Über die Täter ist nahezu alles bekannt: dass Ulrike Meinhof eine unglückliche Ehe führte und einen Gehirntumor hatte ebenso wie die Tatsache, dass Andreas Baader gern enge Samthosen trug. Doch wer waren die Menschen, die durch die Taten der RAF ihr Leben verloren?
Anne Siemens lässt die Opfer zu Wort kommen, die bislang niemand gehört hat: unter anderen die Ehefrau und den Sohn des Verteidigungsattachees Andreas Baron von Mirbach, der im April 1975 beim Überfall der RAF auf die deutsche Botschaft in Stockholm ermordet wurde, Corinna Ponto, deren Vater Jürgen die RAF 1977 erschoss, und Patrick, den Sohn des 1986 ermordeten Gerold von Braunmühl. Es sind beklemmende Gespräche, und sie machen deutlich, dass durch die Taten der Terroristen nicht nur die Leben ihrer Opfer ausgelöscht wurden, sondern sich auch auf brutale und plötzliche Weise die Lebenswege ihrer Familien veränderten. Sie machen klar, wie unerträglich für die Angehörigen die Selbstverklärungen und Verharmlosungen der Taten durch Täter und Sympathisanten gewesen sein müssen. Bedrückend ist Corinna Pontos Fazit: Die Täter hätten immer die Möglichkeit gehabt, zu Ex-Tätern zu werden, aber "wer einmal Opfer wurde, kann nie Ex-Opfer sein".
Anne Siemens: Für die RAF war er das System, für mich der Vater.
Piper Verlag, München 2007; 287 S., 19,90 ¤