Antwort auf den Standardbrief, der möglicherweise auch in Ihrer Arztpraxis ausliegt |
November 2006 |
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„Immer mehr zahlen, immer weniger bekommen …“ Der Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung sieht vor, dass keine Kürzungen im Leistungskatalog vorgenommen werden. Im Gegenteil: einzelne Leistungen, die bisher Regelleistungen waren, werden zu Pflichtleistungen. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen sind in den Jahren 1997 bis 2003 drastisch gestiegen. Mit der Gesundheitsreform 2003 musste quasi die Notbremse gezogen werden, um das Gesundheitssystem nicht kollabieren zu lassen. Dennoch werden der medizinische Fortschritt und die demografische Entwicklung (überproportionale Zunahme der älteren Bevölkerung, bei der das Krankheitsrisiko höher liegt) auch weiterhin eine Tendenz zu steigenden Gesundheitsausgaben begünstigen. Die demografische Entwicklung hat auch reduzierenden Einfluss auf die Einnahmeseite der GKV. Ebenso wirken der allgemeine Rückgang der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter und die Abwanderung freiwillig Versicherter in die Privatversicherung. Wir haben in der Gesetzgebung nur sehr begrenzten Einfluss auf die diversen Faktoren, versuchen aber bewusst, dort die Hebel anzusetzen, wo Strukturen oder unausbalancierte Machtverhältnisse zu Effizienzdefiziten oder ungerechter Verteilung führen. So haben wir bereits mit dem Arzneimittelversorgungswirtschaftlichkeitsgesetz wirksame Maßnahmen gegen den über-proportionalen Anstieg der Arzneimittelausgaben getroffen. Im GKV-Wettbewerbsgesetz werden die Verwaltungsstrukturen gestrafft, damit das für die Versorgung benötigte Geld nicht in überbordender Bürokratie verloren geht, um nur zwei von vielen Beispielen zu nennen. Sie erwarten von mir als Ihrer ins Parlament gewählten Abgeordneten, dass ich die Interessen der Bürger vertrete. Ich kann Ihnen versichern, diesem Anspruch gilt mein ganzes Bemühen. Das Problem, dass sich dabei stellt, sind die sich widersprechenden und miteinander konkurrierenden Interessen der verschiedenen Bürger bzw. der unterschiedlichen Gruppen. Wir Sozialdemokraten hätten gerne die Bürgerversicherung eingeführt, um mehr Geld in die allgemeine Gesundheitsversorgung einfließen zu lassen. Leider haben wir von den Wählern nicht das Mandat erhalten, dies auch durchsetzen zu können. In der großen Koalition müssen nun Kompromisse mit dem Koalitionspartner gefunden werden, der ein völlig anderes Konzept der Gesundheitsversorgung anstrebte. Bei den im jetzigen Kompromiss vorgesehenen Regelungen schreien all diejenigen laut „ungerecht!“, die sich durch Änderungen gegenüber vorher schlechter gestellt sehen: Die Privatversicherungen, die sich mit der Aufnahmepflicht bisher Unversicherter mit ungünstigem Risiko ungerechtfertigt belastet sehen, Mitarbeiter bei Krankenkassen oder Kassenärztlichen Vereinigungen, die ihr Einkommen oder Arbeitsplatzsicherheit durch Bürokratieabbau gefährdet sehen, Ärzte, die unbegrenzt und am liebsten nach den Vergütungssätzen für Privatversicherte abrechnen wollen ohne Blick darauf, dass das begrenzte Gesamtbudget für alle Ärzte und zur Versorgung aller Patienten reichen muss, um nur einige zu nennen. Mein Interesse ist es, vor allem für die Patienten die notwendige medizinische Versorgung zu vertretbaren Kosten zu sichern. Das Gesetz kann aber nur ein Kompromiss sein, der die Interessen aller Gruppen in einen angemessenen Ausgleich zueinander bringen muss. Wenn Sie bessere konkrete Vorschläge haben, die alle Seiten zu überzeugen vermögen, stellen Sie sie selbstverständlich gern vor. Mit freundlichem Gruß Dr. Margrit Wetzel MdB |