Begleitet von Protesten innerhalb und außerhalb des Plenarsaals hat der im Mai 2002 gewählte Präsident Kolumbiens, Alvao Uribe, bei seinem Auftritt am 10. Februar vor dem Europäischen Parlament in Straßburg ein ungeschminktes, aber dennoch optimistisches Bild seines Landes versucht zu zeichnen.
Zugleich rief Uribe die EU, mit der sein Land seit letztem Jahr über ein Kooperationsabkommen mit dem Andenpakt verbunden ist, zur Mitarbeit beim Kampf gegen den Drogenanbau auf, der die Quelle des Terrorismus in Kolumbien sei. Derzeit bietet die Regierung jeder Familie, die vom Kokaanbau auf andere Produkte umsteigt, 2.000 Dollar jährlich. Durch den Drogenabbau seien bisher 1,7 Millionen Hektar des tropischen Regenwaldes zerstört worden, der ein Drittel des Landes umfasse.
Nach wie vor, berichtete der Präsident, habe Kolumbien weltweit die höchste Rate an Gewaltverbrechen, Entführungen und politischen Morden. Linke Guerilleros und rechte paramilitärische Verbände kontrollieren weite Teile des Staatsgebiets.
Auf der anderen Seite sei in seiner Amtszeit die Zahl der Orte mit Polizeipräsenz wieder auf über 90 Prozent gestiegen. Wohl auch als Ergebnis dieser Politik sei die Zahl der Morde und Entführungen 2003 um ein Fünftel zurückgegangen, während die der Verhaftungen um 135 Prozent gestiegen sei. Dennoch habe es die beträchtliche Zahl von 2.200 Entführungen gegeben.
Uribe, der zugleich das Amt des Regierungschefs ausübt, will in seinem Kampf gegen den Terrorismus nicht nur auf Militär- und Polizeiaktionen setzen, sondern auf die Förderung von Bildung, auf Solidarität sowie den Aufbau einer Rechtsordnung nach westlichem Vorbild. Bereits heute erhielten 86 Prozent der Kinder eine Schulbildung.
Die Kluft zwischen Darstellung und Wirklichkeit erschien jedoch vielen EU-Abgeordneten zu groß. Die Hälfte war ohnehin der Rede fern geblieben. So hatten sich Liberale, Grüne und die Fraktion der Linken gegen die Einladung ausgesprochen, waren aber im Präsidium überstimmt worden. Einige Parlamentarier protestierten mit Hilfe bedruckter weißer Schals im Plenarsaal.
Wirtschaftlich, berichtete Kolumbiens Präsident, befinde sich sein Land in einem stetigen Aufwind. Das Wirtschaftswachstum sei im vergangenen Jahr um fast vier Prozent gestiegen und die Arbeitslosenquote habe sich verringert. Ein Problem sei aber der immer noch zu geringe Anteil der Privatwirtschaft. Auch hier sei die aktive Hilfe der Europäer besonders wünschenswert.