Gregor Gysi und Oskar Lafontaine (Die Linke.)
Wenige deutsche Politiker haben eine so wechselvolle Laufbahn hinter sich wie die beiden Männer an der Spitze der Fraktion Die Linke. Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Beide haben Erfolge, Rückschläge und körperliche Belastungen überstanden, sind aus der großen Politik aus- und nun erneut in die Bundespolitik eingestiegen.
Gregor Gysi, Jahrgang 1948, entstammt einer alteingesessenen Berliner Familie mit jüdischen Vorfahren. Sein Vater Klaus war Kulturminister der DDR. Gysi tritt mit 19 in die SED ein, studiert Rechtswissenschaften. Als Anwalt vertritt er auch systemkritische Bürger und macht sich damit über die Grenzen der DDR hinaus einen Namen.
Nach dem Zusammenbruch der alten DDR-Führung wird Gysi Ende 1989 Vorsitzender der SED, von 1990 bis 1993 ihrer Nachfolgerin PDS. Er führt von 1990 bis 1998 die PDS-Gruppe, ab 1998 die PDS-Fraktion im Bundestag. Anfang 2002 scheidet er im Zuge der Koalitionsbildung im Berliner Senat aus dem Bundestag aus.
Seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Politik verkündet er nach einer Abstimmungsniederlage auf dem PDS-Parteitag im Jahre 2000. Doch nach einer erfolgreichen Kandidatur bei den Abgeordnetenhauswahlen in Berlin 2001 steigt er als Wirtschaftssenator der rot-roten Koalition erneut in die Politik ein, allerdings nur für ein halbes Jahr. Grund für seinen Rücktritt ist die private Inanspruchnahme von Bonusmeilen für dienstliche Flüge. Der eloquente Anwalt lässt danach – auch geschwächt durch eine Herzkrankheit – lange offen, ob er sich noch einmal zur Verfügung stellen wird. Doch bei Bildung der Linkspartei kann er 2005 nicht mehr Nein sagen.
Ein ebenso leidenschaftlich politischer Mensch ist sein neuer Partner Oskar Lafontaine, Jahrgang 1943. Sein Vater fällt im Zweiten Weltkrieg, er studiert mit Hilfe eines Stipendiums Physik und macht 1969 sein Diplom.
Bereits 1966 ist der Katholik der SPD beigetreten, weil er den Anspruch des Christentums in der CDU nicht verwirklicht sieht. Eine steile Parteikarriere führt ihn über das Amt des Oberbürgermeisters von Saarbrücken und des saarländischen Ministerpräsidenten an die Spitze der SPD. Trotz eines Attentats durch eine geistesgestörte Frau, bei dem er eine Stichwunde am Hals davonträgt, wird er Spitzenkandidat der SPD bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl. Er kritisiert die Deutsche Einheit als schlecht vorbereitet und erfährt nicht zuletzt deshalb eine Wahlniederlage. Er verzichtet auf den ihm trotzdem angebotenen Parteivorsitz, bleibt aber Mitglied der engeren Parteiführung.
Auf dem SPD-Parteitag 1995 setzt er sich in einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz gegen den bisherigen Parteichef Rudolf Scharping durch. Unter Lafontaines Führung wird die SPD 1998 wieder stärkste Partei. Er hat dem Rivalen Gerhard Schröder die Kanzlerkandidatur überlassen und tritt als Finanzminister in dessen Kabinett ein. Wenige Monate später tritt er überraschend von allen ämtern zurück, weil er in der Politik des Kanzlers eine Abkehr von den Wahlaussagen der SPD sieht. In der Folge äußert er sich sehr kritisch über die Regierungspolitik, doch erst 2005 tritt er aus der SPD aus, wendet sich der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit zu, in der sich viele ehemalige SPD-Mitglieder zusammengefunden haben. Er regt eine Zusammenarbeit mit der PDS an, die schließlich zur Bundestagswahl 2005 zustande kommt.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 01. Dezember 2005
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