Unterschiedliche Ansätze zur Überwindung der Staatsverschuldung
Berlin: (hib/HAU) Die Staatsverschuldung ist nach Ansicht von Experten eines der zentralen Probleme der deutschen Politik. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung der Föderalismuskommission II von Bundestag und Bundesrat am Freitag deutlich. Diskutiert wurde dabei über den Einbau von Schuldenbremsen und anderen Lösungsansätzen zur Vermeidung von Haushaltskrisen ebenso wie über Fragen des Länderfinanzausgleichs. Während eine Teil der Sachverständigen sich dabei für einen stärkeren Wettbewerb unter den Ländern aussprach und eine Ausweitung der Steuerautonomie forderte, warnten andere vor einer damit einhergehenden "Entsolidarisierung" des Bundesstaates.
Professor Charles B. Blankart von der Humboldt Universität Berlin sprach sich für einen Übergang von der kollektiven Schuldenverantwortung zur Schuldnerselbstverantwortung aus. Dabei sei eine Steuerautonomie für die Länder von hoher Bedeutung. Es könnten Steuern und Leistungsniveau aneinander angeglichen werden und somit Anpassungen nicht nur auf der Ausgabeseite, sondern auch auf der Einnahmeseite stattfinden. Auch Professor Bernd Huber von der Universität München forderte eine Erweiterung der Steuerautonomie der Länder. Führe man Verschuldungsgrenze ein, schmälere man die Haushaltsflexibilität der Länder. Dies könne man nur ausgleichen, indem man Zuschläge auf Einkommen- und Körperschaftsteuern ermögliche. Huber kritisierte außerdem die derzeitigen Regelungen des Länderfinanzausgleiches. Es gebe hier Anreize in die falsche Richtung. Länder mit einer laxen Verschuldungspolitik würden belohnt, während Länder, die Haushaltsdisziplin gewahrt hätten, bestraft würden. Anreize richtig zu setzen, verlangte auch Professor Martin Junkernheinrich von der Universität Münster. Nur wenn Fehlentscheidungen spürbar würden, entstehe Handlungsdruck. Seiner Ansicht nach solle man sich an für Kommunen bestehende Regelungen zur Hauhaltsaufsicht orientieren, da diese sich eher bewährt hätten als viele bundes- und landespolitische Regeln.
Wer in Europa Mindeststeuern fordere, so befand Professor Kai Konrad von der Freien Universität Berlin, könne nicht im eigenen Land einen Steuerwettbewerb ausrufen. Allerdings schaffe die derzeitig praktizierte Verbindung der Freiheit zur Verschuldung mit dem Anspruch auf kollektive Verantwortung bei der Entschuldung Verschuldungsanreize. Nötig sei eine Eigenverantwortlichkeit bei Haushaltskrisen verbunden mit Regeln zur Befreiung aus derartigen Krisen. Ein Steuerwettbewerb unter den Ländern ist aus Sicht von Professor Stefan Korioth von der Universität München angesichts völlig unterschiedlicher Ausgangslagen derzeit nicht möglich. Solange etwa arme Bundesländer im Osten nur 40 Prozent der Steuereinnahmen reicher Länder zur Verfügung hätten, sei dies ein "Wettlauf unter Ungleichen". Staatssekretär Benjamin Hoff von der Berliner Senatsverwaltung lehnte Wettbewerbsföderalismus ebenfalls ab und sprach sich für die Beibehaltung eines solidarischen und kooperativen Föderalismus aus. Einen Umbau des Länderfinanzausgleichs ohne Preisgabe des Solidaritätsgedankens regte Professor Hans Peter Schneider vom Deutschen Institut für Föderalismusforschung Hannover an. Dies könne gelingen, wenn der Wirtschaftskraft der Länder beim Finanzausgleich eine maßgeblichere Rolle zugebilligt würde.
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