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Rede im Deutschen Bundestag am 8. März 2001
zum Thema:
1. Lesung zum Regierungs-Entwurf eines Gesetzes zur
Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und
Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der
Ehewohnung bei Trennung
Antrag CDU/CSU „Ankündigungen zur Bekämpfung
von Gewalt gegen Frauen umsetzen“
Frau
Präsidentin,
werte
Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr
verehrten Damen und Herren,
heute auf den
Tag vor 90 Jahren forderte Clara Zetkin für ihre
Zeitgenossinnen das Wahlrecht als Grundlage politischer Teilhabe
und damit gesellschaftlicher Gestaltungsmacht. Seitdem haben
kämpferische Frauen und intelligente emanzipierte Männer
einiges erreicht.
1958 tritt zum
Beispiel das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Das
Letztentscheidungsrecht des Ehemannes in allen Eheangelegenheiten
wird ersatzlos gestrichen und das Recht des Ehemanns, ein
Dienstverhältnis seiner Frau fristlos zu kündigen, wird
aufgehoben.
Wenn das
vorliegende Gewaltschutzgesetz verabschiedet sein wird, haben
Frauen, die von häuslicher Gewalt durch ihre Partner betroffen
sind, die Möglichkeit, zu wählen. Sie können mit
ihren Kindern in eines von über 400 Frauenhäuser gehen
oder zu Hause bleiben, denn der Gewalttäter wird der Wohnung
verwiesen.
In
Baden-Württemberg wird in verschiedenen Modellstädten die
Wegweisung erfolgreich praktiziert. In konservativen Kreisen staunt
man, daß der „Herr des Hauses“ gehen muß
und Frau und Kinder, die sogenannte Restfamilie, in ihrem gewohnten
Umfeld bleiben können. Wieso diese Empörung, wenn der
Täter gehen muß?
Seit mehr als
25 Jahren thematisiert, hat sich an der alltäglichen Gewalt
gegen Frauen kaum etwas geändert. Mit dem Aktionsplan der
Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen liegt
erstmals ein umfassendes und ressortübergreifendes,
nachhaltiges und effektives Gesamtkonzept vor. Dabei geht es nicht
nur um punktuelle Maßnahmen und individuelle Hilfestellung,
wie in der Vergangenheit. Es sind strukturelle Veränderungen
auf allen Ebenen notwendig. Seit der Einbringung des Aktionsplans
in den Deutschen Bundestag ist nicht nur für mich
entscheidendes passiert.
Meine Damen
und Herren von der CDU/CSU, es ist auch Ihre Aufgabe, die Aufgabe
der Opposition, gute Ideen beizusteuern, gegebenenfalls auch Druck
zu machen und wie im vorliegenden Fall einen Antrag zu stellen. Ich
lese und zitiere „Der Deutsche Bundestag begrüßt
ein solches Aktionsprogramm“. Das freut mich sehr! Wenn es
allerdings an die Umsetzung und Verabschiedung von Gesetzen gegen
die Gewalt an Frauen und Kindern ging, haben Sie, meine Damen und
Herren von der CDU/CSU, dagegen gestimmt.
Erstes
Beispiel: Großen Wert legt der Aktionsplan auf
präventive Maßnahmen. Mit dem Gesetz zur Ächtung
von Gewalt in der Erziehung wird unmissverständlich
festgehalten: Gewalt ist kein Mittel der Erziehung.
Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere
entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Es geht
darum, Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken. Leider
haben Sie, Frau Fischbach von der CDU, als damalige Vorsitzende der
Kinderkommission, diesem wichtigen Gesetz, das hinführen soll
zu einer friedfertigeren Gesellschaft, nicht zugestimmt.
Zweites
Beispiel: Die Neuregelung des § 19 Ausländergesetz
unterstützt Frauen ausländischer Herkunft, die mit einem
deutschen oder ausländischen Mann verheiratet und von Gewalt
bedroht sind. Für misshandelte Frauen ist die Mindestdauer der
für die Erlangung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts
erforderlichen Ehejahre von vier auf zwei Jahre verkürzt
worden. Auch diese Verbesserung für die Frauen haben Sie,
meine Damen und Herren von der CDU/CSU, abgelehnt.
Lassen Sie
mich abschließend am heutigen Frauentag zusammenfassen: Mein
Dank richtet sich an die beiden Ministerinnen Herta
Däubler-Gmelin und Christine Bergmann. Das Programm
„Frau und Beruf“ mit seinem neuen Elternzeitgesetz und
das Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen
sind unverzichtbare Bausteine, um Clara Zetkins Forderung
„Frauenrechte sind Menschenrechte“ weiter umzusetzen.
Gewalt gegen Frauen ist ein Zeichen von Schwäche, nicht von
Stärke, das gilt übrigens auch für verbale
Gewalt.
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