IMMOBILIEN
Zulassung steuerbegünstigter Gesellschaften stößt noch auf Vorbehalte
Das Vorhaben der Bundesregierung, in Deutschland steuerbegünstigte Immobilien-Aktiengesellschaften mit Börsennotierung nach angelsächsischem Vorbild zuzulassen, findet nicht nur Befürworter. In der Koalition war es die Union, die das Gesetzesvorhaben vorangeschoben hat, während die Bremser in den Reihen der SPD saßen. Zurzeit befindet sich der Gesetzentwurf zur Zulassung der Real Estate Investment Trusts, kurz Reits, in der parlamentarischen Beratung. Im Finanzausschuss tauschten am 28. Februar Fachleute ihre Argumente aus. So richtig zufrieden ist aber niemand.
Die Befürworter freuen sich zwar darüber, dass es in Deutschland überhaupt bald Reits geben wird, halten aber einige der im Gesetzentwurf genannten Voraussetzungen für eher hinderlich. Die Gegner sind grundsätzlich der Meinung, dass man so etwas eigentlich gar nicht bräuchte. Wenn Reits aber schon nicht zu verhindern sind, dann sollten sie keine Steuerausfälle verursachen und keine Unruhe in die gewachsene deutsche Wohnungswirtschaft tragen.
Ziel der Regierung ist es, mit dem Gesetzentwurf ( 16/4026 , 16/4036 ) eine Lücke bei der indirekten Immobilienanlage zu schließen, um Wettbewerbsgleichheit gegenüber anderen europäischen Finanz- und Immobilienstandorten zu erreichen. Mit dem Reits-Status ist eine Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer verbunden, wenn die Aktiengesellschaft mindestens 90 Prozent ihrer Erträge ausschüttet und mindestens 75 Prozent ihrer Einkünfte aus Immobilien erzielt. Die Reits-AG muss mindestens 75 Prozent ihres Vermögens in Immobilien anlegen.
Um das Steueraufkommen aus Miet- und Pachteinkünften sowie aus Gewinnen von Immobilienverkäufen zu sichern, darf es keine direkte Beteiligung von zehn Prozent oder mehr am Grundkapital der AG geben. Zumindest soll dann die Dividende nicht der günstigen Besteuerung unterworfen werden, wie sie sich sonst aus Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Staaten ergeben würde. Die SPD setzte im Entwurf durch, dass Reits vor 2007 gebaute Wohnimmobilien nicht erwerben dürfen, was beispielsweise vom Deutschen Mieterbund und vom Deutschen Gewerkschaftsbund unterstützt wird. Würden größere Wohnbestände von Finanzinvestoren gehalten, wäre eine stärkere Renditeorientierung zu befürchten und Instandhaltungen und Modernisierungen würden zurückgestellt, meint Franz-Georg Rips vom Mieterbund. Nach Auffassung von Dierk Hirschel vom DGB wären Wohnimmobilien für die Inves-toren nur rentabel, wenn sie die Möglichkeiten, die Miete zu erhöhen, maximal ausnutzen würden.
Für die Aufnahme von Bestandswohnungen spricht sich dagegen Bärbel Schomberg von der Deutschen Gesellschaft für Immobilienfonds aus. Die Reits bewegten sich als Investoren in einem gesetzlich vorgegebenen Rahmen, müssten in ihre Wohnungen investieren und die Mieter "pflegen". Eckart John von Freyend vom Zentralen Immobilien-Ausschuss (ZIA) der deutschen Immobilienwirtschaft warnt vor einem "deutschen Sonderweg", weil nirgendwo sonst Wohnimmobilien von Reits ausgeschlossen seien. Immerhin entfielen von den Immobilienvermögen in Höhe von 7 Billionen Euro in Deutschland 4 Billionen Euro auf Wohnungen. Außerdem könne der gesetzlich Ausschluss nicht verhindern, dass Wohnungen in den Bestand ausländischer Reit-Gesellschaften gelangen.
