Es ist das sogenannte „Königsrecht“ des Parlaments, über jeden einzelnen Euro, über jeden einzelnen Cent zu beschließen, den die Regierung ausgeben will. Ganz gleich, mit welchem Vorhaben die Politik die Welt gestalten will — am Haushaltsausschuss führt kein Weg vorbei. Jeder einzelne Haushaltsposten wird in Augenschein genommen. Und für die Sanierung der Staatsfinanzen schlagen sich die „Haushälter“ auch schon mal die Nächte um die Ohren.
Eigentlich reicht ein Bundeshaushalt pro Jahr völlig aus, um den Haushaltsausschuss bis über beide Ohren zu beschäftigen. Doch die vorgezogenen Neuwahlen haben dazu geführt, dass zum Auftakt der neuen Wahlperiode in einem Jahr gleich zwei Haushalte aufzustellen, abzustimmen und zu verabschieden waren. Für zusätzlichen Stress sorgte, dass wegen der vorläufigen Haushaltsführung in den ersten Monaten neue Investitionen zurückzustehen hatten, das Land aber trotzdem vernünftig regiert werden muss. Gewöhnlich bereiten sich die Behörden darauf vor, dass es am Ende einer Wahlperiode und am Beginn einer neuen mit vielleicht neuen Mehrheiten kompliziert werden kann. Nun traf es den Bund völlig unvorbereitet. Entsprechend größer waren die Anspannungen für den Ausschuss.
Die 41 Haushälter teilen sich die Arbeit auf, indem sich einzelne von ihnen bestimmte Einzelpläne vornehmen. Da findet dann wochen- und monatelang wichtige Arbeit auch und vor allem außerhalb der Ausschusssitzungen statt. Sie erhalten dann zusätzliche Informationen aus den jeweiligen Ministerien über die Hintergründe der geplanten Ausgaben, gehen mit ihren Ansprechpartnern und untereinander immer wieder Punkt für Punkt, Kapitel für Kapitel, Seite für Seite durch, bis im Ausschuss sowohl über einvernehmlich gefundene Lösungen wie über strittige Projekte abgestimmt wird. Bei der sogenannten „Bereinigungssitzung“, die bis in den frühen Morgen dauert, muss der Haushaltsausschuss dann alles ins Lot bringen.
Dazu wird das Ausschusssekretariat von Fachleuten des Ministeriums mit zusätzlichen Rechnern und weiterer Software unterstützt, damit stets jede Veränderung auf ihre Wirkungen für den Gesamthaushalt durchgerechnet werden kann. Viel Manövriermasse steht ohnehin nicht zur Verfügung. Allein der Zuschuss des Bundes zur Rente macht mit fast 80 Milliarden Euro nahezu ein Drittel aller Ausgaben aus. Nimmt man dann noch die Kosten für Arbeitsmarkt, Zinsen, Personal und Zuwendungen hinzu, bleiben bescheidene 28 Prozent für alle anderen wichtigen Aufgaben.
Das größte Wirtschaftswachstum in Deutschland seit vielen Jahren kommt dem Haushaltsausschuss bei seiner besonderen Herausforderung entgegen, die Maastricht-Kriterien wieder einzuhalten, also die Verschuldung in den vorgegebenen engen Grenzen zu halten und trotzdem genügend Reserven für Wachstumsimpulse aufzubringen. Die plakative Formel für die damit verbundenen Ziele lautet, weniger Geld für die Vergangenheit und mehr für die Zukunft auszugeben. Auch: Immer wieder zu überprüfen, ob in der Vergangenheit gefällte Entscheidungen unter sich wandelnden Rahmenbedingungen korrigiert werden müssen. So macht sich der Haushaltsausschuss ein Bild von den Folgen der Berlin/Bonn-Entscheidung, mehr als die Hälfte aller Ministeriumsmitarbeiter in Bonn zu belassen.
Die hohe Zeit der Haushaltsberatungen ist traditionell von September bis Anfang Dezember. Aber auch außerhalb hat der Haushaltsausschuss stets eine reich gefüllte Tagesordnung, wenn es gilt, den Vollzug des Haushaltes nicht aus dem Blick zu verlieren, qualifiziert gesperrte Titel je nach Entwicklung freizugeben oder sich mit unvorhergesehenen Ausgabenotwendigkeiten zu befassen.
Aktualisiert am 30. August 2007« Vorheriger Artikel Nächster Artikel »
E-Mail:
otto.fricke@bundestag.de
Der Ausschuss hat 41 Mitglieder, CDU/CSU: 15, SPD: 15, FDP: 4, Die Linke.: 4, Bündnis 90/Die Grünen: 3
„Wir Haushälter werden darauf
getrimmt, untypische Politiker zu sein. Wir müssen immer
wieder sagen: ,Gibt es nicht!? ,Können wir uns nicht leisten!?
,Wir haben es nicht!? Wenn andere Ausschüsse ihre Wünsche
und Träume vorstellen, müssen wir für die
Realität zuständig sein. Wir können die Mathematik
nicht außer Kraft setzen und müssen daher immer wieder
Wünsche stoppen.“
Otto Fricke (FDP)