Renate
Gradistanac MdB
Hartz IV
Stand: August 2005
Grundsicherung für Arbeitsuchende - Fördern
und Fordern - Hilfe zur Selbsthilfe
Was ist
Hartz IV?
Hartz IV steht
für das Vierte Gesetz für Moderne Dienstleistungen am
Arbeitsplatz. Hartz IV führt die Arbeitslosenhilfe und die
Sozialhilfe zu einer neuen Dienstleistung - der Grundsicherung
für Arbeitsuchende - zusammen. Wie die Arbeitslosenhilfe und
die Sozialhilfe wird das neue Arbeitslosengeld II aus Steuern
finanziert und nicht aus den Beiträgen zur
Arbeitslosenversicherung, es ist also eine Fürsorge- und keine
Versicherungsleistung. Das zentrale Ziel von Hartz IV ist die
Vermittlung in Arbeit und Qualifizierung.
Warum
diese Arbeitsmarktreform?
Die Hartz-Gesetze
sind eingebettet in eine beschäftigungspolitische
Gesamtstrategie. Sie wirken zusammen mit den anderen Reformvorhaben
der Agenda 2010. Hartz I und Hartz II stellen die schnellere und
bessere Arbeitsvermittlung in den Mittelpunkt. Sie zielen auf die
Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten. Kernpunkte
sind die Personal-Service-Agenturen, die Minijobs und die Ich-AGs.
Die Gesetze regeln das Verhalten der Betroffenen bei
Arbeitslosigkeit und den Zugang zu Fort- und
Qualifikationsmöglichkeiten. Das Hartz III-Gesetz beinhaltet
die Umgestaltung der Bundesagentur für Arbeit und der
Agenturen für Arbeit zu modernen Dienstleistungseinrichtungen.
Hartz IV ist der letzte Baustein der umfassenden Reform der
Arbeitsmarktpolitik.
Die alte
Doppelstruktur ist zu bürokratisch, teuer und kontraproduktiv:
Bislang kümmern sich Arbeitsagentur und Sozialamt oft parallel
um dieselbe Person: Ein Arbeitsloser, dem die Arbeitslosenhilfe
nicht ausreicht, bekommt zusätzlich vom Sozialamt Sozialhilfe.
Ein Arbeitsloser ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe
bekommt vom Sozialamt Sozialhilfe und Hilfe zur Arbeit. Umgekehrt
haben arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger bislang keinen
Anspruch auf die Arbeitsförderungsleistungen der
Arbeitsagenturen wie zum Beispiel ABM-Stellen. Diese Doppelstruktur
ist zu bürokratisch, teuer und kontraproduktiv - sie behindert
teilweise die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den
Arbeitsmarkt.
2003 zahlte
der Bund 16,5 Milliarden Euro Arbeitslosenhilfe, die Kommunen 9,5
Milliarden Sozialhilfe für erwerbsfähige
Hilfsbedürftige. Durchschnittlich 26 Monate lang musste
Arbeitslosenhilfe gezahlt werden, Sozialhilfe im Schnitt 28 Monate
lang. Je länger die Betroffenen ausgeschlossen sind vom
Arbeitsmarkt, desto schwieriger wird die
Wiedereingliederung.
Was
ändert sich im Kern durch die Reform?
Staatliche
Unterstützung per Arbeitslosenhilfe, also: Geld aus der
Steuerkasse, konnte bislang theoretisch unbegrenzt lange bezogen
werden. Künftig wird das Arbeitslosengeld II gezahlt, wenn der
Antragsteller über kein oder nur ein geringes anderes
Einkommen oder Vermögen verfügt. Die anderen
Haushaltsmitglieder zählen bei der Berechnung mit.
Arbeitssuchende werden besser betreut und in Arbeit vermittelt,
müssen aber auch aktiv mitwirken. Dieses Prinzip des
„Fördern und Fordern“ bedeutet: Wer
erwerbsfähig ist, wird vom Staat dabei unterstützt, aus
eigener Kraft wieder in Lohn und Arbeit zu kommen. Es bedeutet aber
auch: Nur wer wirklich bedürftig ist, erhält
Unterstützung aus Mitteln der Allgemeinheit.
Was
verbessert sich durch die Reform?
Raus aus der
Arbeitslosigkeit: Wichtigstes Ziel der Arbeitsmarktreform ist es,
Arbeitslose so schnell wie möglich zu vermitteln.
