Kartellrechtsnovelle mit Koalitionsmehrheit angenommen
Berlin: (hib/VOM) Mit der Mehrheit von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit am Mittwochvormittag dem Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB, 15/3640) in geänderter Fassung zugestimmt. Der Ausschuss billigte von der Koalition vorgelegte Änderungsanträge, die sich vor allem auf das Pressefusionsrecht beziehen. Danach soll das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen für Zeitungsverlage in den Bereichen Anzeigen, Druck und Abonnementvertrieb nicht für solche Vereinbarungen gelten, die dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen zu verbessern und langfristig für mindestens eine der beteiligten Zeitungen die wirtschaftliche Grundlage zu sichern. Dabei dürfen an der Kooperation direkt nicht mehr als fünf Zeitungen beteiligt sein. Wenn es zu einer solchen Kooperation kommt, müssen die beteiligten Unternehmen dies zuvor bei der Kartellbehörde anmelden. Die Anmeldung muss Angaben zu Art und Umfang der geplanten Zusammenarbeit sowie zur Art des Geschäftsbetriebs der beteiligten Unternehmen umfassen. Diese Neuregelung soll nach Ablauf von fünf Jahren auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft werden, wobei bis dahin realisierte Kooperationen nicht in Frage gestellt werden.
Die Sozialdemokraten wiesen darauf hin, dass weitere Elemente der Kartellrechtsnovelle wie die Bagatellklausel, nach der sich Zeitungsverlage mit bis zu 2 Millionen Euro Jahresumsatz ohne Einschränkung zusammenschließen können, und die so genannte Aufgreifschwelle, wonach Zusammenschlüsse erst ab einer Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro (bisher: 25 Millionen Euro) genehmigungspflichtig sind, gegenüber dem Regierungsentwurf unverändert geblieben seien. Im Übrigen wird durch den Gesetzentwurf das deutsche Kartellrecht an Vorgaben der Europäischen Union angepasst. Zentral ist dabei der Übergang vom bisherigen System der grundsätzlichen Anmelde- und Genehmigungspflicht für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in ein System der Legalausnahme. Danach gelten diese Vereinbarungen automatisch als freigestellt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das Gesetz soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden und am 1. Juli in Kraft treten.
Die CDU/CSU-Fraktion zeigte sich verärgert über das Vorgehen der Koalition. Die eingebrachten Änderungen stellten ein "neues Modell" dar, das gründlich beraten werden müsse. Die Fraktion äußerte den Verdacht, die Koalition wolle wohl "einige Festlegungen unerkannt durchlaufen lassen". Hier werde innerhalb einer Frist von fünf Jahren ein Freiraum für Verlagskooperationen gegeben. Die bisherige, erfolgreiche Pressefusionsregelung aus den 70er-Jahren werde ohne Not geopfert. Nicht einzusehen sei, weshalb man sich nicht auf Kooperationen im Mittelstand beschränkt habe. Die Sozialdemokraten hielten dem entgegen, ein mittelständischer Zeitungsverlag habe nicht die Wahl, bundesweit mit anderen mittelständischen Verlagen zu kooperieren, sondern müsse mit seinem Nachbarverlag zusammenarbeiten. Dies könne aber auch ein Großverlag sein. Die Krise der Zeitungsverlage sei zuletzt konjunkturell bedingt gewesen, es gebe aber auch strukturelle Probleme wie die Konkurrenz durch die elektronischen Medien. Die Bündnisgrünen betonten, die Verteidigung der Meinungsvielfalt sei oberstes Anliegen gewesen. Vom Tisch ist nun die ursprünglich von der Regierung geplante Altverleger-Regelung. Danach sollten Fusionen dann möglich werden, wenn dem bisherigen Verleger oder einem unabhängigen Dritten ein 25-prozentiges Mitspracherecht in einem für die Fusion vorgesehenen Verlag eingeräumt wird.
Die FDP-Fraktion hatte eigene Änderungsanträge eingebracht, die bei Enthaltung der Union abgelehnt wurden. Die Liberalen bedauerten vor allem, dass es nicht wie in der Vergangenheit gelungen sei, das GWB einvernehmlich zu ändern. Ein Konsens mit der Opposition sei offenkundig nicht beabsichtigt gewesen. Die SPD räumte ein, angesichts der Haltung der Union wolle sie nicht in direkte Gespräche eintreten, sondern eine "gute Grundlage" für das erwartete Vermittlungsverfahren schaffen.
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