Fragen des Landvolks Stade - Antworten von Margrit Wetzel

Einladung zum Landvolk Niedersachsen, Kreisbauernverband Stade,

am 17.08.2005, 10.00 Uhr

August 2005

Folgende Themen sollen auf Wunsch des Landvolks angesprochen werden:

Das Landvolk fragt, wo die Sozialversicherung der Landwirte (2006 bis 2009) bliebe?

Antwort:

Die Landwirtschaftliche Unfallversicherung ist die einzige Unfallversicherung, die Bundeszuschüsse erhält (regelmäßig bisher 200 Mio €/a.). Über Bundeszuschüsse zur LUV ist im Parlament jährlich neu im Haushalt zu entscheiden.

Für das kommende Haushaltsjahr ist ein Beitragszuschuss von 200 Mio. € vorgesehen.

Die Defizitabdeckung des Bundes bei der Alterssicherung der Landwirte steht nicht zur Disposition.

Der Deutsche Bauernverband fordert Leistungskürzungen bei der LUV: Dies ist mit den Regelungen der allgemeinen Unfallversicherung nicht vereinbar. Auch in Zukunft müssen landwirtschaftlich Versicherte einen ausreichenden Versicherungsschutz erhalten.

Bürgerversicherung vs. LKK: rund 80 % der Landwirte zahlen in die LKK weniger als 300 €.

Jeder soll in die Bürgerversicherung nach seiner Leistungsfähigkeit einbezogen werden; Alle Bürgerversicherungstarife sollen in den Risikostrukturausgleich einbezogen werden = Solidarität mit den Schwächeren = geringe Tarife für diejenigen, die wenig leisten können: das gilt dann auch für die Landwirtschaft.
Landwirtschaftliche Besonderheiten (Betriebs- und Haushaltshilfen) sollen als alternative Leistungen zum Krankengeld erhalten bleiben.

Das Landvolk sieht Wettbewerbsverzerrungen (Agrardiesel / Pflanzenschutz / Umweltrecht) durch Deutschland:

Antwort:


Agrardiesel: Umwelt- und energiepolitisch wäre es falsch, fossile Treibstoffe wieder stärker zu subventionieren, wenn die Alternative auf den Feldern der Landwirte wächst.

Die Landwirtschaft wird beim Umstieg auf alternative Treibstoffe unterstützt.  EEG!

Gleichzeitig kämpfen wir für eine Harmonisierung in der EU.

Der Deutsche Bauernverband rechnet damit, dass kurzfristig etwa 40 % des Agrardiesels durch billigeren Biodiesel kompensierbar sind. Hier besteht ein Spielraum, den die Landwirte nutzen können.

Gut 70 Prozent der Gelder im Bundesverbraucherministerium werden zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Sozialversicherungssysteme ausgegeben. Das sind rund 3,6 Milliarden Euro jährlich. In Frankreich ist der Agrardiesel zwar billiger, ähnlich hohe Beihilfen zur Sozialversicherung sucht man dort aber vergeblich.

Pflanzenschutz:

Grundsatz „so wenig wie möglich, so viel wie nötig bzw. so wenig wie vernünftigerweise erreichbar“. Da Kontrolle der Vorgaben durch das Pflanzenschutzgesetz in der Verantwortung der Länder liegt, muss Zusammenarbeit von Bund und Ländern optimiert werden.

Daten des neu verabschiedeten Pflanzenschutzkontrollhandbuchs durch die Landesbehörden sind geeignet, eine breite, abgesicherte Basis für weitergehende Maßnahmen zu erarbeiten. Daraus ließen sich auch konkretere Aussagen über eventuell notwendige Handlungsoptionen des Gesetzgebers ableiten. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Grund- und Oberflächenwässern, in Saumbiotopen und Lebensmitteln sind im Sinne der Nachhaltigkeit zu minimieren. Dennoch ist der Landwirtschaft ein praktikabler Pflanzenschutz zu ermöglichen: Wir stehen für eine Vereinfachung der Auflagen bei gleich bleibend hohem Sicherheitsniveau.

Umweltrecht:

Wir setzen uns in den WTO-Verhandlungen für einen gleichgewichtigen Abbau marktverzerrender Exportsubventionen in allen WTO-Mitgliedsstaaten ein, aber auch dafür, dass soziale sowie Umwelt- und Verbraucherstandards nicht unterlaufen werden dürfen.
Das in Deutschland erreichte Niveau des Verbraucher-, Tier- und Umweltschutzes wollen wir bewahren, einen Wettlauf nach unten wird es mit uns nicht geben.
Die Verankerung solcher Standards im Regelwerk der WTO ist deshalb eines der wichtigen Verhandlungsthemen. Auf EU-Ebene setzen wir uns für Harmonisierung der Standards ein.
(BSE)

Das Landvolk vermutet aufgrund der Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels, dass nur die Verbraucher schützenswert seien:

Antwort:

