Er gilt als der renommierteste Kulturpreis Deutschlands und seine alljährliche Verleihung gilt als Höhepunkt der Frankfurter Buchmesse: der "Friedenspreis des Deutschen Buchhandels". Am 8. Oktober wird er an den Essayisten und Soziologen Wolf Lepenies in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, so die Begründung des Stiftungsrates, ehre damit "den wissenschaftlichen Schriftsteller, den anschaulich schreibenden Biografen, den stilsicheren Essayisten, der durch Wort und Tat belegt, dass zwischen Verhalten und Wissen, zwischen Moral und Wissenschaft ein unauflöslicher Zusammenhalt besteht".
Den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis erhält der 1941 im ostpreußischen Deuthen geborene Lepenies für sein Wirken als Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin in den Jahren von 1986 bis 2001. In dieser Zeit initiierte er ein Forschungsprogramm zum Thema Islam (1994) und setzte sich durch die Errichtung von Wissenschaftszentren für den Kulturaustausch vor allem mit den osteuropäischen Ländern ein. In der Begründung zur Preisverleihung heißt es: "In den 15 Jahren seines Rektorates wurde das Wissenschaftskolleg zu Berlin zu dem vielleicht anregendsten und freisten Ort Europas, zu einer Begegnungsstätte von westlicher Rationalität und östlicher Weisheit (...) Den Samen dieses freiheitlichen Denkens hat er nach dem Fall der Mauer mit großer Tatkraft auch in anderen Städten und Institutionen gepflanzt, in St. Petersburg und in Warschau, in Sofia, in Bukarest und in Mali, und dadurch Völker und Kulturen im friedlichen Gespräch zusammengeführt. An die Stelle des Drohbildes vom ,Zusammenprall der Kulturen' hat er das Hoffnungsbild kultureller Lerngemeinschaften gesetzt und solche Gemeinschaften in seinem Umkreis beispielhaft begründet. Er hat dem Frieden unter den Völkern einen Wurzelgrund gegeben."
Seit seiner ersten Verleihung im Jahr 1950 wurden Schriftsteller, Philosophen, Wissenschaftler und Politiker, die zur Verwirklichung des Friedensgedanken maßgeblich beigetragen haben, mit dem Friedenspreis ausgezeichnet. Unter den Preisträgern finden sich so prominente Namen wie Albert Schweitzer (1951), Astrid Lindgren (1973), Vaclav Havel (1989) und Jürgen Habermas (2001).
In der Vergangenheit hat die Verleihung des Friedenspreises auch immer wieder zu heftigen Kontroversen geführt. Annemarie Schimmel sah sich 1995 mit dem Vorwurf konfrontiert, ihr mangele es an Distanz zu fundamentalistischen Positionen des Islams. Günter Grass löste heftige Debatten aus, weil er während seiner Laudatio auf den türkischen Preisträger des Jahres 1997, Yasar Kemal, die Kurdenpolitik der Bundesregierung kritisierte. Und 1998 entfachte der Preisträger Martin Walser mit seinen provokanten Thesen zum Holocaust monatelange Diskussionen über den Umgang mit der deutschen Geschichte.
Von Wolf Lepenies, der laut eigener Aussage keinen Skandal bei der diesjährigen Preisverleihung auslösen möchte, liegt aktuell sein Buch über das Verhältnis von Kultur und Politik in Deutschland vor.
Wolf Lepenies: Kultur und Politik. Deutsche Geschichten. Carl Hanser Verlag, München, Wien 2006; 448 S., 29,90 Euro.