Herausgeber Florian Legner nimmt mit seinem Sammelband "Solidaridad - Deutsche im Spanischen Bürgerkrieg" diejenigen genauer unter die Lupe, die es aus Hitlers Reich an die Fronten der iberischen Halbinsel verschlagen hatte.
20.000 Wehrmachtssoldaten - vor allem Luftwaffen-Einheiten - entsandte Hitler in den Jahren des Krieges als Unterstützung für Franco. Die deutschen Motive für den Einsatz der so genannten Legion Condor in Spanien waren vielfältig: Die Bildung eines linksliberalen, sowjetfreundlichen Blocks mit Frankreich und Spanien sollte verhindert werden. Das Land sollte sich "in der bestimmt zu erwartenden endgültigen Auseinandersetzung über die Neuordnung Europas (...) nicht im Lager (...) der Feinde, sondern möglichst der Freunde Deutschlands befinden". Neben diesen geopolitischen Erwägungen war für das massiv aufrüstende Deutschland der Zugriff auf spanische Rohstoffe interessant.
Spanien wurde zum großen Testfall für die deutschen Flieger. Die Truppe trainierte Einsatzformen und Taktiken unter den Bedingungen eines echten Krieges. Der Stabschef der Legion Condor notierte zufrieden in sein Tagebuch: "Die Tatsache, dass wir endlich richtige Städte zum Wurf freibekommen, stellt in Aussicht, die eigene Bombenwirkung zu ermitteln." Systematisch griff die Legion spanische Städte an - die Vernichtung der baskischen Stadt Guernica ist das bekannteste von vielen Beispielen. Haben die deutschen Bomben den Krieg entschieden? Sicher nicht, aber zweifellos hätte Franco ohne die Legion nicht so schnell gesiegt.
Auf der republikanischen Seite duckten sich hunderte deutscher Freiwilliger in den Internationalen Brigaden unter den Angriffen der deutschen Flugzeuge. Was trieb sie an? Die Ereignisse in Spanien berührten die deutsche Linke ganz besonders: "Denn den Riss durch ein ganzes Volk gab es auch in Deutschland", schreibt Patrik von zur Mühlen in seinem Aufsatz. Seit Jahren waren die Demokratien in Europa auf dem Rückzug. "In Spanien aber (...) hatten schlecht bewaffnete Volksmassen den Staatsstreich (...) in weiten Teilen des Landes zurückgeschlagen. Spanien wurde für viele Antifaschisten zum Fanal euphorischer Hoffnungen." Die Parole lautete: "Vor Madrid können Hitler und Mussolini geschlagen werden." Überall in Europa riefen kommunistische und sozialistische Parteien sowie Gewerkschaften zum Kampf gegen Franco auf. Etwa 40.000 Freiwillige folgten diesem Ruf - unter ihnen etwa 3.000 Deutsche - und kämpften in den Internationalen Brigaden.
Florian Legner hat für seinen Sammelband namhafte Experten gewinnen können. "Solidaridad" ist auch eine gelungene Überblicksdarstellung zum Spanischen Bürgerkrieg, die verständlich macht, warum es so viele Deutsche an die Fronten der iberischen Halbinsel verschlagen hatte - freiwillig oder unfreiwillig.
Einer, der freiwillig nach Spanien ging, war Ludwig Renn. Er entstammte dem sächsischen Adel und hieß ursprünglich Arnold Friedrich Vieth von Golßenau. Im Ersten Weltkrieg diente er als Offizier, zum Schluss als Bataillonskommandeur. 1928 trat er der Kommunistischen Partei bei, legte sich einen anderen Namen zu und wurde mit seinem Roman "Krieg" über seine Erlebnisse 1914 bis 1918 international bekannt. Nachdem er anderthalb Jahre im Zuchthaus gesessen hatte, flüchtete er aus Hitlers Reich nach Spanien. Dort kämpfte er als Kommandeur des internationalen Thälmann-Bataillons und als Stabschef der XI. Internationalen Brigade. 1950 veröffentlichte Renn in Ostberlin seinen weitgehend ungeschminkten Erlebnisbericht "Der Spanische Krieg". Renns Buch stieß bei vielen DDR-Größen, die einst selbst als Kämpfer oder Partei-Funktionäre an den spanischen Fronten waren, auf heftige Kritik. Er wurde genötigt, eine stark redigierte und gekürzte Neufassung zu veröffentlichen. Günther Drommer hat jetzt eine kommentierte Fassung des Ursprungstextes herausgegeben.
Renn beschreibt, wie die anfängliche Begeisterung in den Schützengräben allmählich verflog. Die Ausbildung der Interbrigadisten war meist schlecht, ihre Bewaffnung miserabel. Wie ein roter Faden zieht sich die Verzweiflung des einstigen kaiserlichen Offiziers angesichts des Dilettantismus der Volksfronttruppen durch das Buch. "Zu Mittag geben sie ein paar Schüsse ab und gehen dann zurück ins Dorf, um zu essen. Später besetzen sie wieder die Barrikade und schießen wieder ein bisschen. Wenn es am Abend dunkel wird, gehen sie zurück ins Dorf, um zu schlafen. Sie kennen nichts anderes als diese Art der Kriegsführung."
Renn schildert sehr detailliert und anschaulich die Stimmung an der Front und die Motive der freiwilligen Kämpfer. Das Buch ist vor allem für Leser zu empfehlen, die sich zuvor einen Überblick über diesen komplexen Konflikt verschafft haben.
An vielen Stellen beschreibt Renn den politischen Zwist innerhalb der Volksfront der Republik. Der überzeugte Kommunist kann dabei sein Misstrauen gegenüber Anarchisten und Sozialdemokraten nicht verhehlen. Das Aus für die Internationalen Brigaden kam per Dekret des Ministerpräsidenten Juan Negrín im September 1938. Mit der Auflösung der Brigaden wollte er den internationalen Charakter des Krieges entschärfen. Renn landet schließlich wie viele seiner Kameraden in einem französischen Gefangenenlager. Sein Fazit ist bitter: "Und Spanien? Sein schlimmstes Problem im Krieg war nicht der Mangel an militärischer Erfahrung. (...) Den größten Schaden richtete der Wirrwarr der Parteien an." Vorausblickend schreibt er 1950: "Der Kampf des spanischen Volkes um seine endgültige Freiheit wird wohl anders aussehen als der vergangene Krieg." Damit sollte er Recht behalten. Den unblutigen Wandel von der Franco-Diktatur zur Demokratie hat Renn, der 1979 starb, noch erlebt.
Florian Legner (Hg.): Solidaridad. Deutsche im Spanischen Bürgerkrieg. Vorwärts Buch, Berlin 2006; 214 S., 24 Euro.
Günther Drommer (Hg.): Ludwig Renn: Der Spanische Krieg. Dokumentarischer Bericht. Erstveröffentlichung nach dem ursprünglichen Manuskript. Das Neue Berlin, Berlin 2006; 480 S., 29,90 Euro.