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Rede im Deutschen Bundestag am 17. Juni 1999
zum Thema:
Große Anfrage der FDP:
Wettbewerbsbedingungen für die deutsche
Tourismuswirtschaft im EURO-Land
Frau
Präsidentin,
meine sehr
verehrten Damen und Herren,
der Tourismus
wird ein immer wichtigerer Wirtschaftszweig in Deutschland. Bei
einem Anteil von rund 8% am Bruttosozialprodukt wird auch klar,
welch große Beschäftigungs- und strukturpolitische
Bedeutung er hat. Die Wettbewerbsfähigkeit der
Tourismuswirtschaft ist deshalb durch qualitativ hochwertige
Angebote und günstigere Rahmenbedingungen zu sichern. Als
Tourismuspolitikerin fällt mir wie Ihnen, meine Damen und
Herren von der Opposition, u.a. auch eine Senkung oder Halbierung
des Mehrwertsteuersatzes oder die Neuregelung bei der
Trinkgeldbesteuerung für unsere Branche ein.
Unser
Wirtschaftsminister Herr Müller hat auf der Internationalen
Tourismusbörse im Frühjahr in Berlin das richtige Signal
ausgesandt.
Um die
Wettbewerbsbedingungen zu verbessern, hat er den Vorschlag gemacht,
die Mehrwertsteuer für das Hotel- und Gaststättengewerbe
zu halbieren.
Ein Vorschlag,
der ernsthaft geprüft werden sollte. Er muss jedoch
eingebettet werden in die Steuerreform und die europäische
Harmonisierung. Mit unserer Unterstützung jedenfalls kann er
rechnen.
Wenn wir einen
Blick auf unsere Regelsteuersätze werfen, stellen wir fest,
dass wir den 2.günstigsten Satz innerhalb Europas haben, nur
Luxemburg liegt darunter. Die niedrigsten Steuern und - nach Herrn
Brämig - die höchsten Subventionen im Tourismus - das ist
nicht zu finanzieren.
Wenn wir etwas
verändern wollen, gibt es drei Möglichkeiten:
1. Die
Beherbergungsbetriebe mit dem ermäßigten
Mehrwertsteuersatz zu besteuern, wie jetzt auch Herr Teufel
unlängst vorgeschlagen hat. Dies würde zu
Steuermindereinnahmen von rund 1.35 Mrd. DM jährlich
führen. Allerdings muss dann die Frage beantwortet werden, ob
dies aus steuersystematischen Gründen sinnvoll ist. Andere
Branchen wollen dies auch.
2. Das gesamte
Hotel- und Gaststättengewerbe durch eine Halbierung des
Mehrwertsteuersatzes zu entlasten. Die Steuerausfälle
würden dann bei 4-5 Mrd. DM liegen.
3. Oder den
gesamten Dienstleistungsbereich in Deutschland entsprechend zu
entlasten. Wie im 2. Punkt müsste das Gemeinschaftsrecht
geändert werden. Ein Vorschlag der Europäischen
Kommission und ein einstimmiger Beschluss des EU-Ministerrates
wären hierzu nötig. Steuerausfälle, die in einer
Größenordnung von 30 - 40 Mrd. liegen, müssten
veranschlagt werden.
Natürlich
drängt sich die Frage auf: wie soll das gegenfinanziert
werden?
Bei der
kritisierten Trinkgeldbesteuerung gibt es mehrere Wege:
Herr
Ministerpräsident Teufel hat gefordert, den Freibetrag von
2.400 DM auf 3.600 DM zu erhöhen. Dies ist eine
Möglichkeit in unserem Steuerrecht. Ich gebe aber zu bedenken,
dass damit an einer Systemgrenze gerüttelt wird.
Es gibt einen
eleganteren Weg:
Ich
möchte kurz daran erinnern, dass wir bei unserer Steuerreform
den Mittelstand um ca. 5 Mrd. DM entlastet haben und unsere
geplante Unternehmenssteuerreform, die von einem maximalen
Steuersatz von 35 % ausgeht, nicht nur ein Schritt, sondern ein
Sprung in die richtige Richtung ist.
Aber bevor wir
immer darauf schauen, wie der Staat seine Einnahmen verringern
kann, wende ich mich den wirklichen Problemen der Tourismusbranche
zu.
Ich stelle
fest, dass:
1 ein
ruinöser Wettbewerb innerhalb der Branche
stattfindet
2. die Preise
einkommensbereinigt den niedrigsten Stand erreicht haben,
die
3. dazu
geführt haben, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilweise
regelrecht ausgepresst werden und
4. die
Servicebereitschaft darunter leidet.
Ich fordere
daher die Branche auf, ihr Verhalten auf dem Markt zu
überprüfen. Eine weitere Abwärtsspirale zu Lasten
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist nicht zu
verantworten.
Ich
möchte nun drei Schwerpunkte ansprechen, die sich unsre
Tourismus - AG in dieser Legislaturperiode vorgenommen
hat:
1. Wir wollen
eine Qualifizierungs- und Weiterbildungsoffensive für die
Beschäftigten unterstützen. Dazu hat die Bundesregierung
zusätzliche Mittel in Höhe von 5 Mio. DM bereitgestellt.
Nur mit gut aus- und weitergebildeten Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern können wir im Dienstleistungswettbewerb
bestehen.
2. Ich
wünsche mir, dass unverwechselbare Regionenprofile entstehen,
die durch Regionalleitbilder Gestalt annehmen könnten. Die
Einzigartigkeit der jeweiligen Tourismusregion, die zur
Unverwechselbarkeit führt und gleichzeitig die Identität
stärkt, muss vor Ort herausgearbeitet werden. Diesen Prozess
können wir, natürlich immer zusammen mit unseren
Ländern, unterstützen.
3. Dieser
Punkt schließt sich unmittelbar an. Nur wenn ich ein
stimmiges “Produkt” habe, kann ich es auch erfolgreich
vermarkten. Die neue Bundesregierung unterstützt durch
besondere Förderung der DZT - Deutsche Zentrale für
Tourismus - ein spezielles Standortmarketing für Deutschland,
das neben der gezielten Auslandsbewerbung seit Anfang 1999 auch
länderübergreifendes Inlandsmarketing
betreibt.
Ich würde
mir wünschen, dass sich die Opposition mit den wirklichen
Problemen der Tourismuswirtschaft auseinandersetzt, anstatt
populistische Forderungen zu stellen, mit denen sie nur den
Bundeshaushalt belastet.
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