Maßnahmen der Bundesregierung und Strategien gegen
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus
Die Entwicklung
der extremen Rechten lässt sich in den vergangenen Jahren
deutlich beobachten: Die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in
Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin zeigen, dass
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus
weiterhin sehr ernst zu nehmende Probleme sind. In den
Wahlkämpfen kam es zu Einschüchterungen und Gewalt
gegenüber demokratischen Parteien, deren
Repräsentantinnen und Repräsentanten und deren
Anhängerinnen und Anhängern. Das Bundeskriminalamt
verzeichnet in diesem Jahr eine starke Zunahme von rechtsextremen
Straftaten um mehr als 20 Prozent.
Der
Hauptschwerpunkt liegt nicht mehr in den Parteien. Der jugendliche
Rechtsextremismus ist vielmehr als Element einer Jugendbewegung und
Gewaltkultur zu verstehen, die sich aus subkulturell-rebellischen
Motiven und der Einbindung in fremdenfeindliche Milieus speist. In
den 1990er Jahren entstanden, hat sich eine beachtliche
Infrastruktur aus rechtsextremen organisierten Netzwerken,
informellen Bündnissen, „Szenen“,
Freundschaftskreisen und informellen Gruppierungen etabliert.
Rechtsextremismus wird darin als vorherrschende
Lifestyle-Strömung erlebt und als attraktive Gesinnung der
Gemeinschaft. Aus einer vielfach tolerierten lokalen Jugend- und
Gewaltkultur hat sich ein Rechtsextremismus neuen Typs
gebildet.
In unserer
heutigen Gesellschaft denkt die überwältigende Mehrheit
der Menschen demokratisch. Die engagierten Reaktionen auf
rechtsextreme Angriffe, Nazi-Aufmärsche und andere
rechtsmotivierte Aktionen zeigen dies deutlich. Trotzdem findet man
rechte Gesinnungen auch in der Mitte der Gesellschaft verankert.
Die Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ der
Universität Bielefeld verzeichnet z.B. einen besonders hohen
Anstieg rassistischer und antisemitischer Positionen bei Menschen,
die sich sonst der politischen Mitte zuordnen.
Die Ursachen
des Rechtsextremismus sind vielfältig. Sie liegen in einer
sich verändernden Gesellschaft, die neben ihrer Stärke
auch ernsthafte Probleme in sich birgt. Gerade Jugendliche
können darin die Orientierung verlieren, sich ausgegrenzt
fühlen und überfordert. Schlechte Schulbildung führt
zu schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt und Perspektivlosigkeit.
Menschen, die sich gedemütigt und herabgesetzt fühlen,
sei es durch Arbeitslosigkeit oder gesellschaftliche Ausgrenzung,
sind leicht verführbar und für einfache
rechtspopulistische Parolen zugänglich.
Da wo ganze
Regionen veröden, sich den Menschen keine Zukunft bietet,
findet die rechtsextreme Gesinnung ihre Anhänger. In durch die
NPD unterstützten Jugendclubs und Kameradschaften, auf
Konzerten rechtsextremer Bands, in sog. „Nationalen
Krabbelgruppen“ oder auf Familienfesten rechtsextremer
Parteien entsteht ein Gemeinschaftssinn und Zusammenhalt, der in
manchen Regionen Deutschlands vollkommen verloren war. Die
Sympathie zu den Rechtsextremen und ihren Gesinnungen wächst,
weil „sie sich kümmern, was bieten“.
Deshalb
braucht es ebenso vielfältige politische und soziale
Ansatzpunkte zur Bekämpfung und ein umfassendes Konzept mit
politischen, pädagogischen, sozialen und demokratischen
Elementen.
Maßnahmen der Bundesregierung
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend - BMFSFJ
„Jugend
für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus“
Für das
Programm sollen ab 2007 jährlich 19 Mio. € Bundesmittel
zur Verfügung gestellt werden.
