Regierungssystem
Der Präsident ist die Nummer 1
Mit den Präsidentschaftswahlen erlebt Frankreich seinen politischen Höhepunkt. Ist in Deutschland die Bundestagswahl das zentrale Ereignis, so kommt links des Rheins der Kür des Regenten im Elysée ein höheres Gewicht zu als der Wahl der Nationalversammlung. Das hat mit der in der EU beispiellosen Machtfülle des Präsidenten zu tun - eine durchaus nicht unumstrittene Reaktion auf die 50er-Jahre mit den häufig wechselnden Kabinetten.
In Frankreich steht der Premier im Schatten des Präsidenten, der den Regierungschef ernennt (und auch entlassen kann) sowie die Grundzüge der Politik definiert. Indes ist der Staatschef nicht allmächtig: Der von ihm auserkorene Kabinettschef muss sich auf das politische Vertrauen der Parlamentsmehrheit stützen können. Dies führte in der Geschichte der 1958 ausgerufenen V. Republik bislang zwei Mal zur so genannten Kohabitation: Der Sozialist Francois Mitterrand und der Konservative Jacques Chirac mussten jeweils für einige Jahre eine Regierungsmannschaft aus dem gegnerischen Lager berufen. Der Präsident kann die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen sowie Referenden ansetzen. Der Regent im Elysée ist der oberste Repräsentant der Dip-lomatie, die Außenpolitik seine wichtigste Domäne - weshalb ein Pariser Außenminister weniger Einfluss hat als etwa sein deutscher Kollege. Zudem gebietet der Präsident als Chef der Streitkräfte über die Atomstreitmacht.
Seit 2002 dauert die Amtszeit fünf Jahre, zuvor waren es sieben Jahre. Chiracs Nachfolger zieht am 16. Mai in den Elysée ein. Im Juni finden Parlamentswahlen statt.
Wer zu den Präsidentschaftswahlen antreten will, muss 500 Unterschriften bei gewählten Volksvertretern vom Gemeinderat bis zur Nationalversammlung sammeln. Ein Bewerber ist mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählt. Dies hat seit der Einführung der Direktwahl 1965 noch kein Kandidat im ersten Durchgang geschafft. In die Stichwahl gelangen die beiden Bestplatzierten der ersten Runde. Bis auf zwei Ausnahmen haben immer ein Rechter und ein Linker den Endkampf bestritten: 1969 siegte der Gaullist Georges Pompidou gegen den liberalkonservativen Senatspräsidenten Alain Poher, 2002 schaffte es Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl gegen Chirac.