Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Anhörung)/
Berlin: (hib/HAU) Die Haltung von Nutztieren im Zirkus ist unter
Experten umstritten. Das wurde anlässlich einer
öffentlichen Anhörung im Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am
Mittwochvormittag deutlich. Grundlage der Anhörung war eine
auf Initiative Hessens im Bundesrat verabschiedete Gesetzesvorlage,
die ein Verbot bestimmter Wildtierarten vorsieht. Demnach soll die
Haltung von Elefanten, Affen und Großbären nach einer
Übergangsfrist verboten werden. Ebenso wurde die Einrichtung
eines Zirkuszentralregisters gefordert, in dem die etwa 300
deutschen Zirkusunternehmen erfasst werden sollen. Claus
Kröplin, Vorsitzender des Berufsverbandes der Tierlehrer,
sieht ein derartiges Verbot als "nicht gerechtfertigt" und
"wissenschaftlich nicht begründbar" an. Man könne nicht
die Lebensweise der Tiere in freier Natur auf die im Zirkus
gehaltenen Wildtiere übertragen, da diese in ihrem Lebensraum
beim Menschen andere Erfahrungswerte hätten und sich in ihrer
"Handhabung" nicht wesentlich von Haus- und Hoftieren unterscheiden
würde. Auch Hans Joachim Götz vom Bundesverband
Praktizierender Tierärzte sieht keinen Grund für ein
generelles Haltungsverbot von Wildtieren im Zirkus. Zwar bedeute
aus tiermedizinischer Sicht jede Haltung, Ausbildung und Nutzung
von Tieren eine Einschränkung der natürlichen
Bedürfnisse. Bei artgerechter Haltung und der Umsetzung der
dazu entwickelten Leitlinien, verbunden mit angemessener
tierärztlicher Betreuung könne man jedoch auf ein Verbot
verzichten. Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes, so dessen
Vertreter Torsten Schmidt, ist die artgerechte Haltung von
Heimtieren in Zirkussen in der Praxis nur ausnahmsweise
möglich, die artgerechte Haltung von Wildtieren jedoch
gänzlich ausgeschlossen. Die Folgen für die Tiere seien
schwerwiegend und zeigten sich in Verhaltenstörungen,
Erkrankungen oder sogar Todesfällen. Diesem Problem müsse
man mit einem gesetzlichen Verbot begegnen, forderte Schmidt. Der
Biologe Immanuel Birmelin widersprach derartigen Forderungen. Man
könne die Diskussion über das Wohlbefinden der Tiere
nicht von der menschlichen Betrachtung aus führen, sondern
müsse dies vom Standpunkt des Tieres aus tun. So sei es wohl
der Unwissenheit geschuldet, wenn man beispielsweise davon ausgehe,
dass eine Lieblingsbeschäftigung frei lebender Löwen das
Durchstreifen der Savanne sei. Deren Aktivitäten
beschränkten sich tatsächlich auf die Jagd und die
Paarung. Löwen seien außerdem sehr anpassungsfähig
und hätten ein komplexes Sozialverhalten. Eine sinnvolle
Beschäftigung bei guter Haltung im Zirkus sei also durchaus
gut für das Tier. Auch die Tierärztin Christine Lendl
konnte keine Argumente für ein generelles Verbot von Tieren im
Zirkus sehen. Bei entsprechender Haltung und angemessener
tierärztlicher Betreuung könne die Ausbildung, das
Training und die Vorführung das natürliche Verhalten und
das Sozialverhalten der Tiere erweitern und bereichern. Jörg
Styrie vom Bund gegen Missbrauch der Tiere konnte dieser
Argumentation nicht folgen. Wildtiere seien nicht domestizierbar
und hätten eine geringe Anpassungsfähigkeit. Er
kritisierte die Missstände in vielen Zirkusbetrieben. Die
selbst ausgearbeiteten Leitlinien würden nicht eingehalten,
was nicht zuletzt der finanziellen Not vieler Zirkusse geschuldet
sei. Er forderte ein Nachstellverbot für Wildtiere,
entsprechend der Bundesratsinitiative. Damit hätten die
Zirkusse eine angemessene Übergangsfrist. In anderen
EU-Ländern sei dies schon lange geschehen, so Styrie. Dem
stimmte auch Laura Zimprich von Animal Public zu. Eine angepasste
Haltung von Wildtieren, wie im Zirkus benötigt, sei nicht
artgerecht, ein Verbot daher unumgänglich und auch
grundgesetzlich abgesichert.
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