Weniger
Bürokratie: Bürokratisch und wenig bürgerfreundlich
war das bisherige Nebeneinander von Arbeitslosenhilfe und
Sozialhilfe. Anträge mussten doppelt gestellt, das Einkommen
zweimal geprüft werden.
Ziel der
Reform ist eine höhere Effizienz:
- schnelle,
passgenaue Vermittlung in Arbeit und Qualifikation
- einheitlicher
Zugang zu Beratung, Vermittlung und
Förderleistungen
- Vorrang der
aktiven Eingliederungsleistung wie Beratung, Vermittlung und
Weiterbildung vor der passiven Transfer-, d.h.
Geldleistung
Was ist
ein Jobcenter?
Ein Jobcenter ist
eine einheitliche Anlaufstelle für Arbeitslose und
Arbeitsuchende. Ein Jobcenter ist das Kundenservicezentrum des
Arbeitsmarkts. Jeder/jede Ratsuchende, egal ob Empfänger/in
von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder ganz ohne
Leistungen, findet hier eine/n Ansprechpartner/in. Das Jobcenter
vereint die Agentur für Arbeit, Jugendamt, Wohnungsamt, die
Sucht- und Drogenberatung, die Schuldnerberatung und weitere
Sozialdienste.
Alles aus
einer Hand: Alle erwerbsfähigen Arbeitsuchenden haben den
gleichen Anspruch auf Förderung, egal, ob sie bislang
Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bezogen haben. Ihnen steht im
Jobcenter das komplette Paket zur Verfügung: ABM-Stellen,
Qualifizierung und Weiterbildung, aber auch Unterstützung bei
der Kinderbetreuung. Wer Arbeit findet, kann zum Arbeitslosengeld
II ein Einstiegsgeld beantragen.
Was wird
getan, dass ich Arbeit bekomme?
Bessere
Vermittlung: Im neuen Jobcenter konzentriert sich künftig ein
so genannter Fallmanager gezielt auf die jeweiligen
Arbeitsuchenden. Individuelle Betreuung war bislang kaum
möglich. Bei Arbeitssuchenden unter 25 Jahren ist künftig
ein Fallmanager maximal für 75 Kunden zuständig;
mittelfristig soll auch bei allen anderen Arbeitsuchenden dieser
Wert erreicht werden. Früher war ein Arbeitsvermittler
für 700 Arbeitslose zuständig, inzwischen wurde das
Verhältnis auf 1:360 gesenkt.
Rechtsanspruch: Arbeit suchende Jugendliche unter 25 Jahren
haben mit der Antragsstellung einen Rechtsanspruch auf
Beschäftigung, Ausbildung und Qualifizierung.
Einstiegsgeld:
Bei Aufnahme einer neuen Arbeit können Empfänger/innen
von Arbeitslosengeld II einen Lohnzuschuss bekommen. Die Leistung
können erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten, wenn
sie eine Arbeit annehmen, deren Bezahlung zur Deckung des
Lebensunterhalts nicht ausreicht. Der Fallmanager kennt die
Situation des Arbeitsuchenden und kann, wenn er es für
zweckmäßig hält, ein Einstiegsgeld in Form eines
flexiblen Zuschusses bewilligen.
Muss ich
jeden Job annehmen?
Nein. Arbeit ist
nicht zumutbar
- wenn der
Hilfebedürftige dazu geistig, seelisch und körperlich
nicht in der Lage ist,
- die Arbeit
dem Hilfebedürftigen die künftige Ausübung seiner
bisherigen überwiegenden Tätigkeit wesentlich erschweren
würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere
körperliche Anforderungen stellt,
- die Arbeit
die Erziehung eines Kindes oder des Kindes seines Partners
gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes, das das
dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht
gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung
oder in Tagespflege oder auf sonstige Weise sichergestellt
ist,
- die Arbeit
mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und
die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden
kann,
- der
Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund
entgegensteht,
Arbeit muss auch
dann nicht angenommen werden, wenn sie sittenwidrig oder illegal
ist. Sittenwidrig ist eine Arbeit dann, wenn der Lohn 30 Prozent
unter dem Tariflohn liegt.
Was
passiert, wenn ich eine zumutbare Arbeit ablehne?
Das
Arbeitslosengeld II wird in einer ersten Stufe um 30 Prozent
gekürzt, wenn der erwerbsfähige Hilfsbedürftige sich
weigert, eine vom Arbeitsvermittler angebotene
Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, die in der
Vereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen oder es an
eigenem Bemühen fehlen lässt; es wird gekürzt, wenn
der Klient/die Klientin eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder
Arbeitsgelegenheit ablehnt oder eine zumutbare Qualifizierung
abbricht.
