Familie. Im Interesse der Vereinbarkeit von Familienleben und Beruf will die Bundesregierung das Angebot an Tagesbetreuung im Osten Deutschlands sichern und im Westen der Bundesrepublik, insbesondere für Kinder im Alter von unter drei Jahren, ausbauen. Dies sei ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Familienpolitik. Die Bundesregierung hat dazu einen Gesetzentwurf ( 15/3676) vorgelegt.
Die Verpflichtung, für Kinder im Alter unter drei Jahren nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege vorzuhalten, und zwar durch die Vorgabe gesetzlich formulierter Kriterien für einen Mindestbedarf, würden damit konkretisiert. Die Regierung ist der Ansicht, die gefundenen Regelungen helfen Müttern und Vätern, Berufstätigkeit und Kindererziehung zu vereinbaren, die Erfüllung eines Kinderwunsches zu erleichtern und Chancen für Familien und die Gesellschaft insgesamt zu erweitern. Die Umsetzung dieser Forderung sei ein Auftrag von Verfassungsrang. Betrachte man den internationalen Vergleich, hinke Deutschland hinter der Entwicklung in vergleichbaren Industriestaaten hinterher. Die Kinderbetreuung sei eine Feld, auf dem in Deutschland ein "erheblicher Modernisierungsbedarf" bestehe, heißt es weiter.
Von einer bundesrechtlichen Regelung eines Rechtsanspruches auf Tagesbetreuung für alle Kinder unter drei Jahren hat die Regierung abgesehen. Zur Begründung führt sie an, eine solche Regelung würde bundesweit weder den Bedürfnissen von Eltern noch den von Kindern entsprechen. Der Entwurf würde auch von einem an bestimmte Voraussetzungen geknüpften subjektiven Recht auf Tagesbetreuung in dieser Altersgruppe absehen. Eine solche Regelung, so die Regierung, biete sich nach Ablauf der Übergangsfrist im Jahr 2010 an und sei "vorher nicht handhab- und durchsetzbar".
Der vorgesehene bedarfsgerechte Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder, insbesondere im Alter unter drei Jahren, führe in den westlichen Bundesländern zu jährlichen Mehrkosten in Höhe von knapp 1,77 Milliarden Euro ab dem Jahre 2011. Diese Ausgaben stünden Einsparungen in Höhe von 219 Millionen Euro gegenüber, die ab 2005 wirksam würden. Die Regierung rechnet auch vor, dass die stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten des Arbeitslosengeldes II und eine gleichzeitige Entlastung der Kommunen um 2,5 Milliarden Euro diesen eine Stärkung ihrer Investitionskraft und dem Ausbau einer Kinderbetreuung ermöglichen werde. Städte und Gemeinden müssten (schrittweise ansteigend bis zum Jahre 2010) jährlich 1,5 Milliarden Euro für den bedarfsgerechten Ausbau und die laufenden Kosten der Tagesbetreuung verwenden können.
Die Gesetzentwurf sieht auch eine verbesserte Steuerung, eine Verwaltungsvereinfachung und mehr Wirtschaftlichkeit für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vor. So soll unter anderem der Schutzauftrag des Jugendamtes bei Anhaltspunkten für eine Gefährdung des Kindeswohls konkretisiert werden. Dazu seien eine Ermächtigung des Jugendamtes zum Schutz des Kindes auch gegenüber den Eltern und sonstigen Sorgeberechtigten bei akuter Gefährdung geplant.
Der Bundestag hat am 9. September die Vorlage beraten und an den Fachausschuss überwiesen. bob