Gesundheit und Soziale Sicherung. Unterschiedlich haben Experten und Sachverständige einen von der Regierungskoalition vorgelegten Gesetzentwurf zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung ( 15/2149) bewertet. Das wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung am 11. Februar deutlich.
Kernpunkt des Gesetzes ist die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit solle die Finanzierungsgrundlage der Rentenversicherung verbessert werden, da so das Verhältnis von Leistungsbeziehern und versicherungspflichtig Beschäftigten bei der Rentenanpassung berücksichtigt werde. Somit könnten die Beitragssätze mittelfristig bei 19,5 Prozent stabilisiert werden, heißt es. Für das Jahr 2030 sei dann mit einem Beitragssatz in Höhe von 22 Prozent zu rechnen.
Nach Ansicht von Dieter Bräuniger von der Deutschen Bank Research sind die im Entwurf vorgeschlagenen Maßnahmen grundsätzlich richtig und zielführend, da es zu der Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors keine Alternative gebe. Um weiter Schäden für die Attraktivität Deutschlands als Standort für Investitionen und Arbeitsplätze zu vermeiden, seien stabile Beiträge wichtig. Der Nachhaltigkeitsfaktor gewährleiste dies, da er konjunkturelle Schwankungen ausgleiche.
Professor Gisela Färber von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer bewertet den Entwurf ebenfalls als durchaus positiv. Insbesondere die mit dem Gesetz verfolgten Ziele der Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und der Steigerung der Frauenerwerbsquote könnten schon kurzfristig zur langfristigen Sicherung der Rentenfinanzen beitragen. Wenn es gelänge, durch die Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten das faktische Renteneintrittsalter schon kurzfristig wieder anzuheben, habe dies dann nicht nur eine Entlastung der Rentenkassen zur Folge, sondern auch einen positiven Effekt für den Arbeitsmarkt.
Professor Winfried Schmähl von der Universität Bremen kritisierte hingegen die vorgesehen Regelungen. Sie führten zwangsläufig zu einer weiteren Reduzierung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese werde ausschließlich der Höhe des Beitragssatzes und der Einnahmeentwicklung untergeordnet. Der Verzicht auf ein Mindestabsicherungsniveau habe zur Folge, dass die Versicherten keinen Anhaltspunkt haben für Entscheidungen über die aus ihrer Sicht erforderlichen Vorsorgemaßnahmen, so der Experte.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte begrüßte die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors, kritisierte jedoch den damit eingeleiteten Paradigmenwechsel im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Statt der bisherigen gleichrangigen Gewichtung von beitrags- und leistungsorientierten Zielen würde künftig ausschließlich das Beitragssatzziel die Rentenanpassung bestimmen.
Dies sei nicht geeignet, eine nachhaltige Finanzierung der Alterssicherung zu garantieren. Zustimmung dazu gab es vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger. Die Anpassungsfähigkeit des gesetzlichen Rentenversicherungssystems in einer sich wandelnden Gesellschaft könne nicht lediglich danach bewertet werden, wieweit es möglich sei, den Beitragssatzanstieg zu begrenzen. Vielmehr müsse es gelingen, Beitragssatz und Leistungsniveau in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnte den Nachhaltigkeitsfaktor als "nicht verantwortbar" ab. Er ziele nicht nur auf eine langfristige Senkung des Bruttorentenniveaus ab, sondern führe auch zum Verlust einer sicheren Planungsgrundlage für die Altersvorsorge. hau