Wie hoch
ist das Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (West)?
Anspruch auf
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben alle
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen zwischen 15 und 65
Jahren. Als erwerbsfähig gilt, wer mindestens drei Stunden
täglich erwerbstätig sein kann. Anspruchberechtigt sind
auch die Angehörigen, die mit dem Hilfsbedürftigen in
einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Erwerbsfähige Hilfsbedürftige bekommen künftig
Arbeitslosengeld II. Hilfsbedürftig ist, wer sich und/oder
seine Familie nicht selbst versorgen kann. Das Arbeitslosengeld II
wird weitgehend pauschal ausbezahlt: 345 Euro (West) für
Alleinstehende oder Alleinerziehende. Sind beide Partner (beide
älter als 18 Jahre) arbeitslos, so erhält jeder 311 Euro
(jeweils 90 Prozent der Regelleistung).
Nicht
erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfgemeinschaft
erhalten Sozialgeld. Es handelt sich vor allem um Kinder, die mit
dem/der Leistungsempfänger/in im gemeinsamen Haushalt leben.
Das Sozialgeld orientiert sich an der Höhe des
Arbeitslosengeldes II. Bis zum 14. Lebensjahr beträgt das
Sozialgeld 207 Euro (60 Prozent), ab dem 15. Lebensjahr 276 Euro
(80 Prozent der Regelleistung).
Muss ich
künftig mit 345 Euro im Monat auskommen?
Nein. Der Staat
übernimmt die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung, außerdem übernimmt er die Kosten
für Miete und Heizung. Schwangere, Alleinerziehende oder
Behinderte bekommen Zuschläge. Das ist eine deutliche
Verbesserung gegenüber der bisherigen Regelung. Zudem kann das
Arbeitslosengeld II durch eigene Arbeit aufgestockt werden.
Erstmals
bekommen erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die früher
Sozialhilfe bezogen haben, eine eigene Absicherung für das
Alter und eine generelle Pflichtversicherung in der gesetzlichen
Kranken- und Pflegeversicherung. Nicht erwerbsfähige
Angehörige sind über die Familienversicherung kranken-
und pflegeversichert.
Muss ich
mein Vermögen aufbrauchen, bevor ich Arbeitslosengeld II
bekomme?
Nein. Der
Grundfreibetrag des Hilfsbedürftigen und seines Partners
beträgt pro Lebensjahr 200 Euro, mindestens je 4.100 Euro,
höchstens je 13.000 Euro, komplett also 26.000 Euro. Die
Freibeträge bei der Vermögens- und Einkommensanrechnung
sind deutlich höher als im Sozialhilferecht.
- Weitere 200
Euro pro Lebensjahr können für die Altersvorsorge
zurückgelegt werden (Höchstgrenze 13.000 Euro je
Partner). Eine Auszahlung vor der Rente muss ausgeschlossen
sein.
- Die
„Riester-Rente“ genannte staatlich geförderte
Altersvorsorge bleibt vollständig anrechnungsfrei.
- Für
notwendige Anschaffungen pro Hilfsbedürftigem gelten 750 Euro
Freibetrag.
- Nicht zum
Vermögen gehört ein angemessener Hausrat.
- Nein, auch
das Auto muss nicht verkauft werden, auch wenn der Partner/die
Partnerin ein Auto hat, dürfen beide behalten werden. Das Auto
muss aber der Situation „angemessen“ sein.
- Nein, auch
selbst genutztes Wohneigentum in angemessener Größe muss
nicht verkauft werden.
- Sachen und
Rechte, deren Verkauf unwirtschaftlich wäre, werden nicht
angetastet.
Höhere
Freibeträge für Ältere: Der
Vermögensgrundfreibetrag für Ältere, die bis zum 1.
Januar 1948 geboren sind, beträgt 520 Euro je Lebensjahr des
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen und seines Partners,
mindestens aber 4.100 Euro und höchstens jeweils 33.800
Euro.
Konkret
bedeutet dies: Eine Familie (Ehepartner jeweils 48 Jahre alt, zwei
Kinder, 14 und 12 Jahre) kann künftig ein Vermögen
(zuzüglich Riesterrente, Wohneigentum, Hausrat und Auto) in
Höhe von 48.100 Euro besitzen - und dies bei vollem Anspruch
auf Arbeitslosengeld II.
