Das Parlament: Mitte Januar ist [ju:ni:k] an den Start gegangen. Sie sind darauf angewiesen, dass Jugendliche den Verkauf des Magazins ehrenamtlich übernehmen. Haben sich schon Schüler dazu bereit erklärt?
Stephan Reimers: Bislang haben sich 81 Jugendliche auf unserer Internetseite als Verkäufer registrieren lassen. Der erste, der sich gemeldet hat, war übrigens ein türkischer Hauptschüler aus Nürnberg. Der hat gleich 100 Exemplare angefordert. Das fand ich toll.
Das Parlament: Und wie viele Hefte wurden bisher insgesamt bestellt?
Stephan Reimers: Etwa 10.000. Wir hatten ja zum Start insgesamt 75.000 Hefte an 15.000 Schulen in ganz Deutschland geschickt. Von diesen Schulen haben etwa 100 bereits nachbestellt.
Das Parlament: Dennoch: Ist es nicht zu optimistisch zu glauben, dass sich eine große Zahl von Jugendlichen für entwicklungspolitische Themen begeistern lässt?
Stephan Reimers: Meine Erfahrung ist, dass Jugendliche für uneigennützige Ziele durchaus ansprechbar sind und eine tiefe Hilfsbereitschaft in ihnen schlummert. Sie müssen nur angesprochen werden. Und ich hoffe natürlich sehr, dass [ju:ni:k] mit seiner professionellen Machart einerseits und seiner deutlichen Prägung durch Schüler andererseits ein Medium ist, das viele junge Menschen anspricht. Ob das wirklich klappt, ist natürlich auch für uns noch eine offene Frage. Letztlich fällt die Entscheidung, ob es ein erfolgreiches Projekt wird, an den Schulen.
Das Parlament: Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, ein Magazin von Schülern für Schüler zu initiieren, das sich überwiegend mit Entwicklungspolitik beschäftigt?
Stephan Reimers: Der Gedanke dazu entstand im Herbst 2004. Damals las ich in einem Zeitungsbericht, dass rechtsradikale Jugendliche sehr erfolgreich Nachwuchs an Schulen rekrutieren. Das hat mich schockiert. Ich habe überlegt, wie man konstruktive Bindungsmöglichkeiten schaffen kann. Dann habe ich mir allerdings ausgemalt, welche Hindernisse zu überwinden wären, um so ein Projekt auf die Beine zu stellen: Schüler als Partner gewinnen, 16 Landesschulverwaltungen von der Idee überzeugen, Sponsoren für die Anschubfinanzierung suchen…
Das Parlament: Abschrecken lassen haben Sie sich von diesen Schwierigkeiten aber offensichtlich nicht.
Stephan Reimers: Zunächst schon. Doch dann kam der Tsunami. Der Bundeskanzler rief zu Partnerschaften mit den betroffenen Gebieten auf, Schulen engagierten sich. Da war mir klar: Für jede Idee gibt es einen entscheidenden Zeitpunkt.
Das Parlament: Inzwischen läuft bereits die Arbeit an der zweiten Ausgabe, die im Mai erscheinen soll. Wird sich am Redaktionskonzept etwas ändern?
Stephan Reimers: Ja. Das Politische ist in der ersten Ausgabe ein bisschen zu kurz gekommen. Wir überlegen deshalb, in Zukunft an einem festen Platz im Heft aktuelle Entwicklungspolitik zu beleuchten, sei es die Zuckermarktordnung oder den Schuldenerlass. Ich könnte mir auch vorstellen, dass zwei Schüler ein Interview mit einem Politiker, zum Beispiel mit Frau Wieczorek-Zeul, führen.
Das Parlament: Bürgerkriege, Hungersnöte, Naturkatastrophen - diese Lebenswirklichkeiten in vielen Entwicklungsländern kommen in [ju:ni:k] nur am Rande vor. Ist das Absicht?
Stephan Reimers: Sicher nicht in dem Sinne, dass wir unangenehme Dinge aussparen oder umschiffen wollen. Jede Ausgabe kreist um ein bestimmtes Thema, das junge Menschen weltweit bewegt. Diesmal ist es Freizeit gewesen. Das Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe lautet "Mit mir nicht". Sie wird von Jugendlichen handeln, die Widerstand leisten.
Das Interview führte Nicole Alexander