VERKEHR, BAU, STADTENTWICKLUNG
Die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn ist derzeit allgegenwärtig - natürlich auch in der Debatte über den Verkehrsetat.
Allerdings: Begeisterung sieht anders aus.
Wer nichts tut, kann auch nichts falsch machen, sagt der Volksmund. Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Denn wenn das Nichtstun so zelebriert wird wie in der Debatte über den Verkehrshaushalt am 13. September im Bundestag, dann deutet das darauf hin, dass irgendetwas falsch läuft. Das gilt erst recht in einer so sehr auf Symbolik ausgerichteten Sphäre wie dem Parlament und das gilt ebenfalls erst Recht, wenn es um ein so heikles Thema wie die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG (DB AG) geht. Erwartungsgemäß nutzten die Abgeordneten die Debatte über den den Verkehrshaushalt, zu einer vorgezogenen Debatte über den Gesetzentwurf zur Teilprivatisierung der DB AG ( 16/6294 ), den die Bundesregierung jüngst vorgelegt hatte. Dabei wurde deutlich: Nicht nur die Opposition hat Einwände gegen die Teilprivatisierung oder zumindestens deren geplanter Umsetzung.
Während die SPD-Fraktion bei den Ausführungen von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zur geplanten Teilprivatisierung versuchte, sich durch lauten Applaus überzeugt und geschlossen zu präsentieren, blieb es bei der Unionsfraktion nahezu still. Hans-Peter Friedrich (CSU), für Verkehr zuständiger Unionsfraktionsvize, eröffnete seinen Debattenbeitrag demenstprechend beinahe beschwörend: "Diese Koalition steht fest und stark zusammen." Sein Fraktionskollege und Verkehrsexperte Norbert Königshofen (CDU) äußerte die Kritik dagegen deutlich: "Die Union will die Teilprivatisierung der Bahn", stellte er klar, "aber wir haben mit dem Gesetzentwurf Probleme." Es werde immer darüber geredet, dass die Bahn Geld brauche, so Königshofen - das wiederhole vor allem auch der Verkehrsminister. Die Frage sei doch: Wofür eigentlich? Er habe die Befürchtung, die Bahn brauche Geld für den Kauf von Unternehmen im Ausland. Zum Beispiel sei die Bahn derzeit an einer Beteiligung an der slowenischen Staatsbahn interessiert. "Darüber werden wir reden müssen", sagte Königshofen. Seiner Ansicht nach ist es begrüßenswert, wenn sich deutsche Unternehmen weltweit beteiligen und betätigen, er stelle sich aber die Frage, ob das unbedingt Staatsunternehmen sein müssten.
Noch deutlicher formulierte die Opposition ihre Kritik an der Form der Bahnprivatisierung. "Sie wollen zu einem Spottpreis öffentliches Eigentum verscheuern", warf FDP-Haushälterin Claudia Winterstein Verkehrsminister Tiefensee vor. Wie auch die anderen Oppositionsfraktionen forderte sie: "Das Netz muss komplett beim Bund bleiben." Anna Lührmann (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete den Plan zur Teilprivatisierung als "unseriös". Dies belegten drei Zahlen: Bisher habe der Bund 130 Milliarden Euro in das Schienennetz investiert, nach derzeitigen Planungen sollen in den 15 Jahren nach der Privatisierung mindestens 37,5 Milliarden hinzukommen. Aus dem Teilverkauf der Bahn würden dem Bundeshaushalt dagegen nur 4 Milliarden Euro zufließen. "Das hat doch mit solider Haushaltsführung nichts zu tun."
Die aus Reihen der SPD stammende Idee einer Bahn-Volksaktie ist für Roland Claus (Die Linke) völlig unverständlich. Die Bahn gehöre doch schon dem Bund, also jedem Bürger der Steuern zahle. "Warum sollte das Volk Aktien kaufen, die ihm eh schon gehören?" Nach Ansicht der Linken muss die Privatisierung komplett gestoppt werden, jetzt sei die letzte Chance dazu, sagte Claus.
Verkehrsminister Tiefensee und SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer verteidigten den Entwurf. Das Netz soll beim Bund, beim Volk bleiben", sagte Tiefensee. Wenn man allerdings über Klimaschutz rede, komme man an einer Stärkung der Bahn durch eine Privatisierung nicht vorbei. Dazu brauche man einen starken, integrierten Konzern der auch "außerhalb Deutschlands Fuss fassen" solle. Beckmeyer wies die Kritik am Gesetzentwurf ebenfalls vehement und lautstark zurück. Man müsse den Entwurf nur richtig lesen, rief er, dann werde klar, dass das Eigentum am Netz beim Bund bleibe, so wie es von allen Kritikern gefordert werde.
In den Hintergrund rückte bei aller Privatisierungskritik die Debatte über den Verkehrsetat 2008. Mit einem Volumen von 24,2 Milliarden Euro ist er der größte Investitionshaushalt und der viertgrößte Etat des Bundes. 12,98 Milliarden Euro (plus 296 Millionen im Vergleich zu 2007) sollen im kommenden Jahr investiert werden. Davon sollen 4,7 Milliarden Euro in den Straßenbau, 3,6 Milliarden in die Schiene und 800 Millionen in die Bundeswasserstraßen fließen.
Für energiesparende Gebäudesanierungen ist rund eine Milliarde Euro eingeplant. Gegenüber stehen den Ausgaben Einnahmen in Höhe von 4,96 Milliarden Euro. Mit 3,45 Milliarden Euro das meiste Geld nimmt der Staat mit der Lkw-Maut ein; 2008 sollen 95 Millionen Euro mehr in die Kasse kommen als im vergangenen Jahr.
Mit den Investitionen solle das Rückgrat der Wirtschaft gestärkt werden, sagte Tiefensee. Das Credo hinter dem diesjährigen Verkehrsetat sei - wie auch schon in den vergangenen Jahren -: Im investiven Bereich aufstocken, im konsumtiven Bereich einsparen. "Wir setzen im Verkehrsbereich strategische Akzente, die Deutschland voranbringen sollen und die bei den Menschen ankommen", warb der Minister. Dafür gab's auch Beifall vom Koalitionspartner.