Muss ich
meine Lebensversicherung verkaufen,
bevor ich
Arbeitslosengeld II bekomme?
Liegt der
Rückkaufswert der Lebensversicherung mehr als zehn Prozent
unter der Summe der eingezahlten Beträge, ist ein
Rückkauf unwirtschaftlich, also wird die Versicherung nicht
angetastet. Wird der Versicherungserlös erst im Ruhestand
fällig, gilt ein Freibetrag von 13.000 Euro pro
hilfsbedürftiger Person.
Wird das
Einkommen meines Partners angerechnet?
Ja.
Arbeitslosengeld II und Sozialgeld werden über Steuern
finanziert. Darum muss das Einkommen des Partners angerechnet
werden. Diese Anrechnung orientiert sich am bisherigen
Sozialhilferecht. Abzusetzen sind Steuern, Sozialversicherungs- und
Versicherungsbeiträge. Außerdem können abgesetzt
werden: bei einem Bruttolohn bis zu 400 Euro 15 Prozent; 30 Prozent
für den Teil des Betrags zwischen 400 und 900 Euro und 15
Prozent für den Betrag zwischen 900 und 1500 Euro. Das
restliche Netto-Einkommen wird mit dem Bedarf
verrechnet.
Wird das
Kindergeld als Einkommen angerechnet?
Kindergeld wird
als Einkommen des Kindes angerechnet. Weil aber das Sozialgeld
immer höher ist als das Kindergeld (für unter
14-Jährige 60 Prozent der Regelleistung, also derzeit 207
Euro) ergibt sich daraus eine Verbesserung der bisherigen
Arbeitslosenhilfe.
Muss ich
die Sparbücher meiner Kinder plündern?
Natürlich
nicht. 4.100 Euro von Geburt an stehen jedem minderjährigen
Kind zu. Anders ausgedrückt: 4.100 Euro bleiben auf dem
Kindersparbuch unangetastet. Dieses Vermögen ist
geschützt und kann als Sparbetrag angelegt werden. Damit
bleiben im Regelfall auch Ausbildungsversicherungen geschützt.
Nur Vermögen oberhalb dieses Freibetrages wird auf die
Leistungen für das Kind angerechnet, nicht jedoch auf die
Leistungen für die Eltern. Kinder werden keinesfalls zum
Unterhalt für die Eltern herangezogen. Hinzu kommt der
Freibetrag für besondere Anschaffungen in Höhe von 750
Euro.
Sind
Eltern und Kinder gegenseitig unterhaltspflichtig?
Nein. Eltern und
volljährige Kinder müssen nicht gegenseitig
füreinander aufkommen, sofern sie nicht in einer
Hausgemeinschaft leben. Ausnahme: Für Kinder unter 25 Jahren,
die noch in der Ausbildung sind, müssen die Eltern
aufkommen.
Was ist
eine Bedarfsgemeinschaft?
Zu einer
Bedarfsgemeinschaft gehören
- die
erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen,
- die im
Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil
eines minderjährigen, unverheirateten erwerbsfähigen
Kindes und der im Haushalt lebende Partner dieses
Elternteils,
- der nicht
dauernd getrennt lebende Ehegatte,
- die Person,
die mit dem Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft
lebt,
- der nicht
dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
- die dem
Haushalt angehörigen unverheirateten minderjährigen
Kinder des erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen oder seines
Partners, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten
können.
Einkommen und
Vermögen von Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft sind bei
der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit zu
berücksichtigen. Leben Hilfsbedürftige mit Verwandten
oder Verschwägerten in einer Haushaltsgemeinschaft, so geht
die Arbeitsagentur davon aus, dass diese die notwendigen Leistungen
für den Hilfebedürftigen aufbringen. Das Gegenteil kann
aber nachgewiesen werden.
Wer
bekommt den Kinderzuschlag?
Ein
Kinderzuschlag wird an Eltern bezahlt, deren Arbeitseinkommen zwar
das eigene Auskommen sichert, aber für das der Kinder nicht
reicht. Der Zuschlag wird mit dem Kindergeld ausbezahlt. Der
Zuschlag verhindert, dass erwerbstätige Eltern allein wegen
des Unterhalts für ihre Kinder Sozialhilfe beantragen
müssen. Kinderzuschlag gibt es maximal in Höhe von 140
Euro pro Kind für längstens 36 Monate.
