Renate
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Rede im Deutschen Bundestag am 18. April 2002
zum Thema: „kommerzielle sexuelle Ausbeutung von
Kindern“
Frau
Präsidentin,
meine Damen
und Herren,
zwei Millionen
Kinder, so schätzt UNICEF, werden weltweit sexuell
ausgebeutet: in Deutschland, in Europa, überall auf der Welt,
in Familien, in Verbänden, von Touristen. Kindesmissbrauch,
kommerzielle sexuelle Ausbeutung wie Kinderprostitution oder
Kinderpornographie sind Verletzungen von Kinderseelen bis hin zum
Seelenmord.
„Eine
Welt, in der so viele Kinder ihrer Kindheit beraubt und zu
Sexobjekten für Erwachsene degradiert werden, darf nicht
toleriert werden. Diese Überzeugung hat uns bisher Kraft und
Ausdauer gegeben,“ so Ron O'Grady, Mitbegründer und
langjähriger Vorsitzender von ECPAT.
Auch wir
stellen uns dieser Verantwortung. Drei Schwerpunkte bestimmen die
Arbeit:
- Prävention und Aufklärung, verstärkte
Täterprävention mit dem besonderen Augenmerk auf
jugendliche Täter
- Gesetzgebung
- Internationale Strafverfolgung und Opferschutz.
Viel wurde in der
Vergangenheit erreicht.
Beim ersten
Weltkongress 1996 in Stockholm gegen die gewerbsmäßige
sexuelle Ausbeutung von Kindern verpflichteten sich 122 Staaten,
Nationale Aktionspläne zum Schutz der betroffenen Kinder zu
erstellen und zu verabschieden. Leider haben nur 1/3 der
Länder ihre Zusagen eingehalten.
Das
Bundesministerium für FSFJ hat vorbildlich ein nationales
Arbeitsprogramm gegen Kindesmissbrauch, Kinderpornographie und
Sextourismus vorgelegt. Der Zwischenbericht von 1998 wurde im
Bericht vom Januar 2001 um die Maßnahmen ergänzt, die
bis Dezember 2000 umgesetzt wurden. Damit hat Deutschland, als
eines der ersten Länder überhaupt, die in Stockholm
eingegangenen Verpflichtungen erfüllt. Erwähnenswert ist
auch, dass Deutschland, soweit bekannt, das einzige Land war, das
eine nationale Nachfolgekonferenz (im März 2001 in Berlin)
veranstaltet hat.
Im Einzelnen
möchte ich auf die Prävention eingehen:
Die
SPD-geführte Bundesregierung hat in Deutschland einen
Paradigmenwechsel für ein neues, von Respekt getragenes
Leitbild in der Erziehung eingeleitet.
Wir haben das
Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung verabschiedet.
Es schreibt ein eigenes Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung
fest und es betont die Subjektstellung des Kindes.
Die
Bundesregierung hat zugleich mit der Gesetzesänderung eine
Kampagne zur gewaltfreien Erziehung mit dem Titel „Mehr
Respekt vor Kindern“ ins Leben gerufen.
Ein weiteres
deutliches Signal zum Schutz der Kinder vor häuslicher Gewalt
und Missbrauch wurde durch das verabschiedete Gesetz zur weiteren
Verbesserung von Kinderrechten gesetzt. Demnach können
Väter, Mütter oder auch andere im Haus lebende Personen,
die Kinder schlagen oder missbrauchen, der Wohnung verwiesen
werden.
Erwähnenswert ist der hervorragende Inflightspot, den das
BMFSFJ gemeinsam mit „terre des hommes“ entwickelt hat.
Er sollte auf Flugreisen eingesetzt werden. In Yokohama
mußten wir erfahren, dass er nach nur einem halben Jahr von
den Fluggesellschaften zurückgezogen wurde. Schade!
Dass BMFSFJ
hat des weiteren eine Gemeinschaftsinitiative bei der Erstellung
eines Faltblattes unterstützt. „Kleine Seelen,
große Gefahr“ so der Titel, soll an die Kunden in den
Reisebüros verteilt werden. Reisende sollen informiert und
sensibilisiert werden und durch Zivilcourage mithelfen, den
Tätern das Terrain zu entziehen. Es wird darüber
informiert, dass Kindesmissbrauch weltweit strafbar ist.
Überführte Täter können nach deutschem Recht
bestraft werden, selbst wenn sie Kinder im Ausland sexuell
missbraucht haben. Diese Aktion ist notwendig. Es gibt
Schätzungen, dass allein aus Deutschland jährlich 10 000
Täter kommen.
Strafverfolgung ist wichtig, aber, was bewegt Männer, so
die Frage von Heinz Fuchs, Leiter der Fachstelle von „Tourism
Watch“,
„was
bewegt Männer - und es sind fast ausschließlich
Männer - Kinder zu missbrauchen und was treibt Menschen dazu,
Kinder als Handelsware dafür in kriminellen Netzwerken
bereitzustellen?“
Er meint
weiter:
„Erziehungs- und Sozialisationskonzepte sind gefragt,
die Männer anleiten, neue Wege ihrer Identität zu suchen.
Männeridentitäten, die nicht länger über den
Umweg der Unterdrückung von Frauen und Kindern laufen
dürfen.“
Ich freue
mich, dass immer mehr Männer in der ersten Reihe stehen, um
gegen Kindesmissbrauch durch Sextouristen zu kämpfen. Ich
möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bei Herrn
Paschold aus dem BMFSFJ bedanken.
Die
Anträge von PDS und CDU/CSU lehnen wir ab. Sie wurden vor dem
2. Weltkongress in Yokohama geschrieben und enthalten zahlreiche
Forderungen, die von der Bundesregierung schon umgesetzt
wurden.
Die
Bekämpfung der kommerziellen sexuellen Ausbeutung bleibt
für unsere Fraktion auf der Tagesordnung.
Eine
Anhörung zu diesem Thema am 12. Juni 2002 ist
beschlossen.
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