Stellungnahme zu den Protesten der Ärzte in der Region

 

Februar 2006

Wir haben bereits mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 die Grundlagen für eine Reform der vertragsärztlichen Vergütung gelegt. Leider ist die gemeinsame Selbstverwaltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen ihrem gesetzlichen Auftrag bislang nicht hinreichend nachgekommen, so dass eine Einführung eines neuen Vergütungssystems zum 1. Januar 2007 nicht wie geplant wird stattfinden können. Da uns jedoch an einer zügigen Reform des Vergütungssystems gelegen ist, wird das Gesundheitsministerium die Erarbeitung der Kriterien in ein professionelles Verfahren überführen.

Große Teile der öffentlich geübten Kritik beruhen offenbar auf Unkenntnis der Fakten. So liegt beispielsweise das Einkommen der Ärzte deutlich über dem Durchschnittseinkommen auch anderer akademischer Berufsgruppen. Schaut man über die Grenzen, so zeigt sich, dass die deutschen Ärzte im internationalen Vergleich im Bezug auf ihr Einkommen einen Platz im oberen Mittelfeld einnehmen. Die Zahl der an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Ärzte ist im Zeitraum von 1992 bis 2004 um fast 24 Prozent gestiegen. Bei einer konstanten Bevölkerungszahl verringert sich natürlich die Anzahl der zu versorgenden Patienten je Arzt, in diesem Zusammenhang von einem Ärztemangel zu sprechen, scheint an der Realität vorbei zu gehen.

Bei allem Verständnis für die Betroffenheiten einzelner Ärzte müssen wir Parlamentarier auf Bundesebene von Durchschnittswerten ausgehen – auch deshalb wird alles, was nur fachspezifisch zu bewerten ist, sinnvoller weise der Selbstverwaltung überlassen.

Konkret zum Arzneimittelwirtschaftlichkeitsgesetz:

Ausgangspunkt für das Gesetz ist der Anstieg der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung um etwa das Doppelte, was mit den Selbstverwaltungsgremien vereinbart war. Der Kostenanstieg, der 16% bzw. 3,5 Mrd. Euro ausmacht, verstößt so gegen die Arzneimittelvereinbarungen für das Jahr 2005. Um die Beitragsstabilität (Krankenkassenbeiträge = Lohnnebenkosten) nicht zu gefährden, muss gehandelt werden.

Mit dem Arzneimittelwirtschaftlichkeitsgesetz ist ein umfassendes Maßnahmenpaket für mehr Wirtschaftlichkeit vorgesehen. Medizinisch nicht notwendige Ausgabensteigerungen sollen damit vermieden werden. Natürlich wird die medizinisch notwendige Behandlung von Patientinnen und Patienten dadurch nicht gefährdet. Es werden auch zukünftig nicht weniger oder qualitativ schlechtere Arzneimittel verordnet.

Zu den Neuerungen des Gesetzes zählen unter anderem:

• Die Möglichkeit für Krankenkassen, ihre Patienten von Arzneimittelzuzahlungen zu befreien, wenn diese beim Arzt auf die Verordnung eines besonders preiswerten Präparates (30 % unter dem Festbetrag) drängen. Hiermit wird wirtschaftliches Verhalten der Versicherten gefördert und ein Wettbewerbsanreiz für Hersteller geschaffen.

• Eine Bonus-Malus-Regelung soll die individuelle Verantwortung des Arztes in seinem Verschreibungsverhalten stärken. Der Malus wird erst ab einem Überschreitungsbetrag von 10% wirksam. Bei der Ermittlung der Durchschnittskosten je definierter Dosiereinheit („Tagestherapiekosten“) ist die Indikationsstellung selbstverständlich zu berücksichtigen, um die notwendige Versorgung zu gewährleisten. Die Bonus-Malus-Regelung muss nicht zur Anwendung kommen, wenn Kassenärztliche Vereinigungen gemeinsam mit den Landesverbänden der Krankenkassen alternative, aber ebenso wirksame Wege finden, das strukturelle Verordnungsverhalten zu verändern und deutliche Einsparungen bei den Arzneimittelkosten zu erreichen.

• Praxissoftware für die Verordnung von Arzneimitteln wird zukünftig zertifiziert. Damit soll eine Manipulation der Ärzte bei der Auswahl der zu verordnenden Medikamente ausgeschlossen werden.

• Mit einem bundeseinheitlichen Verbot von Naturalrabatten, die die Pharmaindustrie Ärzten und Apotheken zukommen lässt, lassen sich weitere Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen.

Nachdem am 18. Januar zu dem Gesetzentwurf eine Anhörung stattgefunden hat, soll das Arzneimittelwirtschaftlichkeitsgesetz nach deren Auswertung am 17. Februar mit zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschlossen werden.

 

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