Beispiel:
Ehepaar mit zwei Kindern, Warmmiete 521 Euro monatlich. Ein
Anspruch auf den Kinderzuschlag besteht bei einem um Steuern,
Sozialabgaben und dem Erwerbstätigenfreibetrag bereinigten
Nettoeinkommen von 993 bis 1.273 Euro im Monat. Ein solches
Einkommen kann mit einem Midi- und einem Minijob erreicht werden.
Bei einem Nettoeinkommen von 993 Euro werden zwei volle
Kinderzuschläge von 280 Euro bezahlt, bei 1.273 sind es noch
91 Euro. Das Wohngeld kann 120 bis 150 Euro betragen.
Profitieren gering verdienende Familien und
Alleinerziehende?
Familien mit
schwachem Einkommen und Alleinerziehende haben durch die Reform
nicht weniger, sondern mehr Geld zur Verfügung. Denn im
Unterschied zur Arbeitslosenhilfe orientiert sich das
Arbeitslosengeld II nicht am letzten Lohneinkommen, sondern an der
Bedürftigkeit. Bis in die mittlere Lohngruppe hinein ist das
neue Arbeitslosengeld II höher als die bisherige
Arbeitslosenhilfe. Vor allem Alleinerziehende, die derzeit
Sozialhilfe und künftig das Arbeitslosengeld II beziehen,
werden profitieren. Sie sind künftig sozialversichert. Das
gilt besonders für Menschen aus schlecht bezahlten Berufen,
zum Beispiel Krankenschwestern, Friseure oder Verkäuferinnen.
Alleinerziehende bekommen nicht nur eine Beschäftigung
vermittelt sondern - bei Bedarf - auch einen Betreuungsplatz
für das Kind.
Ich halte
mich seit kurzem in einem Frauenhaus auf. Wer ist für mich
Ansprechpartner? Bin ich vom Einkommen meines gewalttätigen
Partners abhängig? Muss ich in dieser Konfliktsituation jede
Arbeit annehmen?
Mit Beginn des
Aufenthalts im Frauenhaus gilt die Bedarfsgemeinschaft mit Ihrem
Partner ohne zusätzliche Erklärung sofort als aufgehoben.
Auch im Fall einer Wegweisung des gewalttätigen Partners durch
die Polizei oder das Gericht gilt die Bedarfsgemeinschaft vom
ersten Tag an als aufgehoben. Dies heißt konkret: Einkommen
und Vermögen des Partners bleiben bei der Berechnung Ihrer
Hilfebedürftigkeit unberücksichtigt. Sie haben die
Möglichkeit, entsprechend Ihrer Bedürftigkeit und der
Ihrer Kinder, das Arbeitslosengeld II und gegebenenfalls Sozialgeld
für die Kinder zu erhalten.
Ansprechpartner sind die örtliche Bundesagentur für
Arbeit und der zuständige kommunale Träger - das
Landratsamt - in dem Ort, in dem das Frauenhaus liegt.
Die
Behörden sind angehalten, bei der Geltendmachung von
Unterhaltsansprüchen gegen den Ehemann mit Rücksicht auf
Ihre Gefährdungssituation sensibel vorzugehen. Es muss z.B.
vermieden werden, dass Ihr Partner durch die Geltendmachung der
Unterhaltsansprüche Ihren Aufenthaltsort
erfährt.
Wenn Sie oder
Ihre Kinder noch unter dem Schock der Gewalterfahrung stehen und
Sie deshalb noch nicht in der Lage sind, eine Arbeit aufzunehmen,
können Sie sich unter Umständen darauf berufen, dass
Ihnen eine Arbeitsaufnahme aus seelischen Gründen nicht
zumutbar ist. Dies muss in jedem Fall durch entsprechende
ärztliche oder psychologische Gutachten belegt werden. In
Zweifelsfällen kann der ärztliche oder psychologische
Dienst eingeschaltet werden. In Betracht kommt aber auch
zunächst- eine Krankschreibung.
Auch wenn Sie
zu einer Arbeit in der Lage sind, soll bei der Auswahl darauf
geachtet werden, dass Sie sich keiner zu großen Gefahr
aussetzen müssen.
Ist die
Kostenübernahme beim Aufenthalt im Frauenhaus
gesichert?
Die Unsicherheit
in der Frage der Kostenübernahme für die Unterbringung
ortsfremder Frauen in einem Frauenhaus ist beseitigt worden. Auf
Initiative der SPD-Bundestagsfraktion wurde in das am 3. Juni 2005
beschlossene Freibetragsneuregelungsgesetz eine klarstellende
Regelung zur Kostenerstattung zwischen den örtlichen
Trägern aufgenommen.
