EU-AUSSENPOLITIK
Europaparlament billigt Ahtisaari-Plan. Solana plädiert für einheitliche EU-Position.
Es gibt wohl nur wenige Länder, die der Hohe Vertreter der Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Javier Solana, nicht kennt: Und er bemerke überall, dass ein stärkeres Engagement Europas erwünscht sei, so Solana - nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Union. "Wir werden ständig aufgefordert, Präsenz zu zeigen, an verschiedenen Orten, in verschiedenen Konflikten." In der Debatte über die gemeinsame Außenpolitik 2007 am 29. März forderten die Abgeordneten die Außenminister der EU auf, bei ihrem Treffen in Bremen "eine einheitliche Position zur Kosovo-Frage zu erzielen". Dementsprechend befürwortete das Europäische Parlament den vom UN-Sondervermittler Marti Ahtisaari ausgearbeiteten Plan für eine weitgehende Autonomie des Kosovos. 490 Abgeordnete sprachen sich für einen entsprechenden Bericht des grünen Balkanexperten Jost Lagendijk aus, nur 80 Abgeordnete waren dagegen, 87 enthielten sich der Stimme.
Der Berichterstatter nannte diese Entscheidung "die logische Folge aus einem langen Prozess in diesem Parlament". Jeder wisse, dass die Region die Kriegsfolgen nur überwinden könne, wenn das Kosovo einen eindeutigen politischen Rahmen erhalte. "Eine bestimmte Form der Unabhängigkeit ist unabdingbar, ob es uns gefällt oder nicht." Lagendijk bedauerte, dass die Diskussion oft auf die so genannte "Statusfrage" verkürzt werde. Viel wichtiger sei, dass die Provinz endlich Zugang zu Weltbank- und IWF-Krediten erhalte.
Das EU-Parlament will, dass der multiethnische Charakter des Kosovos erhalten bleibt. Starke internationale Präsenz, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich, sei deshalb auf Jahre hinaus unverzichtbar. Das sieht auch der für Erweiterung zuständige EU-Kommissar Olli Rehn so. Vor dem Europaparlament sagte er: "Wir haben keinen Plan, wie wir uns aus der Region zurückziehen könnten, sondern nur einen Plan, wie wir uns noch stärker engagieren können." Zwischen 1.500 und 2.000 zivile und militärische Helfer würden für die EU-Mission gebraucht. Rehn schätzt, dass für den Wiederaufbau in den ersten drei Jahren zwischen 1,3 und 1,5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten benötigt werden. Zum Ahtisaari-Plan sagte er: "In einer idealen Welt würden sich die beiden Konfliktparteien auf einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss geeinigt haben. In einigen praktischen Fragen wurde auch Übereinstimmung erzielt. Leider blieben die Gegensätze zwischen Belgrad und Pristina in der Statusfrage unüberbrückbar."
Der deutsche Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Günter Gloser, der in der Debatte die Ratspräsidentschaft vertrat, sagte: "Nach unserer Auffassung hat Ahtisaari es richtig gemacht, nicht länger zu verhandeln." Der Außenvertreter der Union, Javier Solana, kommentierte den Ahtisaari-Plan inhaltlich nicht. Er sagte aber "große Schwierigkeiten mit Russland und wahrscheinlich auch mit China" voraus, sollte der Plan in die Tat umgesetzt werden. "Wenn der UN-Sicherheitsrat seine Entscheidung zur Statusfrage getroffen hat, haben wir eine riesige Verantwortung zu übernehmen. Die EU wird für die Sicherheit sorgen müssen." Das werde die wohl schwierigste Mission, vor der die EU je gestanden habe.
Wie mehrere Europaabgeordnete wies auch Solana darauf hin, dass eine klare EU-Beitrittsperspektive für das Kosovo und für Serbien die Lage in der Region positiv verändern könne. Jost Lagendijk forderte das Europaparlament auf, eine eindeutige Haltung zum Kosovo einzunehmen. "Das würde es Russland schwieriger machen, die EU auseinanderzudividieren." Javier Solana widmete einen großen Teil seiner Rede der Lage in Palästina. Die Chancen für eine Lösung des Konflikts seien nach Bildung einer neuen Regierung wieder gestiegen. Solana deutete an, dass die EU die regulären Zahlungen an die palästinensische Autonomiebehörde möglichst schnell wieder aufnehmen solle. "Es wird immer gesagt, dass einige Mitglieder der neuen Regierung völlig unbekannt seien. Ich kenne den neuen Außenminister seit vielen Jahren, er gehört keiner politischen Formierung an, sondern ist ein Intellektueller. Der neue Finanzminister ist ein alter Freund, ein ehrlicher Mann, dessen politischen Werdegang wir kennen."
Zum amerikanischen Vorhaben, in Tschechien und Polen eine Raketenabwehr zu installieren, äußerte sich der außenpolitische Repräsentant der EU in diplomatisch vorsichtigen Formulierungen: "Das Recht auf Souveränität eines Mitgliedstaates muss in Einklang gebracht werden mit den Interessen der EU und dem Sicherheitsrat."
Wesentlich deutlicher wurde Martin Schulz, der Chef der sozialistischen Fraktion: "Mit Russland sollten wir nicht darüber reden, wie wir uns über einen Raketenschild einigen können, sondern wie man ihn verhindert." Gegen Selbstmordattentäter helfe keine Raketenabwehr. Milliarden würden dafür ausgegeben, die Rüstungsspirale immer weiter zu treiben. Doch die Ursachen für Konflikte - Seuchen, Hunger, Armut und Unterentwicklung - würden nicht bekämpft.