13. Januar
2005
Hartz
ist kein starres Gesetz
Renate
Gradistanac und Sozialpraktiker über Hartz IV in der
Praxis
Das Spektrum
reichte vom Hoffen bis zum Bangen, als sich in Renate Gradistanac'
Bürgerbüro in Nagold Fachleute lokaler Arbeitsprojekte
trafen, um die Auswirkungen von Hartz IV auf den so genannten
zweiten und dritten Arbeitsmarkt zu beleuchten.
Eingeladen
hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate Gradistanac, Thema war
einmal mehr die praktische Umsetzung der Arbeitsmarktreform Hartz
IV. Gesprächspartner waren Erwin Reck (Horb) und Elmar
Schubert (Böblingen) von der Caritas, Bernd Schlanderer vom
Evangelischen Diakonieverband im Kreis Calw, Andreas Reichstein von
der Erlacher Höhe in Calw und Betriebsleiter Heinz Schmidt vom
Selbsthilfewerk Schramberg.
Hartz IV ist
richtig und wichtig für die Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe - darin sind sich die Sozialpraktiker einig.
Freilich habe die Reform an der Basis große Verunsicherung
und Ängste ausgelöst mit der Befürchtung, dass
weniger qualifizierte Arbeitskräfte „durch den
Rost“ fallen könnten, wie es ein Teilnehmer
formulierte.
Im Bereich der
Agentur für Arbeit in Nagold kommt erschwerend der Wechsel an
der Spitze dazu, einhergehend mit Verunsicherung quer durch die
Behörde - dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die Agentur
besonders gefordert ist. Die Runde zeigte wenig Verständnis
dafür. Es müsse gelingen, so Renate Gradistanac, im
Verbund mit Kommunen und Arbeitgebern einen „bunten
Strauß an Möglichkeiten von versicherungspflichtigen
Beschäftigungshilfen“ anzubieten.
Diese
Forderung unterstrichen die Gesprächspartner deutlich. Auch
für den zweiten Arbeitsmarkt und die
Beschäftigungsträger im Bereich der Arbeitsagentur Nagold
müssen geförderte, sozialversicherungspflichtige
Arbeitsangebote zur Verfügung gestellt werden, um
Langzeitarbeitslosen eigen erwirtschaftetes Einkommen zu
ermöglichen.
Außerdem
müssten ebenfalls zusammen mit Kommunen, Kirchen und
Verbänden die Möglichkeiten der Ein-Euro-Jobs besser
genutzt werden. Von den Sozialverbänden ging die Forderung an
die Politik, die Ein-Euro-Jobs auch in den westlichen
Bundesländern nicht zeitlich auf ein halbes Jahr zu begrenzen
und so den Betroffenen weiter reichende Perspektiven zu geben. An
der Bereitschaft, beim Umbau im Sozialbereich mitzuwirken, mangele
es den Sozialverbänden nicht, wurde der Abgeordneten
versichert.
Es gehe nicht
darum, erläuterte Renate Gradistanac, mit Hartz IV ein starres
und unbewegliches Gesetzeswerk festzuzurren, vielmehr handle es
sich um eine „lernende Gesetzgebung“, in der
Erneuerungsprozesse auch abgewandelt werden können. Insofern
war es nur folgerichtig, einen neuen Gesprächstermin zu
vereinbaren, wenn erste Erfahrungen mit Hartz IV in der Praxis
gesammelt wurden.
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