Als hätte es noch der gegenwärtig in Asien wütenden Vogelgrippe als letztem Anstoß bedurft, hat das Europäische Parlament am 10. Februar in Straßburg in erster Lesung eine Verordnung zur Errichtung eines Europäischen Zentrums zur Vorbeugung und Bekämpfung von Seuchen verabschiedet. Der Vorschlag war allerdings schon im August 2003 von der EU-Kommission als Reaktion auf sich immer stärker verbreitende Krankheiten wie AIDS, SARS, Malaria und Meningitis erarbeitet worden. Wachsender Reiseverkehr und Handel fördern die schnelle Verbreitung auf der ganzen Welt und erfordern koordinierte Abwehrmaßnahmen. Die Gefahr von Terroranschlägen mit biologischen Stoffen wie Anthrax beweist nach Ansicht der Brüsseler Behörde die Dringlichkeit, diese neue Organisation schon im nächsten Jahr tätig werden zu lassen.
Auf Grundlage eines bereits seit 1999 existierenden gemeinschaftlichen Netzes, einer Kooperationsplattform, soll das Zentrum, das seinen Sitz in Schweden haben wird, geschaffen werden. Das Amt, das sich keinesfalls zu einer neuen Superbehörde innerhalb der EU-Bürokratie entwickeln soll, erhält die Aufgabe, die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Eindämmung von Epidemien sowie die Forschungsanstrengungen zu bündeln. Das Zentrum soll die nationalen Behörden nicht ersetzen, sondern sie unter anderem auch durch eine Laborvernetzung und ein Frühwarnsystem unterstützen. Dafür werden in den ersten drei Jahren 48 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das Amt wird mit 35 Mitarbeitern starten und zwei Jahre später über einen Personalbestand von 70 Personen verfügen. Der Haushaltsausschuss des Parlaments mochte sich dem Projekt zwar nicht widersetzen, gab aber zu bedenken, dass auf immer mehr Gebieten neue Behörden mit erheblichen Mittelaufwand gegründet werden.
Im Gegensatz zum Kommissionsentwurf möchte das Europäische Parlament erreichen, dass sich der Verwaltungsrat des Zentrums aus je einem Vertreter pro Mitgliedstaat sowie zwei Vertretern des Europäischen Parlaments zusammensetzt. Der Kommission werden drei von ihr zu benennende Vertreter zugestanden. Zusätzlich soll die Agentur die Aufgabe erhalten, die Arbeitsmethoden zu harmonisieren und zu rationalisieren. Der deutsche Abgeordnete Peter Liese nannte es einen Anachronismus, dass die EU bei Tierseuchen sehr schnell und verbindlich reagieren könne, aber bei der menschlichen Gesundheit durch das Subsidiaritätsprinzip ausgebremst werde. Für die Grünen forderte der Luxemburger Claude Turmes, vorbeugender Verbraucherschutz müsse mit vorbeugendem Tierschutz einhergehen. Die Viren seien schneller an die Schwächen der Massentierhaltung und der Menschen angepasst als die moderne Impfmedizin die Menschen vor neuen Virusstämmen schützen könne. Artgerechte Tierhaltung verringere die Gefahren globaler Seuchenströme.