Mehr Kinder - aber wie?

März 2006

Von Hadeln bis ins Allgäu hat diese Nachricht wohl viele Menschen überrascht: Dass der Mut zum Kinderkriegen in Deutschland gering ist, das war bekannt, dass wir mit unserer Geburtenrate aber unter 190 Staaten an 185. Stelle rangieren, damit hatte kaum jemand gerechnet. Wir werden immer weniger – und das schneller als erwartet.

Der Mangel an Kindern tut unserem Land ohne Zweifel gar nicht gut. Und das nicht nur, weil Kinder ganz grundsätzlich ein emotionaler Gewinn für jede Gesellschaft sind.

 

Deutschland ist überaltert. Viele Probleme – z.B. die Sicherung der Rente nach den bisherigen Grundprinzipien des Generationenvertrags - hängen eng damit zusammen, dass zu wenige Kinder geboren werden, die als Erwachsene ihren Beitrag zum Bestehen unserer Gesellschaft leisten würden.

 

Wie aber können wir den Menschen wieder Mut machen, Kindern das Leben zu schenken? Bei der Beantwortung dieser Frage ist meiner Meinung nach das größte Problem, dass eigentlich niemand genau weiß, wo die Ursachen für die Kinder-Unlust liegen. Von der Anti-Baby-Pille bis zu fehlenden Betreuungsangeboten und zur Tatsache, dass heute im Vergleich zu den 60er und 70er Jahren viel häufiger beide Ehepartner arbeiten müssen und daher bis zu 80 Stunden in der Woche außer Haus sind, werden die verschiedensten Gründe gehandelt.

 

Bei allen Erklärungsversuchen und Untersuchungen aber wird deutlich, dass sie mehr auf Annahmen als auf Fakten basieren. Deutlich drückt sich das auch in der Annahme aus, dass wir die Lust auf Kinder mit finanzieller Förderung der Familien steigern können. Aber: Seit Jahren schon geht die Politik diesen Weg. Die Bundesrepublik steht bei den Ausgaben für Familien mit jährlich 59 Milliarden an der Spitze der Industrienationen. Geändert hat sich nichts. An der direkten finanziellen Förderung also kann es kaum liegen.

Müssen wir nicht deutlich mehr Fakten, und zwar solche, die uns die Realität widerspiegeln, zur Verfügung haben als bisher?
 

Und hier zeigt sich das nächste Problem: unser Datenmaterial! Wir stecken ganz offensichtlich in einem „Datenstau“, wie jüngst jemand treffend sagte. Unsere Daten sind veraltet, d.h. sie stammen noch aus der Volkszählung des Jahres 1987. Seitdem hatten wir die Wiedervereinigung und ungeheure Wanderungsbewegungen. Es hat sich also viel verändert in unserem Land. Die meisten anderen Länder „zählen“ alle 10 Jahre, unsere letzte Zählung ist fast 20 Jahre alt und immer noch Basis vieler politischer Entscheidungen. Das bedingt dann wieder politische Fehler.

 

Wie groß der Unterschied zwischen Realität und Annahme sein kann, hat sich gerade bei der Volkszählung vor gut 20 Jahren gezeigt. Damals musste die Zahl der Ausländer in unserem Land um 600.000 (12%) nach unten korrigiert werden, und es wurde festgestellt, dass über eine Million Wohnungen fehlten. In unserer aktuellen Politik haben wir gerade die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass die Arbeitsmarktreform Hartz IV zwölf Milliarden Euro Mehrkosten verursachte – weil die Berechnungen auf falschen Zahlen gründeten.

 

In irgendeiner – für die Menschen akzeptablen, zugleich aber wissenschaftlich korrekten - Form müssen wir unsere Daten auf aktuellen Stand bringen. Dann wird sich auch zeigen, wo wir von falschen Voraussetzungen ausgehen, wo wir Entscheidungen und Pläne korrigieren müssen. Das würde uns bei vielen drängenden Fragen weiterhelfen. Diesen Mut sollten wir also haben. Und unbedingt – den Mut zu Kindern!

 

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