Ich war vom
ersten Tag des Bekanntwerdens, dass Hamburg einen Antrag auf eine
weitere Elbvertiefung stellen wollte, dagegen (u. a. weil noch
nicht einmal die seinerzeit von uns durchgesetzte Beweissicherung
abgeschlossen ist) und bin heute – im Januar 2007 -
mit gleicher Intensität und einer Fülle sachlicher
Argumente unverändert energisch dagegen.
Deshalb habe ich mich vielfach entsprechend in der
Öffentlichkeit geäußert, Informationsveranstaltung
durchgeführt und immer wieder Fachleute nach Berlin
eingeladen, um Sensibilität und Wissen zu transportieren.
Zunächst einige Erläuterungen zum Verfahren:
Das Bundesland Hamburg hat das Recht, Anträge auf
Elbvertiefung (ich verwende diese Kurzform für den
förmlichen Begriff der „Fahrrinnenanpassung“
– auch wenn der eigentlich sogar noch deutlicher ist, weil
die tiefe Fahrrinne ja auch breiter werden soll und das erheblichen
Einfluss auf die Elbe hat) an den Bund zu stellen. Der Bund muss
dann zumindest untersuchen, ob ein solches Vorhaben umsetzbar
ist.
„Vorhabenträger“ sind der Bund und auf einer
bestimmten Teilstrecke das Land Hamburg. Beide haben das
Projektbüro Fahrrinnenanpassung gegründet und dafür
gesorgt, dass z. B. über dessen Vertreter, die Herren
Osterwald und Öllerich, sowie über den
„Moderator“, Herrn Reincke, der ebenfalls vom
Vorhabenträger eingesetzt und bezahlt wurde, Informationen an
die Region kamen – vom Vorhabenträger als
„Transparenz“ gemeint, von uns (auch von mir!) als
Werbung für die Maßnahme „weitere
Elbvertiefung“ verstanden.
Über „die Elbvertiefung“ wurde und wird
übrigens in Berlin nicht förmlich abgestimmt. An zwei
Stellen in Gesetzen taucht die Elbvertiefung aber auf:
1. im Haushaltsgesetz des Bundes: das Haushaltsgesetz ist
ungefähr 20 cm Papier im Stapel (so hoch wie 5 – 6 dicke
Telefonbücher) und enthält Tausende von Einzeltiteln.
Einer – ein einziger - davon betrifft die Vertiefung von Elbe
und Weser. In jeder Gemeinde wird im Haushalt vorsorglich Geld
für in Untersuchung oder Planung befindliche Maßnahmen
eingestellt, das verlangen die Vorschriften für
öffentliche Haushalte, egal, ob eine Entscheidung aufgrund der
Abwägung von Untersuchungsergebnissen bereits getroffen wurde
oder nicht.
So ist es auch im Bundeshaushalt. Darüber kann ich mich zwar
ärgern, aber ich habe gar keine Möglichkeit als
Bundestagsabgeordnete, diesen Titel aus dem Haushalt
herauszubekommen. Dafür bekäme ich nie und nimmer in
meiner Fraktion eine Mehrheit. Also bleibt nur die Überlegung,
ob man dafür oder dagegen (den ganzen Haushalt mit allen
Titeln!) stimmen soll. Da sich jeder vorstellen kann, dass in
diesem Haushalt auch eine Menge an Haushaltstiteln stehen –
so z. B. ja auch das Geld, von dem die OU Otterndorf gebaut werden
soll -, für die ich heftig gekämpft und geworben habe,
Haushaltstitel, die uns allen ganz wichtig sind, wäre es
absurd, als einzelne Abgeordnete dagegen zu stimmen.
Was ich politisch tun konnte, habe ich getan: öffentlich
darauf hingewiesen, dass das Geld im Haushalt vorgesehen ist und
die Untersuchungen offenbar zum Abschluss kommen, dass wir deshalb
aufpassen und unsere Anstrengungen gegen die Elbvertiefung
verstärken müssen.
