Sportlich ging es zu in der öffentlichen Anhörung des Sportausschusses am vergangenen Mittwoch. Von Angriff und Kampf war die Rede, aber auch immer wieder von verfassungsrechtlichen Bedenken und von fehlenden Rechtsgütern. Eigentlich jedoch ging es um Doping. "Immer neue Dopingskandale erschüttern den Sport", sagte der Ausschussvorsitzende Peter Danckert (SPD) zu Beginn. Es gelte die Frage zu erörtern, ob in Zukunft auch der Besitz von Dopingmitteln verboten wird und damit dopende Sportler strafrechtlich verfolgt werden können. Genau dies sieht ein bayerischer Gesetzentwurf vor, der im Bundesrat vorgestellt wurde. Geht es nach Danckert, ist damit die Linie im Kampf gegen Dopingmissbrauch vorgezeichnet (siehe Interview). Doch nicht alle wollen diesem Weg folgen.
Thomas Bach, als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) einer der einflussreichsten Sportfunktionäre im Land, war skeptisch. Man solle sich auf das "juristisch Machbare" konzentrieren, forderte er. Die strafrechtliche Verfolgung der Athleten lehne er ab, da sie die Möglichkeiten der Sportgerichtsbarkeit aushebele. Dort gebe es keine Unschuldsvermutung für positiv getestete Athleten. Im Strafrecht gelte hingegen: Im Zweifel für den Angeklagten. "Rechtstheoretisch kann man große Gebäude aufbauen", "in der Praxis sieht es aber oft anders aus."
Markus Hauptmann, Vorstandsmitglied der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA), sah hingegen sportgerichtliche Sanktionsverfahren von einer strafrechtlichen Verfolgung nicht behindert. Er bezeichnete die Ermittlungsmöglichkeiten der Sportgerichtsbarkeit als unzureichend: "Wir können Proben des Athleten nehmen, aber mehr auch nicht." Gebraucht würden umfangreichere Ermittlungsmöglichkeiten.
"Ich kann keine Hausdurchsuchung durchführen, und Herr Bach auch nicht", sagte Hauptmann. Dazu benötige man Polizei und Staatsanwaltschaft, die ihrerseits eine gesetzliche Grundlage bräuchten. Ein Antidopinggesetz mit dem Straftatbestand des "Sportbetruges" könne eine solche sein. Da hatte Hans Kudlich, Strafrechtsprofessor an der Universität Erlangen, Bedenken. Eine derartige Regelung sei "verfassungsrechtlich fragwürdig". Man müsse im Strafrecht tragfähige Rechtsgüter bestimmen, die für die Einführung eines neuen Straftatbestandes geeignet seien: "Welche sollen das in diesem Fall sein?" Weder die Gesundheit der Sportler noch ethische Begriffe wie Fairness oder der Vermögensschutz für Veranstalter kämen in Frage.
Derartige Bedenken kennt der Tübinger Sportwissenschaftler Helmut Digel zur Genüge. Immer wieder habe er feststellen müssen, dass nach kurzer öffentlicher Erregung der Sport mit dem Problem allein gelassen worden sei. "Es muss eine neue gesetzliche Regelung her", sagte Digel. Das alte Arzneimittelgesetz reiche nicht aus. Zu viele Juristen würden sich zu Wort melden, wo doch eine "politische Entscheidung" gefordert sei, kritisierte er. Man dürfe sich, so warnte er die Abgeordneten, in dieser Frage nicht parteipolitisch gegeneinander ausspielen lassen. "Das entscheidende Problem ist doch: Kommen wir zu einer Lösung oder verharren wir im Nichtstun, weil wir uns nicht einig sind?" Ein bisschen sieht es auch nach dieser Anhörung danach aus - es steht nach wie vor Unentschieden.
Im Parlamentsfernsehen unter www.bundestag.de ist eine Diskussion zum Thema zu finden.