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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: 1965: Verjährung
Gültig ab: 13.02.2005 00:00
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1965: Verjährung

Bild: Unterzeichnung des Élysée-Vertrages
Unterzeichnung des Élysée-Vertrages, 1963.

Der Rahmen ist gezogen, der Grund gelegt, die Bahn bereit und das Ziel geklärt, wie Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier bei der Verabschiedung Konrad Adenauers aus dem Kanzleramt im Oktober 1963 würdigt. Die folgende Kanzlerschaft von Ludwig Erhard, dem „Vater des Wirtschaftswunders“, scheint nur nach vorn zu weisen. Aber 1965 rückt die Vergangenheit und der Umgang mit ihr erneut in den Fokus des Parlaments. Das Kriegsende ist bald 20 Jahre her; nach geltendem Recht drohen damit alle NS-Verbrechen zu verjähren.

Leidenschaftlich ringt der Bundestag um die richtige Antwort. „Es geht darum, dass wir dem Gebirge an Schuld und Unheil, das hinter uns liegt, nicht den Rücken kehren“, sagt Adolf Arndt (SPD). Ganz genau hört auch das Ausland zu, als das Parlament zunächst den Beginn möglicher Ahndung auf die Gründung der Bundesrepublik festlegt und damit knapp fünf Jahre Zeit gewinnt – und später die Verjährung für NS-Verbrechen vollständig aufhebt.

Die Wiedergutmachung gegenüber dem jüdischen Staat in den 50er und 60er Jahren ist ein sichtbares Zeichen der moralischen Läuterung des neuen Staats. Handlungen wie diese führen schließlich zur Wiederaufnahme Deutschlands in die Gemeinschaft der Völker. Aufsehen erregt 1965 die Aufnahme diplomatischer Beziehungen der Bundesrepublik mit Israel. Der konsequente Weg der Aussöhnung kommt auch im Élysée-Vertrag von 1963 zum Ausdruck. Beide Staaten beenden die von Generationen gepflegte Erbfeindschaft und gestalten ihre Beziehungen auf der Basis von Freundschaft und Kooperation. Immer intensiver werden die Konsultationen der Regierungen und die Zusammenarbeit der Parlamente.

Die 60er Jahre stehen zudem im Zeichen staatlicher Festigung. Nach dem Bruch der Koalition aus Union und FDP treten die Sozialdemokraten 1966 in die Regierung ein. Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD trifft nach intensiven Debatten und in der Öffentlichkeit stark beachteten Anhörungen Vorsorge für eine wehrhafte parlamentarische Demokratie, die auch bei äußeren und inneren Notständen noch funktionieren soll – etwa durch einen Gemeinsamen Ausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Text: Gregor Mayntz
Foto: picture-alliance
Erschienen am 14. Februar 2005

Erklärungen

Wiedergutmachung: Am 18. März 1953 nimmt der Bundestag das so genannte Luxemburger Abkommen über Wiedergutmachungsleistungen an Israel und die Jewish Claims Conference an. Dabei geht es unter anderem um Eingliederungshilfen für jüdische Flüchtlinge in Israel. Im Laufe der Jahrzehnte werden rund 45 Milliarden Euro gezahlt, davon etwa ein Drittel an Israel und an Organisationen, die sich um jüdische Verfolgte in aller Welt kümmern.
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Anhörungen: Um die Auswirkungen von geplanten Gesetzen besser einschätzen zu können, laden die Fachausschüsse im Rahmen ihrer Detailberatungen Experten zu Anhörungen (Hearings) ein, die zumeist öffentlich sind. Überragendes Interesse finden zum Beispiel 1968 die Anhörungen zu den Notstandsgesetzen, die die ARD und das ZDF über mehrere Tage hinweg live übertragen.
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Gemeinsamer Ausschuss: Sollte das Parlament im Notstand (Angriff, Unruhen, Katastrophen) nicht mehr in der Lage sein, als Ganzes zu tagen, trifft der Gemeinsame Ausschuss („Notparlament“) die wesentlichen Entscheidungen. Er setzt sich seit 1968 zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates (heute 16) und zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages (heute 32) zusammen, die nicht zugleich der Regierung angehören dürfen und entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen gewählt werden.
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