Jungen Menschen müssen Perspektiven und Hilfestellung bei der Bewältigung der vielfältigen Probleme gegeben werden. Dazu sind vor allem qualitative Angebote in der Bildung und der Jugendhilfe wichtig. Für eine differenzierte und flexible Reaktion auf delinquentes Verhalten von Jugendlichen und Heranwachsenden sind die Hintergründe und Entstehungszusammenhänge von Jugendkriminalität zu berücksichtigen, ohne die verbleibenden Chancen für ein Erwachsenwerden zu verbauen.
Oft findet sich in Medien eine negative Berichterstattung über delinquente Jugendliche. Die Angst der Menschen vor Kriminalität wird damit angesprochen. Spektakuläre Einzelfälle lösen immer wieder den Ruf nach härteren Strafen aus. Solcherart populistische Forderungen stehen im Widerspruch zu praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Befunden.
Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist die Jugendkriminalität sogar rückläufig. Bloße Law-and-Order-Ansätze verbergen den Blick auf die tatsächliche gesellschaftliche Verantwortung gegenüber der jungen Generation. Ziel und Aufgabe des Jugendstrafrechtes muss das zukünftige Legalverhalten des Jugendlichen sein. Dabei ist der Erziehungsgedanke im geltenden Jugendstrafrecht von zentraler Bedeutung. Im Umgang mit Jugendkriminalität ist interdisziplinäres Denken erforderlich.
Die Festlegung adäquater Reaktionsformen verlangt eine enge Kooperation und hohe Qualifikation aller beteiligten Akteure der Justiz, Polizei und Jugendhilfe. Hier gibt es noch massiven Verbesserungsbedarf. Neben einer engeren Vernetzung der Beteiligten bedarf es außerdem der Entwicklung neuer Ansätze.
Die Forderung nach einer Verschärfung der jugendstrafrechtlichen Sanktionsformen, wie etwa ein Abschreckungsarrest, die Erhöhung der Jugendstrafe auf 15 Jahre oder die Absenkung des Strafmündigkeitsalters sind verfehlte Ansätze. Politik und Gesellschaft müssen alles daran setzen, die Bedingungen des Aufwachsens zu verbessern und der jungen Generation Zukunftschancen zu eröffnen.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 01. Februar 2005