MUSIK
Die Kulturpolitiker des Bundestages haben sich der Förderung »populärer Musik« verschrieben. Eine feste Quote für deutschen Rock im Radio lehnen sie jedoch mehrheitlich ab.
Die Toten Hosen haben auch nicht als Superstars angefangen - am Anfang waren sie sogar richtig schlecht. 1982 fanden sechs junge Leute in Düsseldorf zueinander, die gern Punkmusik hörten. Sie gründeten eine Band, gaben Konzerte und irgendwann lernten sie auch ihre Instrumente zu spielen. Inzwischen sind "Die Hosen" einen renommierte Band, mit mehreren Platin-veredelten Alben und ausverkauften Konzerten in aller Welt. Staatliche Fördergelder oder gar festgelegte "Deutschrockquoten" haben sie auf ihrem erfolgreichen Weg nicht benötigt. Um feste Quoten für deutsche Musik geht es allerdings auch den Kulturpolitikern der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag nicht. Feste Quoten im Radio, so der CDU-Abgeordnete Günter Krings während der Bundestagsdebatte zur Kulturwirtschaft am 24. Oktober, führten eher zu einer Art Abwehrhaltung beim Hörer. Dennoch müsse etwas getan werden für die "populäre Musik" in Deutschland, so Krings.
Die Koalitionsfraktionen hatten zu diesem Zwecke einen Antrag ( 16/5111 ) vorgelegt. Ziel ist es demnach, der Förderung "populärer Musik" eine "einheitliche Struktur" zu geben, sie zu "systematisieren und zwischen den Ressorts der Bundesregierung stärker zu koordinieren". So weit, so unkonkret. Greifbarer ist da schon die Entscheidung, im Haushalt 2007 und auch 2008 eine Million Euro an Fördermittel für die "Initiative Musik" bereitzustellen. Mit dieser Summe, so Krings, könne man auf dem Gebiet der Popmusik nicht kopieren, was auf dem Gebiet der klassischen Musik erreicht wurde, nämlich eine weltweit einzigartige Orchesterlandschaft. Aber es könne eine "Initialzündung" sein.
Auch die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Monika Griefahn, ist froh, dass "2008 wieder eine Million Euro zur Verfügung steht". "Bisher ist ein zu großer Anteil der Gelder in Projekte für klassische Musik geflossen", kritisierte sie und äußerte auch schon Ideen, wie ein Teil des Initiative Musik-Geldes sinnvoll eingesetzt werden könnte. Junge Bands, so Griefahn, würden gern viel mehr durch Deutschland und Europa fahren und Konzerte geben, hätten sie nicht das Problem der Reisekosten. Im Rahmen einer "Tourbusförderung" könnten Kleinbusse zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt werden.
Die SPD-Politikerin sprach sich auch für eine stärkere Berücksichtigung deutschsprachiger und in der Bundesrepublik produzierter populärer Musik im Rundfunk aus. "Die hohen Verkaufszahlen bei Konzertkarten und CDs zeigen die großen Erfolge von Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschland, die jedoch keine ausreichende Anerkennung im Rundfunk finden", sagte sie und forderte, gemeinsam mit dem Rundfunk neue Formate auf die Beine zustellen, um Nachwuchsgruppen eine Plattform zu bieten. Das wird nicht ausreichen, befürchtet Diether Dehm von der Linksfraktion. "So wie der Musikmarkt im Moment ist, bedroht er die regional-kulturellen Wurzeln", sagte er. Deutschlands bedeutendste Musiker von Heinz Rudolf Kunze bis Udo Lindenberg forderten daher seit langem eine Rundfunkquote für deutsche Songs. Und zwar nicht aus "Deutschtümelei", sondern um die US-Übermacht auf dem Musikmarkt "wenigstens etwas einzudämmen". In einer multikulturellen Gesellschaft komme man mit festgelegten Quoten ganz bestimmt nicht weiter, entgegnete Katrin Göring-Eckardt von den Grünen. Derartige Quotenregelungen kenne sie noch aus der DDR: "Ich fand das als Jugendliche ganz furchtbar. So etwas brauchen wir nicht wieder", so Göring-Eckardt. Sie befürchte allerdings, dass die Millionen für die Popmusikförderung am Ende nur den großen Unternehmen zugute kommen, statt damit die kleinen Musiklabel zu fördern.
Gab es noch kleine Meinungsverschiedenheit zum Umgang mit "populärer Musik" herrschte beim Thema Kulturwirtschaft interfraktionelle Einigkeit. Das freute auch Hans-Joachim Otto (FDP): "Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist keine Liebhaberei, sondern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor." Es sei gut, dass bei diesem Thema im Bundestag "mit einer Stimme gesprochen wird", was der fraktionsübergreifende Antrag ( 16/5110 ) verdeutliche. Die Kulturwirtschaft könne zukünftig mit verstärkter Aufmerksamkeit und Unterstützung der Politik rechnen, versprach Otto. Beim Deutschen Kulturrat stößt dies natürlich auf offene Ohren. Es sei positiv, dass alle Fraktionen einen bundeseinheitlichen Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht in Abstimmung mit den Ländern fordern, heißt es dort. Ebenso positiv sei es, dass bei der Gesetzgebung auf günstige Rahmenbedingungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft hingewirkt werden soll. Aus Sicht des Deutschen Kulturrates müsse hierbei aber darauf geachtet werden, dass die unterschiedlichen Sektoren im Kulturbereich eng miteinander verwoben sind und es zahlreiche Querverbindungen gibt. Eine stärkere Berücksichtigung der Belange der Kulturwirtschaft dürfe nicht zur Vernachlässigung des gemeinnützigen Sektors im Kulturbereich oder der öffentlichen Kultureinrichtungen führen.
Sorgen bereitet dem Kulturrat allerdings derzeit ein vor kurzem vom Bundesrechnungshof vorgelegtes Gutachten. Demzufolge fördere der Bund Kunst und Kultur in einem Umfang, der sich nicht mit seiner verfassungsrechtlichen Zuständigkeit decke. Damit okkupiere er zum Teil "originäre Aufgabenfelder der Länder", heißt es. Für den Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, ist es ein "Frontalangriff auf die Kulturförderung des Bundes", wenn Kulturförderung außerhalb der Hauptstadt grundsätzlich verneint werde. Kulturpolitiker von Bund und Ländern müssten gemeinsam klar und unmissverständlich den Vorstoß des Bundesrechnungshofes zurückweisen, fordert Zimmermann.