Keine Zustimmung des Bundesrates fanden die von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfe zur Rentenreform. In der Sitzung am 13. Februar wies Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) die Vorlagen als "nicht geeignet", die Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung zu lösen, zurück. Bayerns Familienministerin Christa Stewens (CSU) bezeichnete sie vor dem Hintergrund der Versprechungen, nachhaltige Reformen auf den Weg zu bringen, gar als "Provokation". Staatssekretär Franz Thönnes vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit (SPD) hingegen sieht in den Entwürfen ein "Mittel zur Anpassung der gesetzlichen Rentenversicherung an die veränderten Rahmenbedingungen".
Kernpunkt des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes ist die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit soll die Finanzierungsgrundlage der Rentenversicherung verbessert werden, da so das Verhältnis von Leistungsbeziehern und versicherungspflichtig Beschäftigten bei der Rentenanpassung berücksichtigt wird. Das Alterseinkünftegesetz wiederum sieht vor, bei der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung und den gesetzlichen Renten die nachgelagerte Besteuerung einzuführen. Dies bedeutet, dass Altersvorsorgebeiträge der aktiven Erwerbstätigen künftig von der Einkommensteuerschuld abgezogen werden können, während Leibrenten der Besteuerung unterworfen werden.
Erwin Teufel beklagte einen dramatischen Vertrauensverlust der Arbeitnehmer in die gesetzliche Rentenversicherung. Langjährige Einzahler würden wie "Kostgänger" behandelt, kritisierte der Ministerpräsident. Die Rente sei eine Versicherungsleistung, die nicht je nach Haushaltslage gekürzt werden könne. Ihn bewege dieses Thema derzeit wie kein Zweites, sagte Teufel, und forderte: "Es darf in Deutschland keine neue Altersarmut geben!" Eine Rentenreform müsse besonderen Ansprüchen gerecht werden, vor allem müsse sie der Generationsgerechtigkeit genügen. Der bisherige Verlauf der Reformen habe die Menschen stark verunsichert, sagte Teufel, der insbesondere die Abschaffung des Demografiefaktors kritisierte. Dies habe das Land um Jahre zurück geworfen.
Ein weiteres Hauptproblem der Rentenversicherung sei der Geburtenrückgang. Hier müsse man sich fragen, was tut die Bundesregierung, um Familien zu unterstützen? Nach Teufels Ansicht viel zu wenig. Im Gegenteil - Eltern würden auch noch die Lasten des Geburtsdefizits aufgebürdet, nicht zuletzt durch die Nichtanerkennung der Kindererziehungszeit für die Rentenbemessung. Auch Bayerns Familienministerin Christa Stewens beklagte das "Fehlen jeglicher familienpolitischer Komponente" in den Entwürfen. Es bräuchte "klare Signale für Familien und Kinder in der Rentenversicherung", denn ohne Nachwuchs habe unsere Gesellschaft und auch unsere Rentenversicherung keine Zukunft. Ein "falsches Signal" sei es außerdem, wenn derjenige, der sich für eine höhere schulische Ausbildung entscheidet, künftig in dieser Zeit keine Rentenansprüche erwerbe. Dies sei weder leistungsgerecht noch sozial.
Auch die jetzigen Rentner würden von den Einschnitten hart betroffen. Neben der Nullrunde bei der Rentenanpassung in diesem Jahr falle auch ab April der volle Beitragssatz zur Pflegeversicherung an. Schließlich müssten sie auch noch um die Sicherheit ihrer Rentenauszahlung bangen, da die Bundesregierung die Schwankungsreserve nicht nur in Nachhaltigkeitsrücklage umbenannt, sondern auch viel zu stark abgesenkt habe.
Mit den getroffen Maßnahmen sei die Stabilität der Rentenbeiträge mittel- und langfristig gesichert, erläuterte Staatssekretär Franz Thönnes. Stabile Lohnnebenkosten seien wichtig auf dem Weg zu mehr Beschäftigung und damit auch Garant für die Altersversorgung in der Zukunft. Dies garantiere der Nachhaltigkeitsfaktor besser als der Demographiefaktor. Thönnes wandte sich gegen Panikmache. Es gebe in Deutschland keine Altersarmut. In der Frage einer Niveausicherungsklausel werde die Bundesregierung nachbessern, versprach er. Dennoch müsse sich der Anteil an betrieblicher und privater Altersvorsorge erhöhen. Dabei sei das "Zerreden" der Riester-Rente "nicht zuträglich".