SCHWARZMEERPOLITIK
Die Probleme der Region wachsen, aber schlüssige Konzepte fehlen
Blaues Meer, weißer Sand und bunte Sonnenschirme: Das Schwarze Meer ist für viele eine beliebte und preiswerte Urlaubsregion. Seit die Anrainerstaaten Rumänien und Bulgarien im Januar 2007 Mitglieder der Europäischen Union geworden sind, boomt die Region noch mehr. Mit der Aufnahme der beiden Länder sind jedoch auch die ungelösten Probleme der Region näher gekommen - nach Meinung von Experten ein politisches Pulverfass.
Die Bundesregierung will im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik die Zusammenarbeit mit den Ländern der Schwarzmeer-Region ausbauen. Die dortigen Staaten seien wichtige Partner der EU im Osten, erklärte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes am 28. März im Europaausschuss. Dabei solle es aber keinen "Aufbau neuer Strukturen und Institutionen" geben, sagte er. Die EU stehe dort allerdings an der "Schwelle einer Herausforderung, an der nicht der Hebel der Integration" angesetzt werden könne, erklärte er weiter. Gleichzeitig verwies er darauf, dass bei der Intensivierung der Kooperation gerade die Frage des Verhältnisses mit Russland ausreichend beachtet werden müsse.
Auf die große geopolitische und strategische Bedeutung wies Alexander Rahr, Programmdirektor für Russland und Eurasien bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hin. Er machte deutlich, dass die Region die künftige Grenze der EU zum islamischen Raum darstelle. Gleichzeitig betonte er, dass die Schwarzmeer-Staaten insgesamt auch als Energiekorridor ein wichtiger strategischer Faktor seien: "Hier entscheidet sich unsere Energiesicherheit", sagte Rahr. Der Belarus-Experte Rainer Linder von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zeigte auf, dass es in der Region große Sicherheitsprobleme und ein Entwicklungsdilemma gebe - auch weil dort momentan keine regionale Führungsmacht existiere. Neben der Frage der Identität des Raumes gebe es oftmals nur kurzlebige Regierungen mit kurzfristigen Interessen. Er verwies dabei auf die zahlreichen, ungelösten Probleme der Region. "Unsere Instrumente sind nicht scharf genug", sagte er und forderte eine neue Form einer Modernisierungspartnerschaft mit der EU. Demgegenüber gebe es in der Region große Erwartungen und Hoffnungen in Richtung Europäische Union: "Wir wollen nach Brüssel und nicht nach Beslan", gab Lindner die Stimmung wieder.
Im Ausschuss herrschte bei der anschließenden Aussprache offenbar Einigkeit darüber, dass sich die Schwarzmeer-Region künftig zu einem der großen außenpolitischen Brennpunkte entwickeln könnte - mit Auswirkungen auf die verschiedensten Politikbereiche in der EU.