1. Untersuchungsausschuss/
Berlin: (hib/KOS) Das bayerische Landesamt für
Verfassungsschutz hat keine Informationen zu Khaled El-Masri an die
CIA oder andere US-Geheimdienste weitergegeben oder von US-Seite
solche Nachrichten erhalten: Dies erklärte am Donnerstag zum
Auftakt einer öffentlichen Sitzung des
Untersuchungsausschusses Wolfgang Weber als Präsident der
Behörde. Er habe auch keine Kenntnis davon, dass andere
deutsche Dienststellen entsprechende Informationen an die USA
weitergeleitet haben könnten. Der fälschlicherweise unter
Terrorverdacht geratene Deutsch-Libanese war zum Jahreswechsel
2003/04 in Mazedonien verhaftet und dann von der CIA bis Mai 2004
in ein afghanisches Gefängnis verschleppt worden. Der
Ausschuss prüft, ob deutsche Stellen und die Bundesregierung
frühzeitig über dieses rechtswidrige Kidnapping
unterrichtet und in diese Aktion involviert waren. Am Nachmittag
wollten die Abgeordneten weitere Zeugen aus dem Auswärtigen
Amt, dem Bundeskriminalamt und dem Bundesnachrichtendienst
vernehmen. Vor dem Gremium sagte Weber, das bayerische Landesamt
sei erst im Juni 2004 und damit nach dem Ende von El-Masris
Verschleppung über diesen Vorgang unterrichtet worden. Im
Rahmen der Beobachtung des Neu-Ulmer Multikulturhauses durch die
Behörde sei auch El-Masri als "kleine unbedeutende Randfigur"
in Erscheinung getreten, die diese Einrichtung gelegentlich besucht
habe. Wie zu vielen anderen Personen im Umfeld des
Multikulturhauses seien zu dem Deutsch-Libanesen nur
routinemäßige Nachforschungen angestellt worden. Einen
besonderen Anlass für Ermittlungen habe es nicht gegeben. Als
El-Masri nicht mehr bei dem Neu-Ulmer Treffpunkt aufgetaucht sei,
habe man als "reine Hypothese" und als "Spekulation" vermutet, er
könne vielleicht in den Nahen Osten, möglicherweise auch
in ein afghanisches oder tschetschenisches Kampfgebiet gegangen
sein. Im April 2004 hat laut Weber das Bundesamt für
Verfassungsschutz bei der bayerischen Behörde nachgefragt, ob
man etwas über den Verbleib des verschwundenen
Deutsch-Libanesen wisse. Zu dieser Zeit war dessen Verschleppung
nach Afghanistan noch nicht beendet. Weber verwies auf dienstliche
Erklärungen, die Mitarbeiter des Landesamts im Zusammenhang
eines Rechtsstreits seiner Behörde mit dem Nachrichtenmagazin
"Focus" unterschrieben hätten: Alle Unterzeichner hätten
dabei versichert, im Rahmen ihrer Arbeit keine Informationen zu
El-Masri an die CIA geleitet zu haben. Der Präsident gab sich
überzeugt, dass auch keiner seiner Mitarbeiter, die in
irgendeiner Weise mit der Person des Deutsch-Libanesen in
Berührung hätten kommen können, solche Nachrichten
illegal übergeben hat. Auf Nachfrage erklärte Weber, er
habe neben der schriftlichen Abfassung der dienstlichen
Erklärung zudem mit mehreren leitenden Mitarbeitern, nicht
jedoch mit allen betreffenden Untergebenen diese Angelegenheit
persönlich besprochen. Lediglich ein Mitarbeiter habe nicht
völlig ausschließen wollen, in einem Gespräch mit
US-Vertretern eventuell einmal den Namen El-Masri beiläufig
erwähnt zu haben. Dass laut Medienberichten von dieser Woche
die CIA ihrerseits schon 2003 in Neu-Ulm recherchiert haben soll,
war laut Weber dem bayerischen Landesamt bislang nicht bekannt.
Sollte die baden-württembergische Polizei über diese
CIA-Aktivitäten unterrichtet gewesen sein, so habe sie dieses
Wissen nicht an seine Behörde übermittelt. Es zeichnet
sich ab, dass der Untersuchungsausschuss auch den in Bremen
geborenen Türken Murat Kurnaz vernehmen wird, der unter
vermutlich falschem Terrorverdacht mehrere Jahre in Guantanamo
inhaftiert war. Einen entsprechenden Antrag will die Opposition
nächste Woche im Plenum des Bundestags einbringen. Umstritten
ist jedoch der Zeitpunkt dieses Auftritts. Siegfried Kauder (CDU)
als Vorsitzender des Gremiums, SPD-Obmann Thomas Oppermann und
Wolfgang Nescovic (Linkspartei) wollen zuerst die Recherchen im
Fall El-Masri bis Ende des Jahres abschließen. Max Stadler
(FDP) und Hans-Christian Ströbele (Grüne) fordern
hingegen eine Vorladung von Kurnaz noch im November, wobei nach dem
Willen der beiden Abgeordneten dessen Befragung bald die Vernehmung
von SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier folgen soll,
ehedem Chef des Kanzleramts unter Gerhard Schröder. Der
Ausschuss will prüfen, ob sich die Regierung frühzeitig
für Kurnaz hätte einsetzen und ihn möglicherweise
aus Guantanamo hätte befreien können. Nach seiner
Rückkehr aus diesem Lager hat Kurnaz mittlerweile den Vorwurf
erhoben, Anfang 2001 in Afghanistan auch von deutschen Soldaten
misshandelt worden zu sein. Diesem bislang vom
Verteidigungsministerium bestrittenen Sachverhalt geht
möglicherweise der Verteidigungsausschuss nach.
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