Experten: Verbraucherzentralen sind strukturell unterfinanziert
Berlin: (hib/HAU) Im Interesse einer unabhängigen und glaubwürdigen Verbraucherberatung ist eine verbesserte finanzielle Ausstattung der Verbraucherzentralen unabdingbar. Diese Ansicht vertraten die Experten während einer öffentlichen Anhörung zum Thema "Förderung des Verbraucherschutzes" im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Mittwochvormittag. Sowohl der Bundesverband als auch Landesverbände der Verbraucherzentralen sprachen sich dabei für die Schaffung einer unabhängigen "Stiftung Verbraucherpolitik und Verbraucheraufklärung" aus. Eine solche Bundesstiftung solle die dauerhaft tragfähige und unabhängige Finanzierung der Verbraucherarbeit sicherstellen, hieß es.
Derzeit, so Edda Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen, sei die Finanzierungssituation "prekär". Es gebe zu wenig institutionelle Hilfe durch die Länder, beklagte sie. Einzelne Projekthilfen könnten nicht greifen, da die personelle und technische Ausstattung in einigen Ländern nicht ausreiche. Das vorgeschlagene Stiftungsmodell ist ihrer Ansicht nach der richtige Weg zu einer soliden dauerhaften Finanzierung. Aus Sicht von Olaf Weinel von der Verbraucherzentrale Niedersachsen hat sich seit der letzten Anhörung zu diesem Thema im Jahre 2005 nicht viel getan. Zwar habe sich, wie damals gefordert, eine Verbraucherschutzministerkonferenz gegründet, doch habe sich an der Unterfinanzierung der Verbraucherzentralen nichts geändert. Eine Folge davon sei die Schließung von über 60 Beratungsstellen seit 2002. Auch Klaus Bätz von der Verbraucherzentrale Sachsen beklagte die "strukturelle Unterfinanzierung". Die Finanzierungssituation habe dramatische Züge angenommen. Um dagegen vorzugehen sei ein gemeinsames Konzept von Bund und Ländern nötig. Mindestens 1 Euro pro Einwohner müssten für Verbraucherberatung jährlich zu Verfügung gestellt werden. Nordrhein-Westfalen, so Klaus Müller von der dortigen Verbraucherzentrale, lote derzeit angesichts der gekürzten Mittel eine Anbietermitfinanzierung aus. Dabei habe man aber jederzeit die Wahrung von Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit im Auge. In Österreich, so erläuterte Georg Rathwallner von der Arbeiterkammer Oberösterreich, habe man mit der Anbietermitfinanzierung keine guten Erfahrungen gemacht. Allerdings sei man dort auch in einer komfortablen Situation: Jährlich 3 Euro pro Einwohner stünden für die Verbraucherberatung zur Verfügung. Finanziert werde dies über einen 0,5-prozentigen Aufschlag auf die Sozialversicherungsbeiträge.
Die Stiftung Warentest lehnt eine Finanzierung über private Sponsoren ab. Dies sei im Interesse der Wahrung der Unabhängigkeit nicht möglich. Auch indirektes Sponsoring über einen Pool bewerte man kritisch. Da die Unternehmen mit ihrer Spende nicht werben dürften, gebe es auch kein Motiv für ein Sponsoring. Dem Stiftungsmodell stehe man hingegen aufgeschlossen gegenüber. Staatssekretär Benjamin-Immanuel Hoff von der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz räumte ein, man stehe bei der Förderung der Verbraucherberatung "nicht so gut da". Derzeit sei ein Rückgang der Verbraucherförderung zu verzeichnen. Es gelte daher nach neuen Finanzierungsformen zu suchen. Das vorgeschlagene Stiftungsmodell könne dabei ein richtiger Weg sein. Trotz aller Einsparungserfordernisse der Länder, so betonte Hoff, halte man die Existenz der Verbraucherzentralen für unverzichtbar.