Georg Schirmbeck trifft Roksana Lichte in ihrer Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg
Für Roksana Lichte beginnt in wenigen Tagen ein anderes Leben. Dann wird ihr Kind auf der Welt sein. Dann wird aus dem Ehepaar Roksana und Jörg Lichte eine Familie. Das ist ein Glück. Überhaupt ist Roksana ein glücklicher Mensch. Die 27-jährige Polin lebt mitten in Berlin und arbeitet in Slubice. Sie ist, könnte man sagen, unterwegs in Europa.
Das trifft auch auf den CDU/CSU-Abgeordneten Georg Schirmbeck zu, der Roksana Lichte in ihrer Wohnung besucht. Polen ist dem 1949 in Ohrbeck geborenen Mann gut bekannt. „Ich bin 1997, da war ich Bauer, in die polnischen Gemeinden Allenstein und Hohenstein in der Woiwodschaft Ermland-Masuren gefahren und habe dort gemeinsam mit anderen geholfen, Gemeindearbeit aufzubauen und Partnerschaften zu entwickeln.” So erzählt es Georg Schirmbeck und hat Geschichten und Geschichtchen parat, wie das begonnen hat und wie sich alle anstrengen mussten, ein gemeinsames Anliegen umzusetzen. Aber viel ist gelungen: Es fanden Jugendbegegnungen statt, die Gemeindearbeit ist entwickelt worden, mit den Finanzen dort steht es etwas besser, die Menschen sind aufeinander zugegangen.
Roksana Lichte kennt die beiden Orte, im Polnischen heißen sie Olsztyn und Olsztynek, denn dort sind gerade die ersten Projekte des polnischen Johanniter-Hilfswerkes (Joannici Dzielo Pomocy) entstanden, etwa ein Jugend- und Ausbildungszentrum für Erste Hilfe. Seit 2005 arbeitet die junge Frau in ihrem Heimatland als Geschäftsführerin des polnischen Johanniter-Hilfswerkes. Noch steht viel auf Anfang, aber es wurden Projekte ausgedacht und einige bereits gestartet.
„Am Sonntag fahre ich nach Allenstein”, sagt Georg Schirmbeck. „Und ich freue mich darauf, denn inzwischen kennt man viele Menschen dort. Wissen Sie, meine Vorstellung ist, dass wir unsere Beziehung zu Polen so entwickeln wie die Beziehung zu Frankreich. Die Politik muss deutlich machen, dass dies für Frieden und Freiheit in Europa enorm wichtig ist.” Roksana Lichte stimmt dem zu, und man redet darüber, dass es in den Beziehungen zwischen Staaten immer auch ein Auf und Ab gibt. Gerade sei es nicht einfach zwischen den beiden Ländern, aber nie dürfe die Anstrengung aufhören, gemeinsam etwas zu gestalten. Das ist schon große Politik, über die in einem Wohnzimmer in Berlin gesprochen wird.
Georg Schirmbeck trifft Roksana Lichte in
ihrer Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg (© DBT/studio kohlmeier)
Der Abgeordnete will wissen, wie Roksana Lichte zu ihrer Arbeit gekommen ist. In Polen gebe es mehrere Sozialstationen, die vom deutschen Johanniterorden und/oder der Johanniter-Unfallhilfe betrieben werden, erzählt sie. Roksanas Mutter begann vor elf Jahren, in einer solchen Sozialstation in Slupsk (Stolp) zu arbeiten. Der Großvater half ehrenamtlich als Hausmeister. Damals war Roksana 16 Jahre alt und ging für ein Jahr nach Dänemark. Dort absolvierte sie die zehnte Klasse. Die nächsten drei Schuljahre verbrachte die Polin in der Friedensschule in Gartz (Oder), in der Nähe von Stettin, wo deutsche und polnische Jugendliche zusammen lernten. Nicht einfach sei es gewesen, das deutsch-polnische Verhältnis zwischen den Jugendlichen, sagt Roksana Lichte. Miteinander leben und lernen müsse gelernt werden. Nach der Schule begann sie ein Studium der Rechtswissenschaften an der Viadrina in Frankfurt (Oder) und dann in Slubice, an der Filiale der Universität zu Posen. In ihrer Magisterarbeit befasste sich Roksana Licte mit einem Vergleich des Vereinsrechts in Deutschland und in Polen. Eine gute Voraussetzung für die jetzige Arbeit. Roksanas Mann ist Rechtsanwalt und arbeitet in Berlin in der Bundesgeschäftsstelle der Johanniter-Unfallhilfe als Leiter der Auslandsabteilung. 2002 organisierte er als damaliger Europareferent der Hilfsorganisation gemeinsam mit anderen ein erstes internationales Johanniter-Jugendtreffen. Und da lernte Roksana ihn kennen.
Nun ist sie hier, pendelt zwischen zwei Ländern, fühlt sich in beiden wohl, kennt die Unterschiede und die sich entwickelnden Gemeinsamkeiten.
Man brauche, sagt der Abgeordnete, einen langen Atem, beispielsweise um Jugendlichen den Nachbarstaat näherzubringen und sie zu ermuntern, das jeweils andere Land kennenzulernen. Jugendaustausch sei da sehr wichtig, sagt er. „Wir machen das seit zehn Jahren, und es ist spürbar, dass sich etwas entwickelt und bewegt.” So jemand wie er könne ja oft nur einen Anstoß geben, einen Impuls. Aber er habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Menschen dann daraus selbst etwas entwickeln. Er mache, sagt der Abgeordnete, immer auch Wahlkampf für Europa, wenn er in Polen unterwegs sei. Zum Beispiel halte er in Allenstein Vorträge vor Studenten. „Da werbe ich natürlich für die europäische Idee. Die da studieren werden vielleicht demnächst in Polen Politik machen. Das ist langfristige Beziehungsarbeit.”
Roksana Lichte lächelt. Sie weiß, dass es noch immer am besten ist, die Dinge in die Hand zu nehmen und etwas zu versuchen. Sie hat es bisher in ihrem Leben so gehalten, und es ist gut so gewesen.
Jetzt aber wird erst einmal eine Pause sein mit der Arbeit. Pause für Anna, die bald auf die Welt kommt. Georg Schirmbeck wünscht Glück mit dem und im neuen Leben. „Ich finde es sehr schön”, sagt er, „dass wir uns kennengelernt haben.”
Fläche: 312.685
Quadratkilometer
Einwohner: rund 38,5 Millionen
Währung: Z?oty
Hauptstadt: Warschau
Amtssprache: Polnisch
Staatsform: Republik
Nationalhymne: Mazurek D?browskiego („D?browskis
Mazurka”)
Kfz-Kennzeichen: PL
Telefonvorwahl: +48
EU-Mitglied seit: 1. Mai 2004
Nationalfeiertag: 3. Mai (erste polnische
Verfassung 1791); 11. November (Unabhängigkeit 1918)
Interessant: Polen ist die europäische Heimat
der Störche. Mehr als 50.000 Paare — ungefähr ein
Viertel des weltweiten Bestandes — nisten jedes Jahr dort,
die meisten von ihnen in Masuren.
Fraktion: CDU/CSU in
Ohrbeck (Niedersachsen)
Geboren: 6. Oktober 1949
Wohnort: Hasbergen (Niedersachsen)
Ausbildung: Soldat, Major d. R.
Beruf: Geschäftsführer
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Stv. Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe
georg.schirmbeck@bundestag.de
www.schirmbeck.info
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Text: Kathrin Gerlof
Erschienen am 11. Mai 2007