fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG künftig an dieser Stelle und lädt Sie ein, interessanten Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte im Wortlaut wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe präsentieren wir das Zitat eines Mitglieds des Bundestages, das in der Geschichte Deutschlands seine Spuren hinterlassen hat. Wer hat's gesagt? Schreiben Sie uns die Lösung und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.
Die Frau, die diesen Satz gesagt hat, wollte den Männern
etwas beweisen. Sie wollte ihnen zeigen, dass sich eine Frau in
einem der höchsten Ämter der Bundesrepublik Deutschland
bewähren kann. Heute, da eine Kanzlerin an der Spitze der
Bundesregierung steht, muss das nicht mehr bewiesen werden. Damals
aber, vor 36 Jahren, war das noch anders.
Die gelernte Verlagskauffrau hatte ihren ersten Mann im Krieg
verloren, war enge Vertraute des ersten Vorsitzenden ihrer Partei
nach 1945 und saß seit 1953 im Bundestag. 1972 kam ihre
Chance. Ihre Partei hatte mit ihrem charismatischen Vorsitzenden
und seiner neuen Ostpolitik das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte
erzielt. Ihre Bundestagsfraktion, die im Keller des alten
Bundestages in Bonn untergebracht war, zählte erstmals mehr
Mitglieder als die bisher stets größere Fraktion. Nun
wollte sie aus dem Keller „in die Beletage” umziehen,
wie ihr oft grimmig an seiner Pfeife ziehender Fraktionschef im
ersten Überschwang verkündete. Daraus wurde zwar nichts.
Doch am Recht der stärksten Fraktion, das zweithöchste
Staatsamt zu besetzen, rüttelte niemand.
Aber eine Frau? Zumal eine, die in den eigenen Reihen umstritten
war, die ein hochrangiges Parteimitglied wegen ihrer Vorliebe
für Pelzmäntel mal als „Ziege im
Leopardenfell” titulierte? Sie kannte das harte
Parteigeschäft aus dem Effeff. Da gibt es die Regel, dass
Vorpreschen oft den halben Sieg ausmacht. Mit dieser Taktik hatte
sie Erfolg. Kein anderes Fraktionsmitglied erhob Anspruch auf das
Amt, in das sie am 13. Dezember 1972 berufen wurde.
Im Urteil ihrer Zeitgenossen meisterte sie ihre Aufgabe mit
Bravour. Einer ihrer Nachfolger sagte nach ihrem Tod: „Sie
leitete die Sitzungen überparteilich, souverän und mit
der ihr eigenen charmanten Resolutheit.” Bereits 1973 war sie
die in der Bundesrepublik bekannteste Politikerin. Sie blieb aber
nur vier Jahre im Amt, da ihre Partei bei der nächsten Wahl
nicht wieder die stärkste Fraktion stellte. Selbstbewusst
erklärte sie anschließend: „Ich habe in dieser
Zeit erreicht, was ich wollte: Es ist bewiesen, dass eine Frau das
kann!” 1979 drängte ihre Partei sie, für das Amt
des Bundespräsidenten zu kandidieren, obwohl sie angesichts
der Mehrheitsverhältnisse keine Chance hatte. Sie nahm diese
aussichtslose Aufgabe auf sich wie andere Frauen nach ihr auch.
Bisher allerdings blieben sie beim höchsten Staatsamt
lediglich Zählkandidatinnen.
Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 18. Juni 2008
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Berlin.