Schwerpunkte
des Programms sind:
- die
Entwicklung integrierter lokaler Strategien mittels lokaler
Aktionspläne in kommunaler Verantwortung (Säule
1)
- die
Entwicklung und Umsetzung themenbezogener modellhafter
Maßnahmen (Säule 2)
- die
Programmsteuerung, Evaluation, Öffentlichkeitsarbeit,
Forschung, Einbindung bundesweiter und lokaler Bündnisse
(Säule3)
„Förderung von Beratungsnetzwerken - Mobile
Intervention gegen Rechtsextremismus“
Zentrales
Anliegen des Programms „Förderung von
Beratungsnetzwerken - Mobile Intervention gegen
Rechtsextremismus“ ist die Einrichtung von
Beratungsnetzwerken, aus denen in Krisensituationen mit
rechtsextremistischem Hintergrund anlassbezogen, kurzfristig und
zeitlich begrenzt Mobile Interventionsteams gebildet werden.
Dafür stehen jährlich 5 Mio. € zur Verfügung.
Das neue Programm ergänzt insbesondere auch in der Fläche
sinnvoll das präventiv angelegte Programm „Jugend
für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus“
Bundesministerium für Arbeit und Soziales -
BMAS/Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung -
BMVBS
Unter dem Titel
„Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort“
werden aus den Bundesprogrammen „Soziale Stadt“ (BMVBS)
und „XENOS - Arbeiten und Leben in Vielfalt“ (BMAS)
arbeitsmarktbezogene Maßnahmen, zivilgesellschaftliche
Strukturen und bürgerschaftliches Engagement in Städten
und Gemeinden unterstützt.
XENOS: 75 Mio.
€ ESF seit 2001 für 250 Projekte mit einer Laufzeit bis
Ende 2007.
Bundesministerium des Innern - BMI
"Hinschauen -
Handeln - Helfen", unter diesem Motto wurde am 23. Mai 2000 - dem
Tag des Grundgesetzes - das „Bündnis für Demokratie
und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt“ von der
Bundesregierung gegründet.
Über
1.300 Gruppen und Einzelpersonen haben sich seitdem zur Mitarbeit
bereit erklärt, bringen Ideen sowie Vorschläge ein und
berichten über ihre Aktivitäten. Neben lokalen
Initiativen, Vereinen und Schulklassen melden sich auch
Künstler zu Wort, die sich in Theaterstücken und
Filmbeiträgen gegen fremdenfeindlich, rassistisch und
antisemitisch motivierte Gewalt wenden. Diese Kräfte will das
Bündnis bündeln, mobilisieren und dadurch die Grundwerte
der Verfassung in der Öffentlichkeit stärken. Die
zentrale Präsentation dieses zivilgesellschaftlichen
Engagements findet alljährlich am 23. Mai, dem Tag unseres
Grundgesetzes, statt. Die dafür zur Verfügung gestellten
Bundesmittel würden jüngst von 700.000 Euro auf 1 Million
Euro aufgestockt.
- Aussteigerprogramm des Bundesamtes für
Verfassungsschutz
Bundesministerium der Justiz - BMJ
- Härtefallfonds für Opfer rechtsextremistischer
Übergriffe
- Gesetzesinitiativen und „repressive
Maßnahmen“ gegen Rechtsextremismus, z.B. durch die
Verschärfung des Versammlungsrechts, etc.
- Bundeszentrale für Politische Bildung
Indirekte
Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit
- im Rahmen des
Kinder- und Jugendplans,
- durch
Maßnahmen zur Integration und Eingliederung von
Ausländern und Aussiedlern,
- durch
Programme der Jugendsozialarbeit (z.B. „Jugendarbeit im
ostdeutschen ländlichen Raum“)
Wir müssen
dafür Sorge tragen, dass Intoleranz, rechtsextreme und
antisemitische Einstellungen in unserer Gesellschaft keinen Raum
haben. Die gesamte Zivilgesellschaft ist gefordert, sich
hierfür zu engagieren. Der Koalitionsvertrag setzt daher auf
Verstetigung des Einsatzes der Jugendpolitik für Demokratie
und Toleranz. Ziel ist es, Verständnis für die
gemeinsamen Grundwerte und kulturelle Vielfalt zu entwickeln, die
Achtung der Menschenwürde zu fördern und Extremismus zu
bekämpfen. Es geht um Vielfalt, Respekt für andere,
Demokratie, Toleranz und die Bekämpfung des Antisemitismus.
Wir wollen, dass Jugendliche vor Ort motiviert werden und in ihrem
Engagement verlässlich unterstützt werden. Dabei setzen
wir auf ein engeres Zusammenwirken mit Ländern und Kommunen,
mit Medien, den Kirchen, Wirtschaft, Gewerkschaften, Sportvereinen,
den Jugendverbänden und vielen anderen.
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