverlagerung nur zu einem massiven Bürokratieaufbau führen werde, dem die Länder gar nicht gewachsen seien. Bernhard Kempen, Professor für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht an der Universität Köln, stellte fest: "Es ist nicht nachvollziehbar, was wir gewinnen, wenn wir die Länder ermuntern, hier eigene Regelungen zu schaffen. Dies wird nicht zu mehr Wettbewerb führen, sondern lediglich Einsparpotenziale schaffen."
Besorgt äußerten sich zahlreiche Experten zudem über den Fortbestand des Berufsbeamtentums. Die so genannte Fortentwicklungsklausel in Artikel 33 GG lege die Gefahr einer Aufweichung nahe, sagte Kempen. Unterschiedliche Regelungen der Besoldung und des Dienstrechts würden außerdem die Mobilität und Flexibilität von Beamten erheblich einschränken.
Auch die geplante ausschließliche Kompetenz für das Bundeskriminalamt (BKA) zur Abwehr terroristischer Gefahren rief ein vorwiegend kritisches Echo hervor. Enno Brillo, ehemaliger Landeskriminaldirektor aus Hilden, verwies darauf, dass durch eine solche Reform "sehr wohl in die Kompetenzen der Länder eingegriffen" werde und das BKA "faktisch die alleinige Kompetenz zur Gefahrenabwehr erhalten" würde. Er betonte: "Die Länder haben bisher adäquat auf die islamistische Bedrohungslage reagiert." Eine Neuordnung sei deshalb nicht notwendig. Außerdem sagte er mit Verweis auf zentrale Sicherheitsstrukturen in den USA, diese hätten terroristische Anschläge bisher nicht verhindern können. Der Berliner Rechtsprofessor Martin Kutscha erkannte in den Reformbestrebungen ebenfalls "einen schwerwiegenden Schritt in Richtung Aushöhlung der Länderkompetenzen" und einer "Entmachtung der Landsbehörden". Diese Bedenken teilte Professor Manfred Baldus von der Universität Erfurt nicht: "Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das BKA zu einer Art Super-FBI ausgebaut werden soll." Durch die Neuregelung werde die polizeiföderalistische Struktur nicht bedroht sondern gestärkt. Er nannte die geplanten Reformen "schlüssig, nachvollziehbar und tragend". Ähnlich argumentierte der Präsident der BKA, Jörg Ziercke: "Das Bundeskriminalamt muss die Möglichkeit haben, entsprechenden Hinweisen, die bei ihm eingehen, nachzugehen, weitere Informationen zu erheben und selbst weitere Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Anschläge zu treffen."