1. Untersuchungsausschuss/
Berlin: (hib/KOS) Als "Unterstellung" wies Manfred Klink am
Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss mehrfach
Verdächtigungen und Thesen zurück, hiesige
Sicherheitsbehörden hätten Mohammed Haydar Zammar im
Herbst 2001 zielgerichtet nach Marokko ausreisen lassen, damit er
dort von US-Diensten festgenommen werden könne. Der
pensionierte Ex-Chef der nach den Attentaten von New York vom
Bundeskriminalamt (BKA) eingesetzten Sonderermittlungsgruppe
erklärte, die im Rahmen eines gegen den als "aktiven
Gefährder" eingeschätzten Deutsch-Syrer laufenden
Ermittlungsverfahrens zutage getretenen Erkenntnisse hätten
nicht für einen Haftbefehl ausgereicht. Zudem habe die
Generalbundesanwaltschaft entschieden, dem Verdächtigen die
Ausstellung eines neuen Reisepasses nicht zu verweigern. In dieser
Situation sei es darum gegangen, so das ehemalige Mitglied der
BKA-Amtsleitung, Zammar weiter zu observieren, in Marokko unter
Mithilfe der dortigen Behörden. Der Ausschuss recherchiert, ob
die deutsche Regierung und hiesige Stellen mitverantwortlich sind
für die von den USA organisierte und rechtswidrige
Verschleppung des Deutsch-Syrers von Marokko nach Damaskus, wo er
bis heute in einem im Ruf der Folter stehenden Gefängnis
einsitzt. Klink sagte, Zammar sei in das Netzwerk Al-Qaida
eingebunden gewesen, er habe sich einmal sogar als Leibwächter
Osama Bin-Ladens angedient, wenn auch vergeblich. Im Blick auf eine
Mitwirkung Zammars an den Anschlägen von New York sei die
Verdachtslage jedoch schwächer. Der Zeuge erläuterte, man
habe das FBI über die hiesigen Erkenntnisse zu dem
Deutsch-Syrer und auch über dessen Reisepläne Richtung
Marokko unterrichtet. Das BKA sei davon ausgegangen, dass Zammar
wieder nach Deutschland zurückkehren werde. Es hätten
keine Anhaltspunkte existiert, so Klink, dass die USA die
Informationen für eine Verschleppungsaktion nutzen
könnten. Man habe nicht die Gefahr gesehen, dass Zammar in
Marokko "etwas Schlimmes" passieren könne, so die Antwort auf
eine entsprechende Frage von SPD-Obmann Michael Hartmann. Laut dem
Zeugen blieben nach dem Verschwinden des Deutsch-Syrers im Dezember
2001 alle Aufklärungsbemühungen des BKA bis Juni 2002
erfolglos. So hätten die Marokkaner erklärt, Zammar sei
mehrfach vernommen worden und dann Richtung Spanien ausgereist. Das
sei "gelogen" gewesen, so Klink vor dem Ausschuss. Auch von Seiten
der USA sei bis zum Frühsommer 2002 zu hören gewesen, man
"wisse nichts". Bis heute sei unklar, wie der Deutsch-Syrer nach
Damaskus gelangt sei. Oppositionsabgeordnete führten Indizien
ins Feld, die aus ihrer Sicht den Verdacht stützen, man habe
Zammar bewusst nach Marokko fliegen lassen. Dabei sei es nicht
darum gegangen, so Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die
Grünen), den Deutsch-Syrer etwa einer Folter auszuliefern.
Doch müsse geprüft werden, ob man "leichtfertig oder
billigend" in Kauf genommen habe, dass sich US-Stellen in Marokko
um Zammar kümmerten. Norman Paech (Linksfraktion) fragte,
warum trotz schwerer Verdachtsmomente dem "aktiven Gefährder"
ein neuer Pass ausgestellt worden sei: Bei Fußball-Hooligans
und G-8-Protestlern sei man damit sehr schnell zur Hand. Wieland
erwähnte einen Medienbericht, in dem ein namentlich nicht
genannter hoher Sicherheitsbeamter dahingehend zitiert wird, bei
Zammars Verhaftung in Marokko handele es sich um eine gemeinsame
Aktion von deutschen und US-Sicherheitsbehörden. All diese
Vorhaltungen wies der Zeuge zurück. Für das Verhör
Zammars durch Beamte des BND, des Verfassungsschutzes und des BKA
Im Novemer 2002 im syrischen Gefängnis galt laut Klink die
Richtschnur, diese Befragung nur auf freiwilliger Basis seitens des
Inhaftierten vorzunehmen und abzubrechen, sofern bei Zammar eine
"Zwangs- oder Drucksituation" offenbar werde. Der FDP-Abgeordnete
Max Stadler erklärte dazu, allein schon aufgrund der
Verschleppung könne sich der Deutsch-Syrer in einer Zwangslage
befinden.