Die jetzt
beschlossene Klarstellung sieht vor, dass die bisherige
Wohnortkommune der Kommune am Ort des Frauenhauses stets die
betreffenden Kosten für die Dauer des Aufenthalts der Frau zu
erstatten hat. Die befürchtete finanzielle Überforderung
der Kommunen, in der ein Frauenhaus betrieben wird, ist damit
ausgeschlossen - es gibt also keinen Grund mehr, ortsfremde Frauen
aus finanziellen Gründen die Aufnahme zu
verweigern.
Darf ich
zum Arbeitslosengeld II hinzuverdienen?
Der
Zuverdienst für Langzeitarbeitslose wurde im Juni 2005 durch
das Freibetragsneuregelungsgesetz verbessert. Die bisherigen
Absetzbeträge (z.B. für Werbungskosten,
Versicherungsbeiträge, Beitrag zur Riester-Rente) werden durch
100 Euro Grundfreibetrag ersetzt. Der Bezugspunkt ist künftig
das Bruttoeinkommen. Bis zu einem Bruttoeinkommen von 800 Euro
beträgt der prozentuale Freibetrag 20 Prozent des den
Grundfreibetrag übersteigenden Einkommens. Für
Bruttoeinkommen über 800 Euro beträgt der
zusätzliche prozentuale Freibetrag 10 Prozent. Die Obergrenze
für die vereinbarten Freibeträge liegt für
Hilfebedürftige ohne Kinder bei 1200 Euro brutto, für
alle Bedarfsgemeinschaften mit Kindern bei einem Bruttoeinkommen
von 1500 Euro.
Was sind
Zusatzjobs, die so genannten Ein-Euro-Jobs?
Die so genannten
Ein- oder Zwei-Euro-Jobs sind zeitlich begrenzte
Arbeitsgelegenheiten oder Zusatzjobs. Die Zusatzjobs sollen helfen,
Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt wieder
einzugliedern. Langzeitarbeitslose verdienen zum Arbeitslosengeld
II hinzu und können je nach Stundenzahl und Bedürftigkeit
zwischen 850 und 1.000 Euro monatlich verdienen (Kosten für
Unterkunft und Heizung plus Regelleistung von 345 Euro plus
eventuell einen befristeten Zuschlag plus Mehraufwand).
Kommunen und
gemeinnützige Träger richten solche Zusatzjobs ein. Der
Zusatzjob muss tatsächlich zusätzlich sein und sich am
Gemeinwohl orientieren (Beispiel: soziale Betreuungsarbeiten in der
Altenpflege und bei der Kinderbetreuung). Er ist
gemeinwohlorientiert, wenn er der Gesellschaft zugute kommt und
zusätzlich, wenn er ergänzend zu den Aufgaben erbracht
wird, die etwa Altenpflegekräfte und Erzieherinnen
üblicherweise leisten.
Droht nach
einem Jahr Arbeitslosengeld
der
Absturz auf Sozialhilfeniveau?
Nein. Arbeitslose
mit Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung
erhalten nach Ende des Arbeitslosengeldbezugs einen befristeten
Zuschlag auf das Arbeitslosengeld II. Der Zuschlag federt den
Übergang auf das niedrigere Niveau ab.
Wie viel
Zuschlag? Der Zuschlag ist auf zwei Jahre begrenzt und beträgt
höchstens 160 Euro monatlich, bei Partnern höchstens 320
Euro, pro minderjährigem Kind das mit dem
Zuschlagsberechtigten zusammenlebt 60 Euro. Nach einem Jahr wird
der Zuschlag halbiert. Fällt der Zuschlag weg, steht der
Arbeitsuchende dennoch besser da als mit der bisherigen
Sozialhilfe: Der Staat bezahlt die
Sozialversicherungsbeiträge, außerdem sind die
Freibeträge bei der Anrechnung von Vermögen und bei
Erwerbstätigkeit deutlich höher als bisher.
Zuschlag ab
sofort: Wer bis Ende 2003 Arbeitslosengeld bezogen hat und 2004
Arbeitslosenhilfe, erhält am 1. Januar 2005 ein Jahr lang den
halbierten Zuschlag auf das Arbeitslosengeld II.
Warum wird
mir als älterem Langzeitarbeitslosen
das
Arbeitslosengeld I nun doch nicht verlängert?
