VERBÄNDE
Die Arbeit wird meist vom Staat finanziert
Erst einmal sollten die Menschen kaufen. Verbraucherschutz bestand in der Anfangszeit der Bundesrepublik unter Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) für Westdeutschland unter anderem aus einer erleichterten Aufnahme von Krediten für Bürger. Die Wirtschaft musste angekurbelt werden. In den 70er-Jahren unter Willy Brandt (SPD) setzte sich verstärkt der Gedanke durch, dass der Verbraucher mehr benötigt als Werbung, um sich über ein Produkt zu informieren. Eine richtige Wende im Lebensmittelbereich kam aber erst nach dem BSE-Skandal mit Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen).
Die Geschichte zeigt auch: Verbraucherschutz ging und geht in Deutschland vom Staat aus. Das heißt nicht, dass es nicht Organisationen gibt, die die politischen Interessen der Verbraucher beim Gesetzgeber vertreten. Schon 1953 gründete sich die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV). Darin organisierten sich die Verbraucherzentralen und Gruppierungen wie der Hausfrauen-Bund und Konsumgenossenschaften. Später kamen auch die Arbeiterwohlfahrt, das Diakonische Werk und andere hinzu. Finanziert wurde die AgV allerdings hauptsächlich mit Bundesmitteln. Zusammen mit dem Verbraucherschutzverein und der Stiftung Verbraucherinstitut ging die AgV Ende 2000 in dem neuen Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf. Der vzbv finanziert sich hauptsächlich aus Mitteln des Verbraucherministeriums und bezeichnet sich selbst als die "Stimme der Verbraucher" gegenüber Politik und Wirtschaft. 1985 gründete sich die "Verbraucherinitiative", die sich nicht aus schon bestehenden Organisationen zusammensetzt, sondern eigene Mitglieder rekrutiert. Die "Verbraucherinitiative" kümmert sich vor allem um gerechten Handel und BioNahrung. Im Jahr 2002 kam dann noch "Foodwatch" hinzu. Der Verein verzichtet vollständig auf staatliche Förderung und macht derzeit vor allem mit Kampagnen gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel auf sich aufmerksam. An sich sind die deutschen Verbraucher also mit deutlichen Stimmen vertreten.
Doch nicht jeder ist sich sicher, ob die Verbände immer die nötige Unabhängigkeit haben. Frank Janning, Politikforscher an der Universität Konstanz, kritisiert, dass vor allem der vzbv, die größte Organisation, hauptsächlich aus Mitteln des Bundes finanziert wird. "Es besteht zumindest die Gefahr, dass dem vzbv Finanztöpfe verschlossen werden, wenn er zu laut gegen die Politik opponiert", betont Janning. Die "Verbraucherinitiative" richte sich an eine bestimmte Klientel und habe zu wenig Geld. "Foodwatch" konzentriere sich hauptsächlich auf Kampagnen. Eine breit angelegte Lobbyarbeit, die die Politik herausfordere und Bürger mobilisiere, gebe es "allzu selten", so Janning.