Der Reformprozess geht weiter Der zeitweilig ins Stocken geratene europäische Reformprozess hat wieder Fahrt aufgenommen: Auf deutscher Seite wird dabei der Europaausschuss des Deutschen Bundestages als Partner der Bundesregierung eine wichtige Rolle spielen. Denn er ist zuständig für Grundsatzfragen der europäischen Integration und die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament sowie den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ist einer der vier Bundestagsausschüsse, die im Grundgesetz ausdrücklich genannt sind und in jeder Legislaturperiode eingerichtet werden müssen. Grundsätzlich sind im Bundestag alle Ausschüsse im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit für die Beratung europäischer Angelegenheiten zuständig. Als Integrations- und Querschnittsausschuss ist der Europaausschuss jedoch der zentrale Ort des europapolitischen Entscheidungsprozesses im Bundestag. Er kann als einziger Ausschuss Stellungnahmen beschließen, die für die Bundesregierung genauso verbindlich sind wie die vom gesamten Bundestag beschlossenen. Da ihm auch deutsche Europaabgeordnete als beratende Mitglieder angehören, ist ein direkter Austausch mit dem Europaparlament möglich.
Als Integrationsausschuss befasst er sich insbesondere mit Vorhaben, die die Rahmenbedingungen für die Entwicklung und die Zusammenarbeit in der EU setzen. Dies gilt etwa für die von den Staats- und Regierungschefs im Juni 2007 beschlossene Regierungskonferenz für eine Reform der EU-Verträge. Der unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vereinbarte Kompromiss sieht neben institutionellen Reformen sowie einem Ausbau der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und weiterer Politikbereiche auch die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments vor. Die nationalen Parlamente werden zudem besser in den europäischen Gesetzgebungsprozess eingebunden: Auch sie überwachen die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und können mit direkten Stellungnahmen gegenüber der EU-Kommission und einer erweiterten Klagemöglichkeit reagieren. Die Ausschüsse für Europa- und Gemeinschaftsangelegenheiten der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten arbeiten zusammen mit dem Europaparlament in der Konferenz der Europaausschüsse, der COSAC. Sie tagt zwei Mal im Jahr jeweils in dem Land, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat, und dient der interparlamentarischen Koordination und Information.
Auf dem Arbeitsprogramm des Europaausschusses des Bundestages stehen neben der Begleitung des Reformprozesses unter anderem die Beitrittsverhandlungen der EU mit Kroatien und der Türkei, die noch offenen Punkte nach dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die jährliche Strategieplanung sowie das Gesetzgebungs- und Arbeitsprogramm der Kommission. Federführend berät der Ausschuss im Rahmen seiner Querschnittsaufgaben auch die sogenannte Finanzielle Vorausschau, mit der die EU die Höhe und Verwendung ihrer Einnahmen und Ausgaben für jeweils sieben Jahre festlegt.
Die Kontrolle der Regierung in europäischen Angelegenheiten erleichtert eine im September 2006 getroffene Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Bundestag. Mit ihr werden die Ausführungsbestimmungen zu den Informationspflichten der Regierung gegenüber dem Bundestag bezüglich der Politikbereiche, Vorhaben und Dokumente ausgeweitet und präzisiert. Außerdem lädt der Ausschuss regelmäßig Entscheidungsträger europäischer Institutionen zu seinen Sitzungen nach Berlin ein, um sich über aktuelle Entwicklungen unterrichten zu lassen. Intensive Kontakte zu Parlamentariern aus anderen Mitgliedstaaten sowie Beitrittsländern und Anhörungen mit Sachverständigen runden die Meinungsbildung ab. Öffentliche Sitzungen und Anhörungen tragen zur Information der Öffentlichkeit über wichtige europapolitische Themen bei.
Aktualisiert am 30. August 2007« Vorheriger Artikel Nächster Artikel »
E-Mail:
gunther.krichbaum@bundestag.de
Hinzu kommen 16 mitwirkungsberechtigte deutsche Mitglieder des Europäischen Parlaments, die vom Präsidenten des Bundestages benannt werden.
„Unter der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft hat die erweiterte EU ihre
Handlungsfähigkeit zurückgewonnen. Jetzt kann sich der
Blick wieder stärker nach außen richten. Im Rahmen der
europäischen Nachbarschaftspolitik werden u.a. Themen wie die
Entwicklung auf dem Balkan, die Intensivierung der Zusammenarbeit
mit den Anrainerstaaten des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres
und mit den Staaten Afrikas die Arbeit des EU-Ausschusses
mitbestimmen.“
Gunther Krichbaum (CDU/CSU)