CDU/CSU haben das
Vorhaben von Rot-Grün im Bundesrat blockiert. Geplant war
folgendes: Die Übergangsfrist, in der Arbeitnehmer über
58 Jahre 32 Monate lang Arbeitslosengeld I erhalten, sollte bis 31.
Januar 2008 verlängert werden. Die so geänderte
Bezugsdauer hätte sich erstmals im Jahr 2010 ausgewirkt. Diese
Verschiebung hätte alle Arbeitnehmer über 45 Jahren
begünstigt.
Die SPD wird
als Regierungspartei in der neuen Legislaturperiode die
Verlängerung des Arbeitslosengeldes I erneut zur Abstimmung
bringen. Warum haben wir zunächst eine kürzere
Bezugsdauer bei älteren Arbeitnehmern eingeführt? Wir
wollten damit verhindern, dass Unternehmen langjährige
Mitarbeiter weiterhin eine Frührente namens Arbeitslosigkeit
schicken - auf Kosten der Beitragszahler. Voraussetzung für
diese Maßnahme war allerdings, dass sich die
Beschäftigungschancen für Ältere verbessern. Das ist
leider bisher noch nicht in dem erwarteten Umfang eingetreten: Noch
immer finden ältere Menschen nur schwer eine neue Stelle.
Beinahe ein Viertel aller Arbeitslosen ist älter als 50 Jahre.
Und deshalb sollte die Bezugsdauer verlängert
werden.
Mit einer
Verlängerung der Bezugsdauer wären viele befristete
Instrumente verlängert worden, die auf bessere Jobchancen
für Ältere abzielen: die Förderung der beruflichen
Weiterbildung für ältere von Arbeitslosigkeit bedrohte
Arbeitnehmer, der Vermittlungsgutschein, die Entgeltsicherung
für ältere Arbeitnehmer oder der Wegfall des
Arbeitgeberbeitrags zur Arbeitslosenversicherung bei
Neueinstellungen Älterer. Außerdem können
Unternehmen jetzt mehrere befristete Verträge mit demselben
Arbeitnehmer abschließen, sofern zwischen zwei befristeten
Anstellungen mindestens zwei Jahre Zeit vergangen sind.
Und was wollen
CDU/CSU im Falle eines Wahlsieges durchsetzen? 24 Monate
Bezugsdauer - allerdings nur für Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer mit vollen 40 Beitragsjahren! Bei allen anderen
würde drastisch gekürzt: Wer ein Jahr lang Beiträge
bezahlt hat, soll 3 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Im
ersten Monat der Arbeitslosigkeit soll das Arbeitslosengeld sogar
abgesenkt werden. Dabei ist der Verlust des Jobs für einen
30-Jährigen mit zwei Kindern wohl ebenso dramatisch wie
für einen 50-Jährigen ohne Kinder. Nur wer 10 Jahre lang
Beiträge für die Arbeitslosenversicherung bezahlt hat,
soll zwölf Monate lang Arbeitslosengeld bekommen. Eine solche
Staffelung benachteiligt junge Menschen, Frauen und Männer mit
Kindern beziehungsweise Personen mit unterbrochenen
Erwerbsverläufen.
Stehe ich
mit dem Arbeitslosengeld II schlechter da
als mit
Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe?
Nein.
Rechenbeispiel
Alleinlebende/r, Miete und Heizung 317 Euro, Bruttoeinkommen 1500
Euro (West)
Arbeitslosengeld II: |
345
Euro |
Unterkunft,
Heizung: |
317
Euro |
Befristeter
Zuschlag im ersten Jahr: |
31
Euro |
Befristeter
Zuschlag im zweiten Jahr: |
16
Euro |
|
|
Haushaltseinkommen |
|
im ersten
Jahr |
693
Euro |
im zweiten
Jahr |
678
Euro |
ab dem
dritten Jahr |
662
Euro |
Zum Vergleich:
bisherige Arbeitslosenhilfe und Wohngeld nach alter Regelung: 659
Euro
Rechenbeispiel
(Ehe-)Paar, 2 Kinder (4 und 12 Jahre), Miete und Heizung 538 Euro,
früheres Bruttoeinkommen 3000 Euro (West)
Arbeitslosengeld II, Erwachsener |
311
Euro |
Zusätzlich anzurechnendes Einkommen |
|
Arbeitslosengeld II, Erwachsener |
311
Euro |
Kindergeld |
308
Euro |
Arbeitslosengeld II, Kind |
207
Euro |
Berechnung
Zuschläge |
|
Arbeitslosengeld II, Kind |
207
Euro |
Zuschlag im
ersten Jahr |
165
Euro |
Unterkunft,
Heizung |
538
Euro |
Zuschlag im
zweiten Jahr |
83
Euro |
Haushaltseinkommen (Arbeitslosengeld II + Kindergeld)
im ersten
Jahr |
1.739
Euro |
im zweiten
Jahr |
1.657
Euro |
ab dem
dritten Jahr |
1.574
Euro |
Zum Vergleich:
bisherige Arbeitslosenhilfe, Wohngeld und Kindergeld: 1.670,51
Euro
Was bringt
die Reform den Kommunen?
