Bodo Ramelow, Die Linke.
Als damaliger Fraktionsvorsitzender der PDS in Thüringen war ich am Lübecker Konvent der Landesparlamente zur Föderalismusreform beteiligt. Ich begrüße deshalb eine Modernisierung des Bundesstaates. Die Vorschläge der großen Koalition lehne ich gleichwohl ab. Denn sie bedeuten eine Rolle rückwärts in die Kleinstaaterei und führen zu einem Wettbewerb, der die strukturschwachen Regionen abhängen würde. Drei Beispiele verdeutlichen dies:
1. Als Westdeutscher habe ich im Osten die Erfahrung gemacht, dass man mit längerem gemeinsamen Lernen und nationalen Bildungsstandards mehr erreicht als durch Kleinstaaterei. Das Gleiche gilt auch für die Hochschulen. Wenn man Exzellenzstandorte und freien Hochschulzugang haben will, müssen Bund und Länder gemeinsam agieren können. Die Föderalismusreform würde dies unmöglich machen.
2. Umweltschäden und Naturkatastrophen machen, siehe Elbehochwasser und Vogelgrippe, vor Landesgrenzen nicht halt. Wollen wir wirklich zulassen, dass es 16 verschiedene Standards bei solchen Katastrophen gibt? Eine Flutwelle in einem Fluss ist doch nicht unterschiedlich, nur weil er verschiedene Bundesländer durchfließt.
3. Künftig soll es 16 Beamtenrechte auf Länderebene plus ein Bundesbeamtenrecht geben. Also 17 verschiedene Rechtssituationen. Die kommen zu dem atomisierten Arbeitsrecht hinzu, das in Deutschland ohnehin besteht. Die Linke. will stattdessen ein einheitliches Dienstrecht für alle. Keine Trennung mehr zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten - das wäre mutig.
Die Linke. will einen handlungsfähigen sozialen Bundesstaat, in dem Kommunen, Länder und der Bund gleichberechtigt und durch eine Steuerreform mit ausreichend öffentlichen Mitteln ausgestattet agieren. Von diesem Ziel ist die schwarz-rote Föderalismusreform weit entfernt.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 22. Mai 2006
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