TERRORISMUS
Sicherheitsvorkehrungen führen zu Wartezeiten - und tonnenweise Müll
Flughafen Berlin-Tegel, Schalter der US-amerikanischen Continental Airlines: Höflich aber bestimmt stellt der junge Mann im Anzug den für den Flug nach New York gebuchten Passagieren die immer wieder gleichen Fragen: "Wann haben Sie Ihre Reisetasche gepackt? Wer war dabei, als Sie ihre Tasche gepackt haben? Haben Sie die Tasche dabei unbeaufsichtigt gelassen? Haben Sie ihr Handy jemals verliehen? Ist in ihrem Gepäck etwas, das möglicherweise mit einer Waffe zu verwechseln ist?"
Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen kennen insbesondere USA-Reisende seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Viele Eingriffe allerdings sind den Fluggästen kaum bewusst: Die EU beugte sich Forderungen aus Washington, wonach Fluggesellschaften bis zu 34 verschiedene Daten pro Passagier übermitteln müssen. Zu den gespeicherten Daten gehören Informationen über Kreditkarten, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Hotel- oder Mietwagenreservierungen - davon bekommt der Reisende normalerweise nichts mit.
Für jeden spürbar sind die europaweiten Reaktionen auf den vereitelten Flüssigsprengstoffanschlag von London im August 2006. Verboten ist seitdem die Mitnahme von größeren Trinkflaschen: Maximal 100 Milliliter sind zulässig. Alle Parfümflaschen, Zahn-pastatuben und andere Flüssigkeitsbehälter müssen in eine wiederverschließbare und durchsichtige Plastiktüte mit einem Volumen von einem Liter passen. Ausnahmen gelten lediglich für Babynahrung, Medikamente und Diätnahrung. Diese Regelungen und insbesondere ihre uneinheitliche und teilweise chaotische Umsetzung haben immer wieder Kritik hervorgerufen: Am Frankfurter Flughafen werden wöchentlich über 20 Tonnen an zollfreien Waren konfisziert, in Amsterdam wöchentlich 1.600 Liter Alkohol und Parfüm sichergestellt.
Viele Europaabgeordnete plädieren deshalb für eine Änderung der Vorschriften. "Wir haben große Zweifel, ob diese Vorgaben einen wirklichen Sicherheitsgewinn bringen", sagt beispielsweise der CDU-Abgeordnete Georg Jarzembowski. Sein SPD-Kollege Willi Piecyk nennt die Flughafenregelungen für Flüssigkeiten "überflüssig".
"Die Gefahren, die vom Terrorismus auf den Flugbetrieb ausgehen, dürfen weder unterschätzt noch verharmlost werden. Dennoch müssen einschränkende Maßnahmen zu Lasten der Passagiere auch ein tatsächliches Mehr an Sicherheit bringen", verlangt Piecyk.
Sollten sich die Parlamentarier nicht auf eine Abschaffung der Verbote einigen können, drohen nach Ansicht vieler Experten während der Sommerferien katastrophale Zustände auf Europas Flughäfen. Die meisten Touristen, die nur einmal im Jahr ins Flugzeug steigen, werden dann erstmals hautnah erleben, was es bedeutet, nur noch sehr eingeschränkt Flüssigkeiten im Handgepäck mit an Bord nehmen zu dürfen. Es sei zu erwarten, dass es in der Hauptreisezeit zu langen Wartezeiten kommt, weil Reisende an der Sicherheitskontrolle ihre mitgebrachten Wasserflaschen und Shampootuben abgeben müssen, prognostizieren Sicherheitsexperten.