Sie sparen viel
Geld: Gewinner der Reform sind die Städte und Gemeinden. Der
Bund entlastet die Kommunen durch die Arbeitsmarktreform
jährlich um insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Das Land
Baden-Württemberg wird 2005 strukturell um 160 Millionen Euro
entlastet. Die Wohngeldreform entlastet die Länder um
jährlich 2 Milliarden Euro, und 200 Millionen Euro für
die Eingliederung in den Arbeitsmarkt übernimmt ebenfalls der
Bund.
Sie sparen
auch bei der Unterkunft: Durch die Einführung von
Arbeitslosengeld II müssen die Kommunen künftig nicht
mehr die Kosten für erwerbsfähige
Sozialhilfeempfänger (sie machen 90 Prozent der
Sozialhilfe-Empfänger aus) übernehmen. Außerdem
übernimmt der Bund 29,1 Prozent der Kosten der Unterkunft
(aktuell geschätzte 3,2 Milliarden Euro pro Jahr); diese Zahl
ist variabel und wird über eine Revisionsklausel im Laufe von
2005 zeitnah an die tatsächlich entstandenen Kosten
angepasst.
Es wird Geld
frei für die Kinderbetreuung: Das bei der Sozialhilfe gesparte
Geld sollen die Kommunen anteilig in Betreuungseinrichtungen
für Kinder von 0 bis 3 Jahre investieren.
Baden-Württemberg schuldet den Kommunen weitere 125
Millionen: Zusätzlich zur Entlastung von 160 Millionen Euro
müssen die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg
weitere 125 Millionen Euro pro Jahr vom Land einfordern. 125
Millionen spart das Land künftig an Wohngeld. Die
Landesregierung ist bislang nicht bereit, diese 125 Millionen
weiterzuleiten. Es ist auch Aufgabe der Kommunen, die
Landesregierung in diesem Punkt öffentlich in die Pflicht zu
nehmen.
Warum
genieren sich CDU/CSU nicht für ihre
Scheinheiligkeit?
CDU/CSU-Forderungen:
- Arbeitslosengeld im ersten Monat streichen!
- Sozialhilfe
für alle, deren Bezug von Arbeitslosengeld abgelaufen
ist!
- Absolute
Arbeitsverpflichtung!
- Absolute
Zumutbarkeit von Arbeit!
- Niedrigere
Freibeträge für die Sparbücher der
Kinder!
- Keine
Mehraufwandsentschädigung mehr (wie bisher bei der
Sozialhilfe)!
- Ein Drittel
weniger Geld für Langzeitarbeitslose als
beschlossen!
- Zuschläge zum Arbeitslosengeld II nur ein Jahr anstatt
zwei!
- Volle
Anrechung des Zuverdienstes für Jobs bis 400 Euro!
- Keine
Sozialversicherung für Arbeitslose!
- Keine
verbindliche Regelung bei der Eingliederung von
Langzeitarbeitslosen!
Die Union
kritisiert heute Regelungen bei der Arbeitsmarktreform, die sie im
Vermittlungssausschuss einst mit beschlossen hat - und die sie,
wäre sie an der Regierung, wesentlich schärfer formuliert
hätte.
CDU/CSU
wollten kein Arbeitslosengeld II. Die Union fordert in einem von
ihr vorgelegten „Existenzgrundlagengesetz“ faktisch die
Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Langzeitarbeitslose wären
generell auf Sozialhilfeniveau abgerutscht.
Die
Leistungskürzung steht im Mittelpunkt des Unions-Konzeptes,
das auf dem aus den USA importierten „Wisconsin-Modell“
basiert. Dahinter steht die Annahme, dass sich die Menschen schon
einen Job suchen würden wie auch immer die Bedingungen sein
mögen. Die Union hält trotz des im Vermittlungsausschuss
vereinbarten Kompromisses an ihren Maximalforderungen fest, alles
andere sind Einzelmeinungen.
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