Brief an Reeder: Qualifizierte junge Leute suchen noch einen Ausbildungsplatz an Bord!

Oktober 2004

Es gibt mehr Nachfrage nach Ausbildungsplätzen auf Schiffen als Angebote – ein Appell, Nachwuchskräfte einzustellen

Sehr geehrte Damen und Herren, 

im Zuge der Berichte über die SMM in Hamburg war wieder einmal in den Zeitungen zu lesen, dass der Markt für den Nachwuchs in der Schifffahrt leergefegt sei.

Probleme bei der Nachwuchsgewinnung haben wir seit vielen Jahren: das ist der Grund, warum Regierung und Koalitionsfraktionen wirklich alles Erdenkliche getan haben, um das maritime Know How in Deutschland zu halten und zu fördern. Das geht mit der Tonnagesteuer über die Erleichterungen bei den Lohnnebenkosten los und hört mit den Beihilfen für Ausbildung noch nicht auf. Die Erlössituation bei den Reedern ist unvergleichlich besser als in den Jahrzehnten zuvor.

Eine gute seemännische Ausbildung ist für viele Berufe an Land auch in Zukunft einfach unverzichtbar. Die Sekundärwirtschaft im weiten Umfeld der Häfen, aber auch der Behörden, der Ausbildungs-Institutionen und der maritimen Wissenschaft brauchen auch die Erfahrungen aus der seemännischen Praxis. Der Beruf des nautischen oder technischen Führungsoffiziers hat auch in Deutschland eine vielseitige und sichere Zukunft.

Im „Maritimen Bündnis“ und auf den „Maritimen Konferenzen“ haben Schifffahrt, Gewerkschaft, Regierung und Küstenländer deshalb Vereinbarungen getroffen, die den maritimen Standort Deutschland nachhaltig stärken sollen.

Dazu gehören auch Vereinbarungen, die die Rückflaggung von 100 bis 200 Schiffen unter deutsche Flagge in den Jahren 2004 und 2005 zum Gegenstand haben. Da die Gewinnung deutscher Führungskräfte ggf. schwierig sein kann, hat die Gewerkschaft zugestimmt, dass unter bestimmten Umständen auch ausländische Führungskräfte an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge fahren können, wenn als Ausgleich dafür zwei Auszubildende eingestellt werden.

Unsere Versuche, den Beruf des nautischen oder technischen Führungsoffiziers wieder attraktiver für junge Leute werden zu lassen, waren sehr erfolgreich: Nach Auskunft der Zentralen Heuerstelle in Hamburg gibt es dort noch ein Angebot von mehr als 50 qualifizierten Bewerbern für Ausbildungsplätze auf Schiffen.

Da wir ein hohes Interesse daran haben, diese interessierten jungen Leute nicht in andere Berufe zu verlieren, möchten wir gern einen Überblick bekommen, warum die Rückflaggung so spärlich vollzogen wird, die jungen Leute keinen Ausbildungsplatz bekommen und uns häufig gesagt wird, es stünden weder Führungsoffiziere noch Auszubildende dem Markt zur Verfügung. Wenn ein Part der Vereinbarungen des Maritimen Bündnisses nicht eingehalten wird, steht die Summe der Absprachen auf dem Spiel – und das kann niemand von uns riskieren wollen. Als Politikerin mit hohem maritimen Interesse wünsche ich mir jedenfalls, dass die Schifffahrt in Deutschland so stark wie möglich ist und so gut wie möglich auch politisch unterstützt wird.

Ich wäre Ihnen ausgesprochen dankbar, wenn Sie mir mitteilen würden, ob und wie viel Sie ausbilden (können) und was ggf. bei Ihrem Unternehmen als Ausbildungshemmnis bzw. als Rückflaggungshemmnis wirkt. Wenn Sie konkrete Vorschläge haben, was wir politisch noch tun können, um die Ausbildung junger Deutscher auf Schiffen unter deutscher Flagge zu forcieren, will ich Ihre Anregungen sehr gern in unsere Beratungen mit aufnehmen.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mit einem gleich lautenden Brief die fast dreistellige Zahl von Reedereien unterschiedlichster Größenordnung in meinem Wahlkreis angeschrieben habe. In Einzelfällen kenne ich die Situation bei Ihnen durchaus, wäre aber trotzdem über eine Aktualisierung meiner Informationen dankbar.

Mit den besten Wünschen für eine erfolgreiche Behauptung Ihres Unternehmens auf dem Markt danke ich Ihnen im Voraus für Ihre Kooperation und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Margrit Wetzel MdB

 

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