Wenn es nicht unbedingt nötig ist, dann hält sich Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) mit scharfen Angriffen und Kampfesansagen lieber zurück. Doch am 29. November musste es einfach mal wieder sein. Es war der Tag, an dem bekannt wurde, dass die Bundesregierung den Umzug der DB-Zentrale in die Hansestadt für "nicht akzeptabel" hält. Und der Senatspräsident nutzte den Anlass, um zu demonstrieren, dass er auch anders kann. Selten erlebten die Rathausjournalisten einen aufgebrachteren, energischeren Ole von Beust.
Der Regierungschef, der nach Bekanntwerden der Pläne tagelang als großer Gewinner gefeiert wurde - er will nicht klein beigeben, sondern die Gespräche mit dem Unternehmen fortsetzen: "Der Senat und die Deutsche Bahn werden die Pläne einer engen Kooperation mit Nachdruck weiter verfolgen", kündigte er unmissverständlich an. Und sparte auch nicht mit deutlicher Kritik an der Bundesregierung, die er zugleich unter Druck zu setzen versuchte. Das schwarz-rote Kabinett stehe vor der grundsätzlichen Frage, ob es die Bundesunternehmen, "wie bei Lufthansa, Post und Telekom geschehen", für den Markt öffnen oder durch politische Einflussnahme eine gute wirtschaftliche Entwicklung verhindern wolle, sagte von Beust.
Die Regierung Kohl habe seinerzeit mit der Ministerin Merkel die Privatisierung des Schienenriesens eingeleitet, das Kabinett Schröder diesen Weg entschieden weiter verfolgt. Es sei notwendig, diesen Kurs auch in der Großen Koalition beizubehalten, ließ er die Bundeskanzlerin via Medien wissen. Ihre Regierung sollte einen Rückfall in staatlichen Interventionismus im Keim ersticken. Die Angelegenheit sei ein Testfall, wie ernst Schwarz-Rot es mit dem "hohen reformerischen Anspruch" meine, der zuvor postuliert worden sei. Dass von Beust so energisch reagierte, hängt auch damit zusammen, dass das Platzen des Bahn-Deals ihm in der Stadt persönlich angelastet werden würde. Schon jetzt mehren sich in der Opposition die Stimmen, der Regierungschef habe das Geschäft schlecht vorbereitet und zu früh kommuniziert.
Doch die Hansestadt hat nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Argumente parat. Denn den Pakt mit der Bahn kann es aus Hamburger Sicht nur im Paket geben. Im Klartext: Sollte die Zentrale in der Hauptstadt bleiben, platzt auch der Verkauf der Mehrheitsanteile der als hoch profitabel eingestuften städtischen Unternehmen HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) und Hochbahn, mit denen die DB ihre Kapitalmarktfähigkeit sichern und ihr Geschäftsfeld um den Boombereich Hafen ausdehnen wollte. Das würde auch den Bund als Alleinaktionär negativ treffen. Von möglichen Kompromissen wie dem Umzug nur der Logistiksparte will man an der Elbe nichts wissen. Hamburg verfüge über genügend Alternativen für die beiden städtischen Unternehmen, ließ Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) sogleich wissen. Tatsächlich interessieren sich bereits mehrere Logistikkonzerne für eine Übernahme. Es sei deshalb im Gegenteil die Deutsche Bahn, die Konkurrenz von HHLA und Hochbahn fürchten müsse. Sollte der Privatisierungskurs des Konzerns gestoppt werden, koste das den Bund "Milliarden Euro".