2. Die Elbvertiefung taucht auf im Gesetz zur
Infrastrukturbeschleunigung. Sie ist eine von ca. 80 Maßnahmen
in diesem Gesetz, für die die Planungen beschleunigt werden
sollen. Hier habe ich intensiv versucht, eine Mehrheit in meiner
Arbeitsgruppe gegen die Aufnahme der Elbvertiefung zu finden. Dies
ist nicht gelungen. Leider können sich die meisten
Abgeordneten nicht vorstellen, welche Probleme wir bekommen –
sie sehen das Interesse einer funktionierenden Hafenwirtschaft und
können sich nicht so intensiv einarbeiten, dass sie wirklich
überblicken, welche Folgen eine weitere Vertiefung der Elbe
für uns hier vor Ort haben kann.
Mit diesem Gesetz werden die Auslegungsfristen und
Einwendungsfristen verkürzt, außerdem gibt es nur noch
eine Gerichtsinstanz für die Klagen. Das ist sehr
ärgerlich, aber nicht unbedingt entscheidend. Auch in einer
Anhörung, die unser Ausschuss in Berlin dazu gemacht hat, habe
ich die Maßnahme kritisch hinterfragt – leider
erfolglos, weil meine Kollegen die Position nicht aus dem Gesetz
nehmen wollten.
Es ist zwar ärgerlich, wenn man keine Mehrheit für sein
Anliegen bekommt, aber in Demokratien ist das so. Ich habe an der
Abstimmung zu dem Gesetz dann nicht teilgenommen – weder im
Ausschuss noch im Plenum. Zugegeben – vielleicht eine dumme
Reaktion auf den Konflikt, dass das Gesetz insgesamt eine Reihe von
Verbesserungen für intensiv gewünschte Straßen- bzw.
Schienenvorhaben bringt – aber die Elbvertiefung darin ist
mir mehr als ärgerlich.
Anschließend habe ich auf die Fristverkürzungen sofort
alle mir bekannten Kritiker aufmerksam gemacht, damit man sich auf
die neuen Bedingungen gleich einstellen kann.
Dennoch ist damit nichts verloren, denn es gibt eine einzige
Stelle, die wirklich politisch entscheiden kann, ob es zur
Elbvertiefung kommt oder nicht: das Land Niedersachsen.
Wenn das Land Niedersachsen nicht sein Einvernehmen zur
Maßnahme erteilt, kann die Elbvertiefung nicht gemacht
werden!
Deshalb habe ich mich übrigens von Anfang an um gute
Kooperation mit „dem Land“ und vor allem mit Herrn
McAllister bemüht, der ja an entscheidender Stelle in der
Mehrheitsfraktion des Landes sitzt. Ob es im Landtag eine
Abstimmung geben wird oder ob das Kabinett und damit die Regierung
allein die Entscheidung treffen wird, weiß ich nicht.
Förmlich ist wohl beides möglich.
Dies wird sinnvollerweise aber erst erfolgen, wenn alle Ergebnisse
vorliegen und die Unterlagen öffentlich ausgelegen habe, die
Betroffenen und die Gemeinden etc. ihre Einwendungen vorgelegt
haben, so dass all diese Einwendungen auch vom Land mit
berücksichtigt werden können. Es ist also ganz wichtig,
sachliche Einwendungen auch wirklich zu machen!
Außerdem wird es eine Abwägung geben zwischen den
vorgelegten Planunterlagen und den Einwendungen –
durchgeführt von der Planfeststellungsbehörde, die
ergebnisoffen vorgehen muss. Bei der vorangegangenen
Elbvertiefung wurden zahlreiche Einwendungen als unerheblich
abgewehrt. Befürchtete Folgen sind inzwischen eingetreten. Um
so mehr müssen wir jetzt aufpassen, dass Einwendungen erst
genommen werden.
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