Die Zukunft der „Märkte“ liegt nicht in einer staatlichen Regulierung, sondern vielmehr in einer stärkeren Marktorientierung. Eine Abschottung der Märkte kann es bei liberalisierten Märkten nicht mehr geben. Wir setzen uns dafür ein, dass der Abbau von Marktregulierungen schrittweise und berechenbar bleibt und parallel in allen WTO-Mitgliedstaaten erfolgen muss.
Beispiel Milch: Stabile Milchpreise sind nur über eine stärkere Marktorientierung zu erreichen. Mit der Milchmarktreform, die auf EU-Ebene in ihren Grundzügen bereits 1999 beschlossen wurde und die Übergangsregelungen bis zum Jahre 2013 vorsieht, wurden dafür die richtigen Entscheidungen getroffen. Ein Aufschnüren dieser Beschlüsse wäre nicht im Interesse der deutschen Landwirtschaft, da andere Mitgliedstaaten oft entgegengesetzte Interessen verfolgen.
Die Milchwirtschaft in Deutschland hat den großen Vorteil, dass sie einen der größten und kaufkräftigsten Märkte der Welt direkt vor der Haustür hat und mit ihren Produkten, insbesondere Käse, auch im Weltmarkt überzeugen kann. Diesen Standortvorteil müssen wir künftig noch stärker nutzen. Gelingen wird dies nur, wenn wir die Verbraucher überzeugen.

Das Landvolk fürchtet, dass Hoferben vom Staat geschröpft würden und will wissen, was aus der Erbschaftssteuer wird:

Antwort:                              

Die betriebliche Erbschaftssteuer wird so ausgestaltet, dass kleine und mittlere Unternehmen beim Übergang in die nächste Generation fortbestehen. 

Wenn ein mittelständischer Betrieb vererbt und von den Erben unter Erhaltung der Arbeitsplätze weitergeführt wird, wollen wir die Erbschaftssteuer bis zu einer bestimmten Höhe des vererbten Betriebsvermögens schrittweise über zehn Jahre erlassen. Es gibt künftig also keinen Grund mehr, mit seinem Unternehmen ins Ausland zu „flüchten“, um Erbschaftssteuer zu sparen.
In der Vergangenheit gab es keinen einzigen Fall, in dem Erbschaftssteuer zur Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes führte. Das Steuerrecht sieht „Stundung“ bei finanzieller Notlage vor.

Das Landvolk ist besorgt, dass in der Landwirtschaft keine Vergleichslöhne erreicht würden:

Antwort:

(Vergleichslohn, § 4 des Landwirtschaftsgesetzes von 1956; soll im jährlichen Agrarbericht geprüft werden:)

Die Ertragslage der Landwirtschaft hat sich in den Wirtschaftsjahren 2003/2004 stabilisiert und wird sich 2004/2005 voraussichtlich weiter verbessern. Dieses Ergebnis ist allerdings vor dem Hintergrund der Einkommenseinbrüche in den Vorjahren, insbesondere auch infolge der großen Trockenheit im Sommer 2003, zu bewerten. Die Gewinne landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetriebe erreichten mit rund 28 000 Euro je Betrieb im Wirtschaftsjahr 2003/2004 knapp den mehrjährigen Durchschnitt.

Verbessert haben sich vor allem die Gewinne der Ackerbaubetriebe, insbesondere aufgrund von Preissteigerungen bei Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben. Auch die Obstbaubetriebe verzeichneten höhere Einkommen. Vor allem in Nord- und Ostdeutschland sowie in Rheinland-Pfalz gab es deshalb zum Teil zweistellige Zuwachsraten. Der weitere Rückgang der Milchpreise und höhere Ausgaben für Futtermittel waren hingegen die wichtigste Ursache für die niedrigeren Gewinne in den Milchviehbetrieben. Die Einkommenssituation der Futterbaubetriebe ist nach wie vor unbefriedigend.

Das Landvolk behauptet, Polen hätte keine Befristung für die Erntehelferregelung gewollt:

Antwort:

Im Ministerium gibt es Dankesbriefe des Bauernverbandes ob des erreichten Ergebnisses!
Wenn der Vertrag nicht hätte geschlossen werden können, dass es bis zum 31.06.2005 keinerlei Nachforderungen gibt, hätte es mit einer Verjährungsfrist von 4 Jahren Nachforderungen geben können: für die gesamte Zeit, in der polnische Saisonarbeiter beschäftigt werden, hätte bis zu 4 Jahre lang danach für den jeweiligen Arbeiter nachgefordert werden können. 
Was jetzt für den Bauernverband noch machbar wäre:
Einfluss auf die Polen nehmen, dass die dortige Regierung im polnischen Recht (!) eine Regelung verankert, die unserem deutschen Recht für geringfügig beschäftigte Saisonarbeiter gleicht - denn bisher gilt nach polnischem Recht bereits vom ersten verdienten Euro an die Regelung mit den 48% Nebenkosten. Und innerhalb der EU gilt das jeweilige Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes bei befristeter Auslandsbeschäftigung.
Ein Antrag / Wunsch / Bitte der Polen nach unbefristeter Regelung liegt im BMGS nicht vor:

Das ist auch kaum vorstellbar, denn Polen verzichtet damit auf EU-rechtlich legale und legitime Einkünfte. Sollte Polen der deutschen Regierung ein offizielles Angebot machen, die Regelung über den 31.06.05 hinaus zu verlängern, wird das Thema wieder aufgegriffen.

 

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