Entwicklungszusammenarbeit. Nach offiziellen Berechnungen werden sich bis Ende 2010 voraussichtlich 50 bis 75 Millionen Menschen mit HIV infiziert haben. In dieser Dimension ist Aids zu einem sicherheitspolitischen Problem geworden, das sowohl die innenpolitische Stabilität der betroffenen Länder und Regionen in Afrika als auch die Atommächte Russland, China und Indien betrifft, erklären die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag ( 15/2408). Sie fordern, die globale Bekämpfung von HIV-Aids zu intensivieren. Das Virus sei inzwischen eine der größten Bedrohungen für die friedliche Entwicklung in der Welt geworden, heißt es. Ökonomische Entwicklungsfragen werden danach durch die HIV-Aids-Pandemie weitgehend zunichte gemacht, und die Pandemie wirke sich inzwischen auf die Nahrungsmittelproduktion aus. Todesfälle seien nicht mehr in erster Linie auf Kindersterblichkeit, sondern den Ausfall des oder der Ernährer in den Familien zurückzuführen. Damit gehe eine zunehmende Abhängigkeit der betroffenen Menschen und Staaten von internationaler Hilfe einher.
Eine überdurchschnittliche Infektionsrate gebe es auch unter den Hochschulabsolventen der betroffenen Regionen. Dadurch werde der ohnehin schmale Aufbau einer Bildungs- und Wirtschaftselite dieser Länder akut gefährdet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind jährlich 6 bis 8 Milliarden US-Dollar erforderlich, um eine weltweit wirksame Aids-Bekämpfung zu leisten. Tatsächlich stehe aber nur ein Drittel dieser finanziellen Ressourcen (3,38 Milliarden Dollar) dem Fonds zur Bekämpfung von HIV-Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) zur Verfügung. Und wiederum nur rund fünf Prozent der bisherigen Gesamtzusagen kämen von Unternehmen der Privatwirtschaft. Der Höhepunkt der Pandemie wird aber erst für die Zeit um 2050 erwartet.
Neue Aspekte nennt die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag, wonach "Entwicklungspolitik die Bekämpfung von HIV/Aids verstärken muss" ( 15/2465). Die Fraktion bezieht sich dabei auf Schätzungen von UNAIDS, nach der die künftigen Epizentren der weltweiten Epidemie in Indien und China sowie in Osteuropa und Zentralasien liegen. In Osteuropa und Zentralasien seien derzeit mehr als 1,5 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert, davon allein eine Million in Russland. Aber auch in den baltischen Staaten, der Ukraine und in Moldawien steige die Anzahl der HIV/Aids-infizierten Menschen stetig an. Dadurch - so die Union - werde deutlich, dass HIV/Aids keinesfalls nur ein afrikanisches Problem sei. Eine unverzügliche und konsequente Intervention zum jetzigen Zeitpunkt könne die Epidemie in Osteuropa eindämmen, bevor sie das gleiche Ausmaß wie auf dem afrikanischen Kontinent erreiche.
In ihrer Initiative fordert die Union dazu auf, der Bekämpfung von HIV/Aids auch in Deutschland einen höheren politischen Stellenwert einzuräumen und damit dem Beispiel von Großbritannien, Irland, Frankreich oder den USA zu folgen. Zu prüfen sei unter anderem, ob das Vorliegen eines angemessenen politischen Engagements für die HIV/Aids-Bekämpfung als Bedingung einer bilateralen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern angesehen werden müsse.
Die FDP sieht den Schwerpunkt der HIV/Aids-Bekämpfung dagegen nach wie vor in Afrika. Laut Antrag ( 15/2469) will sie "Aids zu einem Hauptanliegen der Entwicklungsarbeit machen". Die Abgeordneten argumentieren, Deutschland müsse - ähnlich wie Frankreich - seine Beiträge um ein Vielfaches erhöhen. Während aus Deutschland dem GFATM für 2004 Zusagen über 38 Millionen Euro vorlägen, habe Frankreich bereits 2002 und 2003 je 50 Millionen Euro gezahlt und für 2004 insgesamt 150 Millionen Euro avisiert. "Jeder Euro, der jetzt in die Behandlung von HIV-Infizierten investiert werde, erspare uns in der Zukunft ein Vielfaches für Aufwendungen an humanitärer Hilfe", erklären die Abgeordneten. wol