Er steht an der letzten Stelle der Küche und ist doch der oberste Chef. Kein Teller erreicht den Gast, ohne dass Mario Haubert seinen Blick darauf geworfen hat. "Nur was ich auch selbst essen würde, bekommt der Gast", sagt der Küchenchef des Restaurants im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestags, einem der anspruchsvollsten gastronomischen Betriebe im Haus. Hier gibt es keine "Convenience"-Produkte, keine Fertiggerichte. Egal ob Bandnudeln, Sauce Tartar oder Kartoffelkroketten - "wir schälen, raspeln, rühren, würzen, formen und backen selbst", betont Haubert. Das von Dussmann betriebene Restaurant hat seit dem Jahreswechsel sogar eine offizielle Bio-Zertifizierung. Es ist ein Prestigeobjekt und entsprechend moderat seien die Preise, erklärt Haubert das Konzept.
Nicht nur Referatsleiter feiern hier Jubiläen. Auch Abgeordnete nutzen das Restaurant für Empfänge oder zu Besprechungen. Essen Politiker anders als andere Menschen? "Nein", sagt Haubert. "Aber die Qualität muss stimmen und es muss trotzdem schnell gehen."
Der Chefkoch, am Ostberliner Müggelsee aufgewachsen, hat nach dem Berliner Maritim auch in Sankt Moritz und Zermatt Erfahrungen gesammelt. "Dort habe ich die Qualität von Produkten schätzen gelernt", erinnert er sich. Wenn ein Händler ihm ohne schlüssige Erklärung Ware weit unter Marktpreis anbietet, "dann kaufe ich nicht."
Während die vier Köche nebst vier Auszubildenden in Hauberts Restaurant täglich etwa 100 Mahlzeiten kochen, gehen einen Stock tiefer im Mitarbeitercasino jeden Tag rund 1500 Essen über den Tresen - das Stammessen zu 2,77 Euro. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse isst hier bisweilen. In der Großküche, in der mehrere 150-Liter-Töpfe und elektronische Kippbratpfannen im Einsatz sind, werden fast alle Gerichte aus Zeit- und Platzgründen ein bis zwei Tage, bevor sie auf der Speisekarte gelistet sind, gekocht. Das Prinzip heißt "Cook and Chill". Die 300 Kilogramm heißer Tafelspitz, Gulasch oder Hirschbraten kommen in den so genannten Chiller, einen riesigen Tiefkühlschrank. Der Grund: Die Speisen werden innerhalb von 90 Minuten auf drei Grad herunter gekühlt, da sich in der Phase zwischen 50 und 15 Grad vermehrt Keime bilden, erklärt Haubert, während er an Kochlöffeln vorbeigeht, die mehr an Ruder beim Paddeln erinnern als an handliche Küchengeräte. Dann schließt der Koch einen Kühlraum auf, in dem auf riesigen Paletten Kartoffelbrei, Erbsen und Möhren lagern. Daran hängen Zettel: Mittwoch, Donnerstag, Freitag. Das Essen bleibt bis zu fünf Tage haltbar und wird erst an dem Tag regeneriert - so heißt das Erwärmen in der Fachsprache - an dem es auf dem Menueplan steht. Auch dabei gibt es genaue Vorschriften: Um Salmonellen zu vermeiden, müssen Speisen, die erst in der Ausgabe erhitzt werden, eine Kerntemperatur von 80 Grad erreicht haben. Moderne Technik statt raffinierter Kochkunst? "Natürlich muss man auch hier kochen können. Die meiste Erfahrung braucht man aber wegen der ungeheuren Mengen", erklärt Haubert. In einem Gulasch von 300 Kilo landen nun mal 1,6 Kilo Salz. Damit alles schneller geht, werden die Produkte kochfertig geliefert. Allein Zwiebeln gibt es in drei Varianten: Ringe, Streifen oder Würfel. Vorgeschälte Kartoffeln werden in sechs Minuten bei 120 Grad Überdruck gar gekocht und Würstchen sollen in Zukunft bereits gegrillt bestellt werden können. Die müssen die fünf Köche dann nur noch aufwärmen: Grillaroma inklusive.
Fast alle Cafés und Restaurants im Bundestag haben unterschiedliche Konzepte. Ein architektonisch großzügiger und ungewöhnlicher Raum ist etwa das Restaurant im Paul-Löbe-Haus, von dem aus man die Dampfer auf der Spree vorbei fahren sieht. Doch keine Lokalität ist für die Öffentlichkeit zugänglich - mit Ausnahme des Kuppel-Restaurants im Reichstag. Das von Käfer betriebene Dachgartenrestaurant wird nicht allein wegen seines Essens zu einem Highlight eines jeden Berlin-Besuchs. Es ist der Ort an sich. Von dort hat man einen atemberaubenden Rundblick über die deutsche Hauptstadt. Und den kann nach vorheriger Reservierung jeder Besucher genießen.