Die geplante Einführung einer so genannten Exit Tax entzweit die Fachleute. Dabei handelt es sich um eine bis Ende 2009 befristete steuerliche Begünstigung für Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien an einen Reit oder an einen offenen Immobilienfonds. Wenn die verkaufte Immobilie mindestens zehn Jahre zum Betriebsvermögen gehört hat, wird die Differenz zwischen Verkaufspreis und Buchwert nur zur Hälfte von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer erfasst. Damit will die Bundesregierung Anreize schaffen, damit sich Reits möglichst rasch entfalten können. Matthias Roche von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst& Young plädiert - wie auch andere Sachverständige - dafür, den Zehnjahreszeitraum zu halbieren. Nach Auffassung von Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft wird es zu so genannten Sale-and-lease-back-Gestaltungen kommen, bei denen Betriebe ihr Immobilienvermögen steuerbegünstigt verkaufen und anschließend zurückmieten.
Frank Balmes von der KPMG Deutsche Treuhandgesellschaft beklagt, dass der Entwurf keine Ausnahme von der Vollbesteuerung der Dividenden einer Reit-AG beim Anleger vorsieht, wenn die Reit-AG direkt oder indirekt in ausländische Immobilien investiert. In diesem Fall käme es zu einer Doppelbelastung, so Balmes, weil die Einkünfte aus ausländischen Immobilien bereits dort besteuert würden.
Diese Gefahr wird auch beim ZIA gesehen, der verlangt, dass für solche "vorbelasteten" Ausschüttungsteile der Anleger die hälftige Dividendenbesteuerung des Halbeinkünfteverfahrens greift.
Zugleich fordert der ZIA aber auch, die Exit Tax auf das Einbringen von Immobilien in andere Kapitalmarktprodukte wie geschlossene Immobilienfonds, bestehende Immobilien-Aktiengesellschaften oder Immobilien-Spezialfonds auszuweiten. Würde dies nicht geschehen, gäbe es auf Jahre eine "klare wettbewerbliche Verzerrung" bei den indirekten Immobilienanlagen in Deutschland.
Dies sieht auch der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen so. Die Exit Tax in ihrer jetzigen Form würde massiv jene Unternehmen benachteiligen, die ihr Immobilien-Vermögen nicht über Reits, sondern über herkömmliche Verfahren des Outsourcings von Immobilien-Investitionen mobilisieren, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes.
Einer der profiliertesten Kritiker des Entwurfs ist der Wiesbadener Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass. Durch Reits würden steuerehrliche inländische Kapitalanleger, die bis zu 42 Prozent Steuern zahlen müssten, gegenüber ausländischen Investoren, die in Deutschland für die gleichen Immobilieneerträge nur zehn Prozent Kapitalertragsteuer zu zahlen hätten, eklatant benachteiligt. Jarass erwartet Steuerverluste von über einer Milliarde Euro pro Jahr. "Ein dickes Verlustgeschäft für den Fiskus", lautet das Fazit des streitbaren Professors.
Jarass empfiehlt, Mieterträge aus deutschen Immobilien wie alle anderen Unternehmenserträge auch der Körperschaft- und der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Mieterträge aus ausländischen Immobilien sollten generell beim Zufluss nach Deutschland steuerfrei sein.
Einige Sachverständige machen darauf aufmerksam, dass es für die Reit-AG schwierig sein kann, jederzeit zu überwachen, dass kein Aktionär zehn oder mehr Prozent am Grundkapital hält.
Nach Einschätzung von Roland Schmidtbleicher vom Institute for Law and Finance der Frankfurter Universität sowie von Rechtsanwalt Hannes Klühs kann diese Klausel durch die zusätzliche Beteiligung an Tochtergesellschaften, die ihrerseits Anteile halten, umgangen werden. Die Reit-AG sei nicht in der Lage festzustellen, welcher Aktionär wann die Zehn-Prozent-Grenze überschritten hat, um dann dagegn vorzugehen.